Eine Nacht wie Samt und Seide
nicht wirklich sicher. Es kommt darauf an, wozu die Information benutzt wird. Wie auch immer, im Lichte der früheren Gerüchte drängt sich eine mögliche Verwendung auf.«
Er schaute Barnaby in die Augen. »Pferdetausch. Es war vor ein paar Jahrzehnten, ehe man das derzeitige System einführte, gang und gäbe. Ein Pferd kam in den Ruf zu gewinnen, dann tauschten die Besitzer es in einem Rennen gegen ein anderes, gaben es aber als den vorherigen Gewinner aus, und die Wetter verloren. Die Besitzer steckten mit bestimmten Buchmachern unter einer Decke und konnten sich einen netten Anteil der verlorenen Wetten einstecken und zusätzlich noch das, was sie und ihre Freunde dabei gewonnen hatten, gegen den Gewinn des Champions zu setzen.«
»Aha!« Barnabys Augen verengten sich. »Unerwartete Verlierer - wie es sie den Gerüchten nach im Frühjahr gegeben hat.«
»Genau. Und da kommt das Abstammungsregister ins Spiel. Es ist eine Liste, in der für jedes Pferd zwingend erforderlich seine Herkunft und Abstammung aufgeführt werden muss, damit es das Recht zuerkannt bekommt, auf englischen Rennstrecken unter den Regeln des Jockey-Clubs anzutreten. Der Stammbaum ist vollständig im Zuchtbuch dokumentiert, während das Register im Grunde genommen eher eine Lizenzliste ist - jedes Pferd muss genehmigt und eingetragen werden, ehe es die Erlaubnis erhält, auf irgendeiner Rennbahn unter der Aufsicht des Jockey-Clubs zu laufen. Allerdings enthält der Registereintrag zusätzlich zu Namen und anderen Einzelheiten eine Beschreibung des Tieres, die ausreichend sein muss, irgendein Pferd irgendeines Namens, Alters, Stammbaumes und mit einer Rennerlaubnis von jedem anderen Pferd zu unterscheiden.«
Dillon schnaubte. »Es ist unmöglich, immer hundertprozentig sicher zu sein, aber mithilfe dieser Beschreibung begutachtet jeder Rennleiter vor jedem Rennen alle startenden Pferde und noch einmal alle Platzierten nach dem Rennen. Daher müssen die Pferde auch immer schon Wochen vorher zum Wettrennen gemeldet werden, damit die Rennleiter mit Kopien der Beschreibungen ausgestattet werden können, die auf die gemeldeten Tiere zutreffen müssen.«
»Und diese Beschreibungen stammen aus dem Abstammungsregister, das hier in Newmarket geführt wird?«
»Meine Schreiber sind damit beschäftigt, diese Kopien der Beschreibungen anzufertigen.«
»Und warum wäre unser Dieb dann an den Beschreibungen interessiert, die in dem Buch aufgeführt sind? Inwiefern würde es ihm nützen?«
»Da fallen mir auf Anhieb zwei Wege ein.« Dillon schaute nach vorne; sie hatten beinahe die Eingangstür des Jockey-Clubs erreicht. »Zunächst einmal, wenn sein Herr einen Champion ersetzen möchte, der ihm gehört, muss er wissen, welche Eigenschaften seines Pferdes in der Beschreibung am wichtigsten sind, weil das Austauschpferd genau diese Eigenschaften unbedingt haben müsste, damit der Tausch unbemerkt bleibt.«
Sie blieben am Fuße der flachen Steinstufen stehen, die zur Tür des Clubs führten, und er drehte sich zu Barnaby um. »Die zweite Möglichkeit ist, dass wer auch immer unseren Dieb geschickt hat, einen neuen Tausch plant, aber noch kein passendes Pferd dafür gefunden hat. Die Beschreibungen im Register durchzugehen würde Zeit kosten, aber am Ende fraglos zu dem besten >Opfer< führen.«
Er machte eine Pause, dann fügte er hinzu: »Vergiss nicht, dass in einem solchen Austausch das Pferd nur die anfängliche Begutachtung passieren muss, die weniger gründlich ist. Weil das ausgetauschte Pferd als eines der letzten ins Ziel kommt, fällt es nicht unter die abschließende und wesentlich eingehendere Untersuchung nach dem Rennen.«
Barnaby runzelte die Stirn. »Also könnten wir hier eine bereits eingeführte Betrugsmasche haben, nach der im letzten Frühjahr Pferde unbemerkt ausgetauscht wurden, plus einen Iren, der vermutlich für einen Besitzer handelt und versucht, Einblick in das Register zu erhalten, um weitere Tauschmanöver durchzuführen.«
Dillon nickte. »Ob das eine direkt mit dem anderen verbunden ist - nun, es gibt keinen Grund, dass dem so sein muss. Es ist nur wahrscheinlich.«
Barnaby schnaubte leise. »Das Gefühl habe ich aber.«
Sie drehten sich zur Eingangstür des Clubs um. Beide blieben stehen, als sie durch die Glasscheibe der Tür den Pförtner des Clubs erkennen konnten, wie er gerade eilig nach der Klinke griff.
Er öffnete die Tür weit und verneigte sich unterwürfig, stolperte beinahe über seine Schuhspitzen,
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