Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Nacht zum Sterben

Eine Nacht zum Sterben

Titel: Eine Nacht zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
seinen Platz und grinste. »Ist nicht mehr sehr angenehm da oben. Wir sind mitten in einer Nebelbank, und es hat auch wieder angefangen zu regnen.«
    Genau in diesem Augenblick erschütterte eine dumpfe Explosion das Boot. Mrs. Campbell schrie auf; sie wurde halb über den Tisch geschleudert, und Chavasse wurde gegen die nächste Wand geschleudert. Als er sich wieder hochgerappelt hatte, setzte die Maschine der Leopard aus, und sie fingen an zu treiben.
     
    Chavasse hämmerte gegen die Kabinentür. Es wurde sofort geöffnet. Rossiter sah herein. In der Hand hielt er einen Revolver. Er war leichenblaß geworden, und seine Augen glitzerten gefährlich. Aber die Hand mit dem Revolver zitterte nicht.
    »Zurück.«
    »Machen Sie keinen Blödsinn«, sagte Chavasse. »Wenn etwas passiert ist, haben wir ein Recht zu wissen, woran wir sind.«
    »Erst wenn für mich alles klar ist.« Rossiter stieß ihn zurück und schlug die Tür zu.
    »Was ist denn los da oben?« fragte Jones. »Scheint schlecht auszusehen.«
    In dem Durcheinander hatte er seinen jamaikanischen Akzent verloren und sprach plötzlich ein einwandfreies und korrektes Englisch, wie es nur Absolventen der englischen Oberschulen pflegen. Akademiker bis auf die Knochen, dachte Chavasse.
    Mrs. Campbell schluchzte hysterisch. Famia bemühte sich, sie zu beruhigen. Der alte Hamid war auf eine eigenartige Weise wieder zum Leben erwacht; er stand aufrecht und hielt einen Arm um beide Frauen. Am interessantesten war, wie Cheung reagierte. Er zeigte nicht die geringsten Anzeichen von Beunruhigung oder Panik. Er saß mit ausdruckslosem Gesicht am Tisch. Nur seine Augen waren lebendig.
    Chavasse schraubte eine der Luken auf und sah nach draußen. Es roch nach verbranntem Holz, und Rossiter und Jacaud redeten über seinem Kopf aufeinander ein.
    »Es sieht schlimm aus, sage ich Ihnen«, rief Jacaud mit ängstlicher Stimme. »Der alte Kahn macht’s nicht mehr lange.«
    »Wie weit ist es bis zur Küste?« fragte Rossiter.
    »Fünf oder sechs Meilen – vielleicht auch sieben.«
    »Gut – dann nehmen wir das Schlauchboot. Mach es klar und laß es zu Wasser. Unsere Freunde in Fixby bringen uns nach St. Denise zurück.«
    Mehr war nicht zu verstehen, denn der Wind war stärker geworden und verschluckte den Rest der Worte. Chavasse drehte sich um zu Jones, der neben ihm auf dem Sitz kniete.
    »Was ist los?« fragte er.
    »Die Leopard macht’s nicht mehr lange, sagen sie. Sie wollen das Schlauchboot nehmen.«
    »Geht das denn?«
    »Sicher. Bis zur Küste sind es noch rund sechs Meilen, und das Ding hat einen starken Außenbordmotor. Es ist natürlich nur Platz für vier Passagiere, aber für einen Mann wie Rossiter ist das wohl kein Problem.«
    Plötzlich wurde die Kabinentür aufgestoßen, und Rossiter erschien auf der Treppe. Er hatte den Revolver in einer Hand. Er zielte auf Chavasse und Jones. »So, hinsetzen und sitzen bleiben.«
    Sie taten, was er sagte. Chavasse beugte sich über den Tisch und machte sich an seiner Walther PPK zu schaffen, deren Einzelteile er unten ans Bein geklebt hatte.
    Rossiter sah Famia an. »Miss Nadeem, an Deck bitte.«
    Sie schüttelte den Kopf und sah vollkommen verwirrt aus.
    »Aber ich verstehe nicht.«
    Rossiter verlor seine Beherrschung, griff nach ihrem Arm und schrie: »Wollen Sie etwa ertrinken?« Er schob sie die Treppe hoch. »Los – an Deck.«
    Als Famia verschwunden war, fiel Mrs. Campbell in ihrem Sitz zusammen. Chavasse sagte: »Und was machen wir? Sollen wir mit dem Kahn untergehen und fromme Lieder singen?«
    Rossiter beachtete ihn gar nicht; er redete hastig auf Cheung ein. »Schnell an Deck. Wir sinken«, sagte er auf chinesisch. Der Chinese schob sich zwischen Hamid und Mrs. Campbell durch, und Chavasse war immer noch über die Tischplatte gebeugt; er hatte die Walther jetzt schußbereit gemacht. »Wir zwei müssen noch abrechnen, Rossiter. Die Sache mit Harvey Preston muß Sie schon allerhand Nerven gekostet haben, aber das hier ist ja noch besser. Vier auf einen Schlag …«
    Rossiter schnellte herum und feuerte blind und ohne zu zielen. Die Kugel schlug dreißig Zentimeter neben Chavasse ins Holz. Mrs. Campbell schrie auf. Chavasse stieß Jones zu Boden und brachte die Walther in Anschlag. Die Kugel streifte Cheungs Gesicht, riß eine blutige Spur über seine Wange und splitterte Holz von dem Türpfosten. Cheung gab keinen Laut von sich. Er rannte die Treppe zur Kajüte hoch, und Rossiter gab noch drei ungezielte Schüsse

Weitere Kostenlose Bücher