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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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lavendelfarbene Taftkleid, war das nicht zu mädchenhaft? Aber das aus smaragdgrüner Seide mit den pfauenblauen Einschüssen und dem Überrock aus grünem Tüll – das war spritzig und doch auf feminine Weise mysteriös und würde ganz sicher einen eleganten Eindruck machen.
    Nell hatte nicht gewusst, dass Kleidern solche Persönlichkeiten innewohnten, und erleichtert äußerte sie endlich ihre Zustimmung. Sie stand auf, um ein Hemd aus feiner Seide anzuziehen und sich auf das Schnüren des Korsetts vorzubereiten.
    Als sie die wollene Unterwäsche auszog, wandte Sylvie hastig die Augen ab. Nell sah suchend an sich hinunter und entdeckte einen Knutschfleck auf ihrer Brust.
    Sie spürte, wie ihre Wangen Feuer fingen. Und als sie sich eine halbe Stunde später an den Toilettentisch setzte, damit Sylvie ihr Haar machen konnte, war die Röte noch nicht aus ihrem Gesicht gewichen. Dieses fiebrige Mädchen da im Spiegel, mit den strahlenden Augen – das Mädchen, dessen Knie beim Gedanken an die letzte Nacht weich wurden –, war das wirklich sie? So lange hatte sie geglaubt, der einzige sichere Weg, einen Mann zu lieben, war, ihn weniger zu lieben als er einen selbst. Aber der Leichtsinn, der von ihr Besitz ergriffen hatte, ließ keinen Raum für Vorsicht.
    Sie waren verheiratet. Das gab ihr doch wohl Sicherheit genug, um alles zu fühlen, was sie wollte?
    Sylvie drehte ihr Haar zu einem Knoten zusammen und legte dann eine feine Kette aus Smaragden darum, die wie grüne Sterne funkelten. »Sehr elegant«, verkündete sie.
    »Halb nackt«, setzte Nell entgegen. Das Kleid hatte lange, eng anliegende Ärmel, doch der Ausschnitt war sehr tief, und ihre Brüste standen hervor wie zwei frisch gebackene Muffins.
    »Elegant«, sagte Sylvie entschieden. »Wie eine Countess.«
    »Wunderschön«, erklang eine leise Stimme in der Tür.
    Simon, lang und schlank in einem schwarzen Abendanzug, kam mit einer ledernen Schachtel in der Hand näher. Er ging einmal um sie herum, ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Natürlich auch elegant«, sagte er, »aber das Wort ist zu blutleer und passt nicht zu dir.«
    Sein Mund hatte eine wunderschöne Form. Volle, perfekt gemeißelte Lippen. Sie wünschte, er würde sie nicht für Schmeicheleien verschwenden. Man konnte so viel bessere Dinge damit tun.
    Ihre nächsten Worte klangen heiser. »Danke, das ist sehr freundlich.« Mrs Hemple hatte ihr beigebracht, dass eine Lady nicht über Komplimente stritt.
    Sein Lächeln wurde für einen Augenblick breiter, bevor es verschwand. »Das ist für dich«, sagte er mit einem anderen Ton, förmlicher.
    Nell spürte ein leichtes Unbehagen, als er die Schachtel öffnete – irgendetwas an seinem Verhalten beunruhigte sie. Aber der Inhalt in dem mit Samt ausgeschlagenen Fach nahm ihr alle Bedenken.
    An der Kette hingen Smaragde in der Größe von Rotkehlcheneiern. Die Steine am Armband waren nicht viel kleiner. Im Licht wurden sie lebendig und funkelten so strahlend, dass Nell kaum wagte sie zu berühren, aus Angst sich zu verbrennen.
    Eine Königin könnte diese Juwelen tragen.
    »Sie haben immer der Countess of Rushden gehört«, sagte Simon. »Deine Mutter hat sie getragen. Das Armband hat sie besonders geliebt. In vielen meiner Erinnerungen an sie …«
    Nell sah auf, als er verstummte. Seine Miene war ausdruckslos, aber sie ließ sich nicht davon täuschen. Er hatte ein Händchen dafür, seine Gefühle zu verbergen, wenn sie überhandnahmen.
    »Ich habe die Countess geliebt, ja«, sagte er leichthin. »Jetzt gehören sie dir.«
    Sie hatte keine Ahnung, warum ihr plötzlich Tränen in die Augen traten. Sie sah zu ihm auf und berührte sein Gesicht. Simons Blick war tiefer und ernster, als sie es je gesehen hatte. »Ich danke dir«, sagte sie.
    Als Nell sich zum Spiegel umdrehte, bekam sie einen Kloß im Hals. Sie beobachtete, wie er ihr die Kette um den Hals legte. Er küsste ihren Nacken, eine leichte, warme Berührung, die ihr eine Gänsehaut verursachte. Seine Finger glitten über ihre Hand, als er ihr das Armband überstreifte, das langsame Streicheln wie ein Versprechen.
    Die Frau im Spiegel errötete. Sie holte tief Luft und lächelte dann – ein sonderbares, weises Lächeln. Erschrocken erkannte Nell dieses Gesicht plötzlich wieder.
    Das war kein Fabrikmädchen, das sie im Spiegel sah, sondern eine Frau mit Juwelen um den Hals, eine Frau, die zuversichtlich in einer stolzen Kutsche fuhr und in deren Augen Selbstvertrauen lag.
    Sie hatte diese

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