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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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warum er nicht in besseren Kreisen nach einer Braut gesucht hatte.
    Dann ertränkte sie den bösen Gedanken in einem großen Schluck Champagner.
    Eine Stunde später, es herrschte noch immer gute Stimmung, betrat ein Mann den Raum und begab sich direkt zum Klavier, wo er seine Rockschöße hinter sich warf und auf dem Hocker Platz nahm.
    »Ah«, sagte Lady Allenton und stellte sich wieder an Nells Seite. »Andreasson ist so gnädig zu erscheinen!« Sie richtete einen erfreuten Blick auf Simon, deutlich zufrieden mit ihrer Party. Würde sie noch heller strahlen, hätte man die Kerzen löschen können. »Ihre Entdeckung bezaubert noch immer«, sagte sie zu ihm. »Ich finde seine Musik wirklich … transzendent.«
    Nell seufzte. Ihre Stimmung hatte sich etwas gebessert, der Anlass war zu fröhlich, der Ort zu schön, um lange zu schmollen. Aber wenn jetzt wieder alle über Musik sprachen, brauchte sie noch ein paar Gläser Schampus, um Haltung zu bewahren.
    Der Pianist schlug ein paar Töne an, testete das Instrument. Stille senkte sich – allmählich und nicht komplett, einzelne Stimmen waren hier und da zu hören. Simon nutzte die Gelegenheit, um sie nach hinten an die Wand zu ziehen und ein, zwei Schritte Abstand zur Gastgeberin zu gewinnen. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Mir geht es gut«, sagte sie, und solange sie seine Hand auf ihrem Arm spürte, meinte sie das auch.
    Er lächelte. »Was hältst du von dem Haufen hier?«
    Nell hatte das Gefühl, sie wäre durch einen Schwarm Schmetterlinge gelaufen, die alle vor ihrem Gesicht herumflatterten, um von ihr bemerkt zu werden. Meist harmlos. Meist amüsant. »Sie sind freundlich«, sagte sie.
Aber nicht wegen mir.
    Ein Akkord wie ein Donnerschlag zerteilte die Luft. Das letzte Geplapper verstummte. Die nun folgende Pause war einschneidend vor Erwartung. Und dann wurde diese Erwartung von Andreasson erfüllt. Er hämmerte in die Tasten und ließ eine Art dunklen und dynamischen Marsch erklingen, jedenfalls fand Nell das. Brutal und nervenaufreibend. Von der Sorte, die einem Kopfschmerzen bereitete.
    Aber die Leute schienen es zu mögen. Bestimmt die Hälfte der Blicke, die sie bis eben bedrängt hatten, lagen jetzt auf dem Klavier. Anerkennendes Nicken von allen Seiten, beifällige Blicke auf nachdenklichen Gesichtern.
    Sie biss sich auf die Lippen. Sie wusste auch ohne Mrs Hemple, dass es unhöflich wäre zu lachen.
    Simon beugte sich zu ihr. »Wie findest du es?«
    »Ich finde, er spielt nicht halb so gut wie du.«
    »Das stimmt nicht«, sagte er. »Aber die Technik beiseite – seine Kompositionen sind sehr innovativ.«
    Das großkotzige Gerede ärgerte sie. Schließlich sprach er nicht mit Viscountess Swanby. »Ich kann gern mal für dich auf ein paar Blechtöpfen herumschlagen«, bot sie an. »Gilt sicher als sehr originell, wenn ich das in deinem Salon tue.«
    Er prustete. Leute drehten sich um, und er lächelte sie an. »Mit solchem Gerede wirst du meinen Ruf ruinieren.«
    Jetzt machte er Witze. »Wenn dieser Pianist das noch nicht geschafft hat, würde ich sagen, du sitzt fest im Sattel.«
    Sein Lächeln wurde etwas schwächer, aber sanfter, inniger, wie der Blick, mit dem er sie heute Morgen im Bett angesehen hatte. »Du hast noch nicht gelernt, wann man lügen sollte.« Langsam, als würden die Worte aus ihm herausgezogen, fügte er hinzu: »Ehrlich gesagt, Nell, hoffe ich, du lernst es auch nicht.«
    Sie ertappte sich dabei, wie sie ihn anstarrte. Beunruhigender Gedanke: Da war etwas Begieriges in seinen Augen, was nicht nur Verlangen war. Es war zu zärtlich, zu … liebevoll.
    Unter diesem Blick erwachten geheime Orte in ihr flatternd zum Leben.
Sieh mich für immer so an
, dachte sie. Wenn er sie immer so ansähe, würde sie absolut alles über Musik lernen.
    Ein düsterer Gedanke meldete sich störend: Vielleicht sah er sie an, aber wenn er glaubte, sie könne nicht lügen, dann sah er eine Frau, die nur in seiner Vorstellung existierte. Nell konnte den lieben langen Tag nach Strich und Faden lügen.
Tut mir leid, Michael, nur fünfzehn Schilling diese Woche. Hannah, die Handschuhe sind wunderschön. Simon, mir ist egal, was du mit dieser Viscountess gemacht hast, bei dieser Heirat geht es schließlich nur ums Geld. Ich könnte dich verlassen und würde dir nicht nachtrauern …
    Das Stück ging in das nächste über, und Simons Gesicht wurde im gleichen Moment ausdruckslos, in dem Nell die Musik erkannte: das Stück, das er geschrieben hatte, als

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