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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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»Drei Mahlzeiten am Tag, eine komfortable Unterkunft und Sicherheit – das ist doch einen gelegentlichen Knicks wert, nicht wahr?«
    »Ich denke, es kommt darauf an«, murmelte sie.
    »Worauf?«
    »Darauf, wie viel Ihnen Ihr Stolz wert ist.«
    Mit einer trägen, lässigen Bewegung stieß er sich von der Wand ab. Sofort sprang sie vom Bett auf und stellte sich in die Reichweite des Kerzenständers. Sein Mund mochte schön und klug sein, aber wenn er noch einmal versuchte, sie zu küssen, würde sie ihm den Schädel einschlagen.
    St. Maur schlenderte zu ihr herüber und musterte kurz die Matratze. Nell sank das Herz in die Magengrube. Aber selbst wenn er die Ausbuchtungen bemerkt hatte, äußerte er sich nicht dazu. »Ich gehe davon aus, dass Sie Ihren Stolz außerordentlich schätzen«, sagte er nur, während er sich umdrehte.
    Damit berührte er einen wunden Punkt. Sie war so tief gesunken, dass sie sogar gestohlen hatte. Aber es war für ihre Mum gewesen, und deshalb war es in Ordnung, sagte sie sich.
    Am Ende hatte der Arzt trotzdem nichts mehr tun können. Jetzt war Mum tot, und Hannah saß im Gefängnis.
    »Stolz ist das Einzige, was einem niemand nehmen kann«, sagte sie. Man konnte ihn nur ziemlich leicht selbst kaputt machen.
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich hätte eine Frau mit einem blauen Auge niemals für so naiv gehalten.«
    Das hatte sie vollkommen vergessen. Sie berührte den Bluterguss. Michael war gestern völlig durchgedreht. Wäre sie ihm nicht entwischt, hätte er sie wahrscheinlich umgebracht.
    Der Blick, der sich auf St. Maurs Gesicht zeigte, trieb ihr die Röte ins Gesicht. Sie brauchte sein Mitleid nicht. »Denken Sie von mir, was Sie wollen«, sagte sie. »Hat Ihnen schon mal jemand den Stolz genommen?«
    »Nicht mir.« Er setzte sich aufs Bett, und bei dem Lächeln, das in seinen Mundwinkeln zuckte, wurde ihr mulmig. Er wusste genau, dass etwas unter der Matratze lag, das nicht dorthin gehörte. »Aber dem letzten Earl erging es anders«, fuhr er fort. »Jemand nahm ihm seinen Stolz, oder, auf die Gefahr hin, sentimental zu klingen, seinen Stolz und sein Glück.«
    Wahrscheinlich sollte die lange Pause es spannend machen. »Spucken Sie’s schon aus«, sagte Nell.
    »
Sie
wurden ihm weggenommen.«
    Ihr entfuhr ein Prusten. War sicher nicht schwer gewesen, einen Bastard wegzuholen, den sowieso niemand wollte. Aber sie sprach den Gedanken nicht aus. St. Maur versuchte irgendwie, sie hereinzulegen. Bis Nell seine Absichten durchschaut hatte, würde sie ihre Überlegungen für sich behalten.
    Er schien ihr Schweigen zu durchschauen. »Sie besitzen sehr viel Disziplin«, murmelte er. »Keine Manieren, aber ein hohes Maß an Selbstbeherrschung.«
    Jetzt war da etwas Neues in seinem Blick, etwas Besonnenes und Abwägendes, das ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagte. »Was bin ich, ein Pferd auf einer Versteigerung? Möchten Sie einen Blick auf meine Zähne werfen?«
    »Nein«, sagte er und lächelte langsam. »Heute ist wirklich Ihr Glückstag, Miss Nell-nicht-Cornelia, denn ich möchte Sie so, wie Sie sind.«
    Sie wurde nervös. Jetzt kam es. Worauf auch immer er es abgesehen hatte, jetzt würde er damit herausrücken.
    Aber er tat es nicht. Er sah sie einfach von oben bis unten an, musterte sie mit seinen bemerkenswerten Augen – im Moment eher grau als grün. Vielleicht sah er wegen der Wimpern so gut aus. Sie waren dicht und dunkel und umrahmten seine Augen wie der Kohlstift einer Hure.
    Eine Hure würde allerdings nie jemanden so ansehen. Er betrachtete sie mit Berechnung. Er überlegte nicht, was er bieten sollte. Er dachte darüber nach, ob er überhaupt bieten sollte oder sich nicht einfach nehmen, was er wollte.
    Bei dieser Erkenntnis begann Nells Herz zu hämmern, die heftigen, schweren Schläge trieben sie dazu, aufzustehen und bereit zu sein. Er war ein großer, muskulöser Mann, leichtfüßig für seine Größe. Es würde nicht einfach werden, ihm zu entwischen. Aber wenn es auf Gewalt hinauslaufen sollte, käme sie lieber gleich zur Sache. »Also?«, sagte sie. »Was wollen Sie von mir?«
    Er blickte zu ihr hoch. »Wie finden Sie dieses Haus?«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Es ist hübsch«, sagte sie argwöhnisch.
    »Hätten Sie gern selbst eines?«
    Ein erschrockenes Lachen entfuhr ihr. Er lächelte lediglich.
    Mein Gott, wollte er auf diesen Unsinn etwa eine ernsthafte Antwort? »Warum nicht?«, sagte sie. »Ich würde den Pfandleihern für ein paar Monate ordentlich

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