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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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sollen wir auf meine fünf Minuten warten?«
    »Ha!« Ihr Lachen klang leichtfertig.
    Er schüttelte den Kopf und machte dann seinen Stoß, der ihren Ball zur Seite prallen ließ und ins obere Loch ging. »Drei für mich«, sagte er und drehte sich so schnell um, dass sie nicht wieder wegtänzeln konnte. Plötzlich standen sie Brust an Brust, und ihre plötzlich erweiterten Pupillen ließen ahnen, dass sie genauso wenig immun gegen die Spannung zwischen ihnen war wie er selbst.
    Er hob die Hand und streichelte mit der Außenseite der Finger über ihre samtige Wange. In ihrer Halsmulde schlug sichtbar der Puls. Sanft legte er den Daumen auf die Stelle. »Ich freue mich schon auf die fünf Minuten«, sagte er ruhig.
    Ihre Kehle bewegte sich unter seinem Daumen, als sie schluckte. Die dunkelblauen Augen waren klaftertief und glänzten im Licht des elektrischen Deckenleuchters. So ähnlich war sie Kitty gar nicht. Sie sah überhaupt nicht aus wie Kitty.
    »Sie sind eingebildet wie ein Pfau«, flüsterte sie.
    »Ja«, sagte er. »Und Sie werden mir sagen, ob mein Selbstvertrauen gerechtfertigt ist.«
    »Es ist nicht sehr klug, auf den Sieg zu vertrauen, wenn Sie noch nichts von mir gesehen haben.«
    Sie machte Anstalten zurückzutreten, aber er schloss die Hand um ihren senkrecht aufgestellten Queue. »Ich kann Ihnen kaum sagen, wie gern ich das endlich ändern würde.« Er fuhr mit der Hand am glatten Holz hinunter, bis sie kaum einen Zentimeter von ihrer entfernt war, dann streichelte er mit dem kleinen Finger über ihre Knöchel. »Mir fällt niemand ein, mit dem ich lieber spielen würde als mit Ihnen.«
    Ein sichtliches Beben überlief sie. »Spielen Sie mit vielen Leuten?«
    »In letzter Zeit nicht«, sagte er ruhig.
    Ihre Brust hob sich in einem langen Atemzug. »Oh. Und warum?«
    »Anscheinend habe ich das Interesse an den anderen verloren.«
    Röte zog über Nells Gesicht. Ihr Lächeln zitterte ein wenig und verschwand dann. »Es ist nett, mit Ihnen Zeit zu verbringen«, sagte sie. Dann schüttelte sie den Kopf und lachte. »Wenn Sie nicht ständig übers Wetter reden.«
    Auf sonderbare Weise erheitert ließ er ihren Queue los und trat einen Schritt zurück. »Danke«, sagte er. »Dann freuen Sie sich sicher, dass ich auch ab und zu Poker spiele. Ich gestehe, dass Sie die erste Lady in meiner Bekanntschaft sind, die das ebenfalls tut. Wo haben Sie es gelernt?«
    Als sie sich abwandte und zum Tisch blickte, verblasste das Strahlen in ihrem Gesicht. »Ach, Michael kann es ganz gut. Mein Stiefbruder«, fügte sie achselzuckend hinzu.
    Jetzt wirkte sie genauso steif wie vorhin im Esszimmer. »Bisher haben Sie nie einen Stiefbruder erwähnt«, sagte er.
    Für einen Augenblick verharrte sie schweigend. »Nun. Hannah, die Mädchen aus der Fabrik … Einige Leute vermisst man. Andere nicht.«
    »Aber Sie haben bei ihm gewohnt?«
    Der Blick, den sie ihm jetzt zuwarf, wirkte verbittert. »Wo hätte ich sonst wohnen sollen?«
    Die Antwort kam Simon ungewöhnlich vor, und plötzlich begriff er. »Ihr Stiefbruder hat Sie geschlagen.«
    Mit teilnahmsloser Miene nahm sie die Kreide auf. »Ja, stimmt. Seine Familie kann man sich eben nicht aussuchen.«
    Simon beobachtete sie aufmerksam, als sie die Pomeranze ihres Queues mit Kreide einrieb. »Aber jetzt wissen Sie, dass er nicht zu Ihrer Familie gehört. Obwohl Ihre angebliche Mutter ihn wahrscheinlich ausgesucht hat.«
    Nells Augen wurden schmal, als sie ihn über die Schulter hinweg ansah. Wenn es um Jane Whitby ging, war sie immer noch ziemlich empfindlich. Aber nachdem er ihr Gesicht einen Moment lang betrachtet hatte – sie dachte anscheinend darüber nach, ob er die Bemerkung als Spöttelei gemeint hatte –, entspannte sie sich. Sie drehte sich um, lehnte sich an den Tisch und sagte beiläufig: »Sie hatte keine Ahnung, was sie sich mit dieser Ehe einhandeln würde.«
    Dieser außergewöhnliche Moment, Nells Entscheidung, ihm zu vertrauen, selbst wenn es nur um eine so geringfügige Sache ging, dass sie nicht bewusst darüber nachgedacht haben konnte, ließ Simon voller Befriedigung erschaudern. Unwillkürlich lächelte er, und erst als Nell die Stirn runzelte, bemerkte er, wie vollkommen unangemessen das war. Er zwang sich zu einer ernsten Miene und sagte: »Erzählen Sie. Was hat sie sich eingehandelt?«
    Nell zuckte mit den Achseln, als sie die Kreide beiseitelegte. »Jack Whitby war ein guter Mann. Aber er starb ein Jahr nach der Hochzeit. Und alles, was uns blieb,

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