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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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war sein elender, nutzloser Sohn. Und eine Wohnung«, fügte sie nachdenklich hinzu. »Das heißt …« Sie rollte den Queue in ihren Händen. »Wir durften seine Wohnung nach seinem Tod weiter mieten. Für Mum wäre es schwer gewesen, eine Wohnung für uns zu finden.« Sie verzog das Gesicht. »Niemand vermietet gern an eine Frau. Angeblich kann man sich nicht darauf verlassen, dass sie zahlt.«
    »Weil Frauen weniger Lohn bekommen?«, äußerte er vorsichtig.
    Ihr Blick legte nahe, dass er etwas sehr Offensichtliches gesagt hatte. Sie griff nach seinem Glas und nahm ohne zu fragen einen großen Schluck. »Wenn die Zeiten schlecht sind, werden Frauen zuerst gefeuert. Oder wenn sie schwanger werden. Im Vergleich sind sie immer weniger wert als ein Mann. Die Leute halten sie nicht für verlässliche Mieter.«
    Er trug die Berichtigung mit Fassung. Für sie waren diese Dinge wirklich offensichtlich. Für ihn waren die Regeln der Armut – und übrigens auch die des ehrlichen Geldverdienens – ziemlich schleierhaft. »Und wann fing er an, Sie zu schlagen?«
    Eine ganze Weile sah es aus, als würde sie nicht antworten. Dann seufzte sie und leerte sein Glas. »Nun, er hatte immer ein böses Temperament. Aber«, sie sah ihn scharf an, als forderte sie ihn heraus, ihr zu widersprechen, »meine Mutter hat sich ihm meistens in den Weg gestellt. Und solange er jünger war, hat er ihr noch gehorcht. Ohne Zweifel hatte er Angst vor ihr.« Ein atemloses Lachen entfuhr ihr. »Mum konnte ziemlich wütend werden.«
    Simon ließ ein einvernehmliches Grunzen hören, obwohl seine Gedanken eine dunklere Richtung nahmen. Wirklich, eine Frau, die fähig war, mitten in der Nacht eine Sechsjährige zu entführen, war wahrscheinlich zu allem bereit, um jemandem Angst einzujagen. »Was hat sich verändert?«
    »Er kam ins Gefängnis.« Sie stieß sich vom Tisch ab und betrachtete die Verteilung der Bälle auf dem Tuch. Dann beugte sie sich vor und spielte geschmeidig und flüssig einen Cannon, der die Rote einlochte und ihr fünf Punkte einbrachte.
    Simon war etwas fassungslos. Ohne Zweifel ein gelungener Stoß.
    Nell wandte sich ihm wieder zu, sagte aber nichts zu ihrem Triumph. »Es war bei den Unruhen letztes Jahr im Hyde Park. Die Polente hat Michael festgenommen. Seitdem ist er nicht mehr derselbe.«
    Der Anflug von Sympathie in ihrer Stimme schockierte ihn. Sie hatte Mitleid für einen Mann, der ihr ein blaues Auge verpasst hatte. Und das wahrscheinlich mehr als einmal, wie Simon argwöhnte. »Ich hoffe, Sie hegen ihm gegenüber keine schwesterlichen Gefühle.«
    »Nein«, sagte sie nach einem Augenblick. »Aber Sie werden mir beipflichten, dass er eine bejammernswerte Gestalt ist.«
    Bejammernswerte Gestalt
. Während Simon seinen Stoß plante, musste er bei dieser Beschreibung an ein unheilbar lahmendes Pferd denken. Er wusste, wie man mit so etwas umging. Man verpasste ihm eine Kugel. Er spielte einen Winning Hazard und wandte sich dann zu ihr um. »Sie brauchen sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen«, sagte er. »Er wird Ihnen nie wieder zu nahe kommen.«
    Nell wurde mulmig, als sie hörte, wie Simon über Michael sprach. Gott behüte, dass sie sich jemals begegneten. Michael würde alles an diesem Mann zutiefst hassen: die schönen Kleider, das sorglose Lachen, selbst die Konturen seiner breiten Schultern und die lässige, muskulöse Anmut seines gepflegten Körpers. Simon war zu Arroganz erzogen worden, Michael war voller Wut aufgewachsen. Wenn sie jemals aufeinanderträfen, würde Blut fließen.
    Ein Schauder überlief sie und hinterließ einen Schmerz, der ihr wie eine Vorahnung vorkam. Nell schob den Gedanken beiseite, als sie sich über den Tisch beugte. In Sekundenschnelle hatte sie ihr Ziel anvisiert. Sie spielte noch einen Cannon, lochte ihren Spielball ein und brachte den Herrn des Hauses damit zum Stöhnen.
    Guter Gott, vielleicht hatte er wirklich geglaubt, dass er gewinnen würde. Der Gedanke entlockte ihr ein Grinsen. Jedenfalls konnte er nicht behaupten, sie hätte ihn nicht gewarnt.
    All das Gerede über Familie hatte einen Gedanken in Nell aufgerührt, der ihr schon seit Tagen keine Ruhe ließ. »Ich will meine Schwester treffen«, sagte sie und richtete sich auf.
    »Okay.« Kurzes Schweigen. Simon richtete die Augen auf die Spitze des Queues und befühlte das Leder mit dem Daumen. »Ich habe ihr heute Nachmittag einen Besuch abgestattet, aber sie war nicht zu Hause. Ich habe eine Nachricht hinterlassen.«
    »Sie

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