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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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und ruhig. Sie reagierte nicht einmal mit einem Blinzeln auf seine Berührung. Simon kämpfte gegen den Impuls an, sie so fest zu drücken, bis sie reagierte. Sie müsste nervöser sein als er. Sie hielt diese Heirat für unwiderruflich.
    Lächerlich, diese plötzlichen Schuldgefühle.
    Jetzt zog sie die Augenbrauen hoch. Betrachtete fragend seinen starren Blick. Er brachte ein Lächeln zustande, das sie bereitwillig erwiderte. Er konzentrierte sich auf ihren Mund, die Stelle, wo sie die Lippen nicht vollständig schloss und er ihre Zähne aufblitzen sah – diese Lücke, die ihn von Anfang an so gereizt hatte, als würde sie etwas entblößen, das nicht dafür bestimmt war, gesehen zu werden.
    Aber fast sofort veränderte sich ihr Lächeln. Sie presste die Lippen aufeinander und ließ die Zähne verschwinden. Ganz bewusst hielt sie sich zurück. Zweifellos hatte jemand ihr gesagt, dass eine Lady nicht so breit grinste. Und sie hatte es geglaubt, was sie natürlich auch sollte, weil es wahr war.
    Der Gedanke durchfuhr ihn fast schmerzhaft. Wie schade wäre es, wenn ihre Einzigartigkeit zum üblichen Herdenverhalten eingeebnet würde.
    Aber war das nicht das Ziel?
    »Eine Ehe soll man nicht unberaten oder leichtherzig eingehen, sondern ehrfürchtig und wohlbedacht«, erklang Dawsons Stimme. Die richtigen Worte, nichts daran verriet, dass diese Ehe letztendlich ein Betrug sein könnte.
    Nells Lächeln verblasste ganz leicht, sie sah aus wie eine Frau, die heimlich ihren Gedanken nachhing. Sie hatte Vorstellungen, aber Simon wusste nicht, wie die aussahen. Malte sie sich eine glückliche Zukunft für sie beide aus? Er hatte nicht mit ihr besprochen, was eine Zweckheirat beinhalten könnte. Er hatte nicht geglaubt, dass er sie aufklären müsste: Ihr Zynismus schien so gut zu seinem zu passen.
    Die Liturgie schritt voran. Als Nell mit klarer, kräftiger Stimme ihr Ehegelöbnis ablegte, spürte er, wie er unwillkürlich die Stirn runzelte. Plötzlich wurde er unruhig, als hielte nur ihre Hand ihn in diesem Raum fest. Eine in Lumpen gekleidete Frau zu heiraten hätte diese Zeremonie durchsichtiger gemacht. Aber ein Zuschauer könnte es für etwas halten, was es nicht war. Er würde es für eine Liebesheirat halten.
    Er könnte denken, dass Simon wirklich etwas für diese Frau empfand.
    »Ich will«, hatte Simon gerade gesagt. Jetzt waren sie also verheiratet. Der dicke Priester würde sie zu Mann und Frau erklären. Nell warf dem Geistlichen noch einen misstrauischen Blick zu: War er ein Betrüger? Und doch … da waren all diese Zeugen: Die gesamte Dienerschaft war vor der Wand aufgereiht. Daughtry, der Anwalt, stand ohne eine Miene zu verziehen neben dem Butler und sah ernst und aufmerksam zu. Würde ein Mann des Gesetzes erscheinen, um die Zeremonie eines Betrügers zu bezeugen? Vielleicht wenn Simon ihm genug bezahlte.
    Simon selbst sah ehrlich verwirrt aus, als der Diakon seinen Schlusssatz sprach: »Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden«, sagte er. Simons Stirnfalten wurden tiefer, wie ohne Zweifel auch ihre eigenen. Dieser gemeinsame Blick bekam den Beigeschmack von einvernehmlicher Verwirrung. Als hätte jeder bei sich darauf gewartet, dass der andere unterbrechen würde –
In Ordnung, erwischt, ich meinte es gar nicht ernst
–, und jetzt fragten sich beide ratlos und verwirrt, ob das wirklich gerade passiert war.
    Während der Diakon das Schlussgebet sprach, kitzelte sie ein hysterisches, irres Lachen in der Kehle. Nach den Träumen der letzten Nacht – ein Albtraum nach dem anderen, und in allen hatte Simon sie als Mädchen aus dem Slum verspottet und abgelehnt – war sie mit der Überzeugung aufgewacht, dass heute etwas Schreckliches passieren würde. Simon war nett, aber kein Idiot. Er würde sie nicht heiraten, bevor ihre Erbschaft nicht sichergestellt wäre. Letzte Nacht auf seinem Billardtisch hatten sie zwar nicht richtig gevögelt, aber sonst hatten sie alles getan – und danach hatte sie noch mehr gewollt. Ein Angehöriger des britischen Hochadels würde niemals eine solche Frau heiraten! Seit sie in dieses Zimmer gekommen war, hatte sie sich darauf gefasst gemacht: Er würde vor ihr zurückweichen, den Kopf schütteln und alle hinauswinken, indem er, wie es seine Art war, mit der Hand wedelte, als wolle er die Fliegen von seinem Kuchen vertreiben.
Hab’s mir anders überlegt. Wir sagen es besser ab.
    Aber das hatte er nicht. Beinahe konnte sie es nicht fassen. Sie waren

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