Eine Parkuhr fuer mein Pferd
neue kaufen, und mein Kreuz nimmt mir jede Bewegung übel. Ich möchte fast sagen, daß die Ohren das einzige sind, was mir nicht weh tut.“
„Strengt das Reiten denn an?“ fragte Magnus Möller erstaunt. „Ich denke, man sitzt da oben wie in einem Sessel und beguckt sich die Landschaft?“
„Hast du ’ne Ahnung“, klärte Hans ihn auf. „Früher, als ich noch mit dem Fahrrad durch die Gegend juckelte und stöhnte, wenn es mal bergauf ging, hab ich mir immer ein Pferd gewünscht. Ich dachte, das sei das bequemste Fortbewegungsmittel überhaupt. Man braucht nicht groß zu lenken, ein Pferd beklagt sich nicht, wenn es einen Berg nehmen muß, und braucht kein Benzin und keine Pflege. Irrtum! Wenn dein Pferd dreißig Kilometer zurückgelegt hat, hast du als Reiter eine Leistung vollbracht, als wärst du dieselbe Strecke marschiert. Mir jedenfalls kommt es so vor.“
„Na, dann gehe ich doch lieber gleich zu Fuß“, sagte Magnus. Er riß einen Grashalm heraus und kaute darauf herum.
Eine Weile schwiegen sie.
„Bist du Student?“ fragte Hans schließlich.
„Sieht man mir das an?“
„Du siehst aus wie einer von der feinen Sorte, die sich Zeit lassen können, weil ihre Eltern jeden Monat einen dicken Scheck rüberschieben. Studierst wohl Medizin, was?“
„Ich studiere die Menschen“, sagte Magnus, „ihr Inneres. Psychologie.“
Hans schüttelte den Kopf. „Und das macht dir Spaß? Die Leute ausquetschen, ob sie schon mal den Wunsch hatten, ihren Vater zu erschießen oder ihre Mutter aus dem Fenster zu stoßen? Ist doch Quatsch.“
Magnus drehte den Erikazweig zwischen den Fingern. „So einfach darfst du dir das nicht machen“, sagte er. „Es ist schon mehr dran an der Sache. Ohne genaue Kenntnis von der Psyche des Menschen werden wir nie die Gefährdung überwinden, in der wir uns befinden.“
Hans zog die Schultern hoch. „Ob Menschenkenntnis allein genügt?“
„Natürlich nicht, aber es ist eine wichtige Voraussetzung.“ Magnus stand auf. „Ich muß weiter. Nett, dich getroffen zu haben. Wo willst du denn heute noch hin?“
„Heute bleibe ich irgendwo hier in der Nähe“, antwortete Hans. „Aufs Pferd bringt mich keiner mehr. Aber morgen muß ich unbedingt bis Zeven kommen und vor dem Hauptpostamt auf meinen Freund warten. Der begleitet mich nämlich mit seiner Ente. Und sollte ich ihn in Zeven nicht treffen, versuche ich’s übermorgen in Verden. Ganz allein ist mir der Ritt zum Bodensee doch zu langweilig.“
„Na, dann viel Glück“, wünschte Magnus. „Gute Reise und immer ein paar Pfund Hafer im Gepäck!“ Er hob grüßend die Hand und schlenderte ein Stück in südlicher Richtung, verließ dann die Straße und schlich in einem Bogen, durch Büsche und Bäume gedeckt, zu seinem Auto zurück.
Er war sehr zufrieden mit dem, was er erfahren hatte. Zeven, dachte er, da weiß ich ja, wo ich ihm wieder begegne. Ist ein netter Kerl. Seine Tante wird sich freuen, wenn ich ihr das berichte. Er nahm Perücke und Bart ab, zog eine braune Kordhose und ein buntes Sporthemd an, schlüpfte in Sandalen und fuhr langsam einige Kilometer weiter bis zu einem Dorfgasthaus, wo auch Zimmer zu haben waren. Dort mietete er sich ein, aß gemütlich zu Abend und schrieb dann den ersten ausführlichen Bericht an Frau Deters. Danach plauderte er mit den Bauern, die an ihrem Stammtisch saßen und die große Politik besprachen, und ging bald auf sein Zimmer hinauf. Ich bin ein Glückspilz, dachte er. Alles geht nach Wunsch.
Auf der Suche nach dem Führerschein
Andreas hatte bis nach Hause zurückfahren müssen, denn weder auf dem Zeltplatz noch im „Jever Krug“ fand er seinen Führerschein. Auch in seinem Zimmer war er nicht. Er suchte mit wachsender Ungeduld, scheuchte seine Mutter und seine kleine Schwester durch’s Haus und durchwühlte seinen Schreibtisch und mindestens siebenmal seine Schultasche. Jemand muß mir den Schein geklaut haben, dachte er grimmig. Vielleicht der Lehrling in der Werkstatt, wo man mir ein neues Bremsseil eingezogen hat. Was mache ich nun? Ohne Führerschein kann ich auf keinen Fall fahren.
Er schaute auf die Uhr. Es war halb fünf. Ob sie mir heute noch einen neuen ausstellen, wenn ich den Verlust melde?
Andreas fuhr zum Kraftverkehrsamt, und zwar vorsichtshalber mit dem Fahrrad. Aber dort war nur vormittags geöffnet und samstags überhaupt nicht. Andreas schluckte. Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt muß ich also zwei Tage auf den dämlichen Schein warten. Das ist eine
Weitere Kostenlose Bücher