Eine Parkuhr fuer mein Pferd
mal so’n bißchen auf alternativ. In Wirklichkeit könntest du mit dem eigenen Porsche durch die Landschaft zittern.“
Corinna lachte. „So ungefähr“, sagte sie. „Mein Vater hat einen kleinen Wanderzirkus, und ich bin Kunstreiterin. Im Augenblick bin ich auf der Suche nach unserem Pferd, das in Itzehoe gesehen wurde.“
„Sag bloß, das ist euch abgehauen?“
„Nein, wir haben es dummerweise verkauft und hätten es gern zurück. Das Pferd, das wir jetzt haben, begreift nichts.“
„Na so was!“ rief der Student. „Warum habt ihr das Pferd dann verkauft?“
„Weil es anscheinend todkrank war und keine große Lebenserwartung mehr hatte.“
Sie erreichten Wrist.
„So, Fräulein Kunstreiterin, ich bin zu Hause“, sagte der Junge. „Würde mich freuen, dich eines Tages auf meinem Marterstuhl begrüßen zu dürfen.“
„Okay“, antwortete Corinna. „Und als Honorar bekommst du eine Freikarte für unseren Zirkus.“
Mit einem Lastwagen kam sie bis nach Hohenlockstedt und mit einem Motorrad schließlich bis nach Itzehoe. Trotz ihres Anoraks fror sie auf dem Soziussitz erbärmlich, besonders, weil der junge Fahrer ihr durch rasantes Fahren imponieren wollte. Mit steifen Beinen kletterte sie von der Maschine und nahm sich vor, in Zukunft lieber einen mehrstündigen Fußmarsch zu machen, als noch einmal ein Motorrad zu besteigen.
Gleich den ersten Passanten fragte sie nach dem „Jever Krug“. Aber das war ein Hamburger, der sich in Itzehoe nicht auskannte. Eine junge Frau jedoch wies ihr den Weg.
Im „Jever Krug“ herrschte Hochbetrieb. Corinna schob sich zur Theke durch und wartete, bis der Kellner, der mit dem Füllen vieler Biergläser beschäftigt war, den Blick hob und sie fragend anschaute. Sie grüßte ihn und sagte: „Ich suche nach einem Pferd, das vor drei Tagen hier vor der Gaststätte seine Künste gezeigt hat. Können Sie sich daran erinnern und mir vielleicht sagen, wo es geblieben ist?“
„Und ob ich mich daran erinnere!“ rief der Kellner, indem er den Schaum von einem Bierglas strich. „Die beiden jungen Leute, die mit dem Pferd hier waren, haben doch bei uns gegessen. Lustige Burschen übrigens.“
„Zwei waren es?“ fragte Corinna.
„Ja, der mit dem Strohhut war der Reiter. Seinem Pferd hatte er auch so ein Ding aufgesetzt. Der andere war mit dem Auto da, einer Ente. Das Pferd hatten sie an der Parkuhr angebunden und dann einen Polizisten ein bißchen auf den Arm genommen, weil der sich darüber aufregte.“
Corinna lächelte. „Haben Sie vielleicht zufällig gehört, wohin der Reiter wollte?“
„Ja, hab ich“, antwortete der Kellner. „Sie wollten gemeinsam weiter nach Glückstadt und mit der Fähre über die Elbe. Das Pferd war bepackt wie zu einer längeren Reise.“
Corinna bedankte sich. „Also das Pferd hat einen Strohhut auf und der Reiter auch, sagen Sie? Das ist ja sehr auffällig. Daran wird sich jeder, der die beiden gesehen hat, erinnern. Ist es noch weit bis Glückstadt?“
„Etwa zwanzig Kilometer, in einer knappen halben Stunde kommen Sie bequem hin.“
„Schön wär’s“, murmelte Corinna. „Also dann auf Wiedersehen und vielen Dank für die Auskunft!“
Draußen auf dem Dithmarscher Platz studierte sie ihre Straßenkarte. Ich muß auf Wagen achten, die von jenseits der Elbe kommen, überlegte sie, Wagen aus Stade, Bremerhaven, Buxtehude oder Bremen vielleicht. Die Hamburger bleiben alle auf dieser Seite. Sie steckte die Karte wieder ein und wanderte los.
Nach einer halben Stunde hielt eine junge Frau. „Du siehst aus, als ob du nach Glückstadt zur Fähre wolltest!“ rief sie durch’s offene Fenster. Und als Corinna erfreut nickte: „Steig ein, die Fähre fährt in zwanzig Minuten. Wir müssen uns beeilen!“ Und schon gab sie Gas und jagte davon. „Schnall dich an“, sagte sie, „und mach keinen Ärger, wenn ich zufällig in einem Graben oder an einem Baum lande.“
„Mach ich nicht“, antwortete Corinna, aber ihr war nicht ganz wohl dabei. Ihr Vater hatte gut reden! Was kann dir schon passieren, hatte er gesagt, du beherrschst Judo und Jiu-Jitsu. Aber wie konnte man sich mit den Waffen der Selbstverteidigung gegen einen Unfall schützen?
Die Frau schien Corinnas Gedanken zu erraten. Sie sah zu ihr hinüber und lächelte. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe nicht die Absicht, dich oder mich umzubringen. Ich will nur die Fähre erreichen. Wohin willst du eigentlich, wenn du die Elbe überquert hast? Vielleicht kann ich dich noch
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