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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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der Schmerz wirklich ein.
    Ich hatte ihr den verletzlichsten Teil meiner selbst anvertraut. Und offenbar hatte sie beschlossen, mich damit zu quälen, wie ein verrückter Chirurg, der während der Operation plötzlich beginnt, die Leber des Patienten zu verspeisen.
    »Warum tust du mir das an?« fragte ich laut, auch in Gesellschaft. Meine Qualen raubten mir die Selbstbeherrschung, gefolgt von einer trügerischen Ruhe, die wieder von panischen Anfällen abgelöst wurde.
    Ich arbeitete weiter, durchaus inspiriert übrigens. Mein Intellekt schien von sämtlichen Fesseln befreit. Er war nichts anderes als ein Computer, den jemand eingeschaltet hatte und dessen Software nun völlig unabhängig von mir sein Programm zu Ende brachte. Mein Widersacher in dem Verfahren war durch mein Auftreten verwirrt – ob das an meiner Heftigkeit oder an der Tatsache lag, daß ich einem Nervenzusammenbruch nahe war, sollte ich nie erfahren.
    Wenn ich allein in meinem Zimmer war, gelang es mir nicht, die einzelnen Teile meines Ichs zusammenzutragen. Ich liebte Daisy. Ich haßte Daisy. Ich würde sie auf Knien anflehen zurückzukommen. Ich würde nie mehr mit ihr reden. Es war alles meine Schuld. Ich mußte mir keinerlei Vorwürfe machen. Die Welt war schwarz, die Welt war weiß.

[31]
    Für das, was als nächstes passierte, habe ich weder eine Entschuldigung noch eine Erklärung, ich kann darüber nur heulen.
    Sie schrieb mir zahlreiche Briefe, manche davon lang und erklärend, andere kurz und verzweifelt. Ein- oder zweimal versuchte sie es mit Komik. Ich beantwortete keinen einzigen.
    Jimmy, das, was ich getan habe, ist schrecklich. Ich weiß, wie sehr ich Dich verletzt haben muß. Ich weiß auch, daß Du das kaum begreifen wirst, aber jetzt, da ich aus unserer Beziehung heraus bin, liebe ich Dich noch mehr als früher. Endlich sehe ich klar – ich war dumm und selbstsüchtig. Die Liebe allein macht das Leben lebenswert, egal wie hoch der Preis ist. Plötzlich sehe ich Dich als das, was Du bist – Du bist ein echter Held, mein Schatz, Du hast härter gekämpft als alle Menschen, die ich sonst kenne. Ich schäme mich so. Warum müssen wir erst so schreckliche Dinge durchmachen, bevor wir erwachsen werden?
    Ich kann verstehen, daß Du am Telefon nicht mit mir sprechen möchtest. Es braucht Zeit, bis solche Wunden verheilen. Vielleicht läßt Du mich Dich in ein oder zwei Wochen in Sheffield besuchen. Das würde ich gerne.
    Vielleicht ist es noch zu früh, vielleicht kannst Du das noch nicht so sehen, aber ich glaube, das, was passiert ist, ist gut, denn jetzt weiß ich, daß Du der einzige Mann bist, den ich je lieben werde. Bitte, bitte vergib mir. Ich weiß, wieviel Arbeit Du mit diesem Fall hast, jetzt, da Beaufort nicht mehr da ist und alle Last auf Deinen breiten Schultern ruht, aber bitte, nimm Dir wenigstens eine Stunde Zeit für diesen Brief und denke darüber nach, auch wenn’s nur in Erinnerung an unsere Liebe ist.
    Jimmy, wie dumm von mir. Ich schreibe einen langen Brief und vergesse dabei völlig, daß ich Dir auch ein Zeichen der Ermutigung schicken muß. Weißt Du, für mich hier ist alles ganz klar, aber für Dich in Sheffield sieht die Sache wahrscheinlich völlig anders aus. Darling, ich habe Oliver seit der Woche, in der meine Mutter gestorben ist, nicht mehr gesehen. Wenn er anruft, lege ich auf. Ich habe ihm jetzt geschrieben, um ihm alles zu erklären; ich lege Dir eine Kopie des Briefes bei. Du siehst also: Das Ganze war nur die Kurzschlußhandlung einer dummen Frau, die sich verzweifelt nach Trost gesehnt hat.
     
    Lieber Oliver,
    es fällt mir schwer, Dir diesen Brief zu schreiben, und ich komme mir dabei sehr dumm vor, aber es muß sein.
    Es war sehr nett von Dir, daß Du mich neulich vom Krankenhaus abgeholt hast, und ich muß die volle Verantwortung für das übernehmen, was danach passiert ist. Ich glaube nicht, daß es fair wäre, wenn Du sagen würdest, ich hätte Dich verführt, aber ich gebe zu, daß ich unter Schock stand und Trost brauchte. Und wie Du schon so klug übers Telefon angedeutet hast, wollte ich nur Jimmy eins auswischen. Es tut mir leid, daß Du unter meiner Selbstsucht zu leiden hattest, aber weißt Du, Oliver, ein paar Nächte mit jemandem sind eben noch keine Ehe. Das, was Du vielleicht jetzt empfindest, wird in einem Monat wieder vorbei sein. Es wird vorübergehen müssen, weil ich Dich nicht mehr wiedersehen werde. Laß es mich ganz deutlich sagen, Oliver: Ich hatte keine Ahnung davon,

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