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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Urteil aus?«
    »Nicht schuldig.«
    »Ist dieses Urteil einstimmig?«
    »Ja.«
    Als sie das sagte, sah sie Daisy noch einmal streng an.
    In Demokratien muß der Angeklagte in dem Augenblick, in dem das Gericht ihn für nicht schuldig befunden hat, freigelassen werden, weil kein verfassungsmäßiges Recht mehr besteht, ihn festzuhalten. Die Gefängnisbeamten öffneten die Tür zu dem Metallkäfig, in dem sie festgehalten wurde, und sie kam wie in Trance heraus. Der Richter verließ den Gerichtssaal. Ohne Daisy zu beachten, stürzte ich zur Tür. Ich hörte, daß George Holmes mir mit schweren Schritten folgte.
    Er ging mir zum Anwaltszimmer nach, wo ein Angestellter mich begrüßte – wahrscheinlich dachte er, ich komme gerade von einem eigenen Verfahren. George tappte immer noch atemlos hinter mir her.
    »Tut mir leid, Sir«, sagte der Angestellte. »Hier dürfen keine Polizeibeamten herein – nur Anwälte.« George schob sich an ihm vorbei.
    Ich stand am Waschbecken und zündete die Papiere mit einem Gasfeuerzeug an, das ich eigens zu diesem Zweck mitgebracht hatte. Die Blätter loderten einen Augenblick lichterloh auf, dann zerfielen sie zu Aschehäufchen und hinterließen schließlich eine schwarze Brühe im Waschbecken, als ich den Wasserhahn aufdrehte. George beobachtete mich dabei.
    »Das waren die einzigen Kopien, George. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
    »Trotzdem hätte ich sie gern vorher noch gelesen.« Er sah mich an. Alter und Erschöpfung hatten sein Gesicht gezeichnet. »Dann ist also alles vorbei.«
    »Ja, George. Alles.«

[41]
    Daisy hatte sich geweigert, meinen Brief an George vor Ende des Verfahrens zu lesen. Sie sagte, sie würde die Sache nie durchstehen, wenn sie wüßte, was wirklich passiert war. Andererseits hatte sie ein Recht auf eine gewisse Sicherheit. Also war ich auf die Idee verfallen, ihr die Diskette mit der Aufzeichnung meiner Aussage zu überlassen. Sie holte die Diskette auf dem Heimweg im Taxi heraus und sah sie an.
    »Wie fühlst du dich?« fragte ich.
    »Schrecklich. Ich habe schreckliche Angst bei dem Gedanken daran, was schiefgehen hätte können, und daran, was ich jetzt herausfinden werde. Ich hätte nie gedacht, daß ich verrückt genug sein könnte, all das für einen Mann zu machen. Alle Geschworenen halten mich für eine Mörderin.«
    Eigentlich sah sie nicht verängstigt aus, sondern wütend, wie jemand, der merkt, daß er zuviel gegeben hat. Ich berührte ihre Hand. Sie wandte den Kopf ab und schaute auf die trüben, nassen Straßen. »Hoffentlich bist du jetzt zufrieden.«
    Sobald wir daheim waren, verschloß und verriegelte ich die Haustür und sperrte auch noch die Tür zu meinem Arbeitszimmer zu. Daisy gab mir die Diskette, und ich steckte sie in den Computer. Schon nach wenigen Befehlen erschienen die ersten Worte auf dem Bildschirm.
     
    Lieber George,
    dies ist das Geständnis, das Sie nie erhalten wollten. Wie Sie auf der letzten Seite sehen werden, habe ich Nigel Monkson eine Kopie zukommen lassen, der diese wahrscheinlich zur gleichen Zeit wie Sie liest. Ich weiß, er wird veranlassen, daß Daisy so schnell wie möglich wieder auf freien Fuß kommt und daß man wegen des Mordes an Thirst Anklage gegen mich erhebt. George, das Ziel dieser Zeilen ist es nicht, Ihnen zu sagen, daß ich ihn umgebracht habe, denn das wußten Sie von Anfang an. Vielmehr möchte ich eine solche Menge belastender Details für Sie aufschreiben, daß niemand an meiner Schuld zweifeln kann.
    Armer George, Sie glauben tatsächlich, daß alle Leute irgendwie verdreht oder korrupt sind. Sie haben wirklich geglaubt, daß ich Daisy opfern würde. Und noch schlimmer: Als Sie an jenem Sonntag zu mir kamen, haben Sie von mir erwartet, daß ich Ihren verrückten Plan aus Rache für das, was sie mir vor elf Jahren angetan hat, akzeptieren würde. Sie sind verrückt, George, völlig verrückt. Von all den Dingen, die Thirst in der Zeit, in der er einen Teil unseres Lebens ausmachte, an den Tag gebracht hat, ist Ihre Verrücktheit das merkwürdigste und erschreckendste.
    George, Sie haben ihn manipuliert. Er war Ihr größter Betrug, der Mann, den Sie haßten und liebten. Sie haben ihn sich zu Ihrem Ebenbild zurechtgebogen.
    Sie wußten, daß ich ihn umgebracht habe, weil Sie sein Telefon seit mehr als einem Jahrzehnt illegal abgehört hatten. Es gab nichts in seinem Leben, was Sie nicht wußten, und vermutlich haben Sie geahnt, daß er mir in der Nacht seines Todes alles über Sie erzählt hat.

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