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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ich als Frau jemals so vollkommen sein werde wie du als Mann, jedenfalls nicht, solange ich kein Baby habe.«
    Zu meiner Überraschung begann ich zu schluchzen.
    »Warum weinst du?«
    »Weil du nicht zu merken scheinst, daß du mich so vollkommen machst, falls ich das überhaupt bin. Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich nicht mal aufrecht gehen könnte, wenn ich dich nicht hätte.« Ich wischte mir mit dem Unterarm die Tränen weg. »Aber laß uns jetzt um Himmels willen Champagner trinken. Das ist doch lächerlich: Da gewinne ich meine erste Berufung, und den Rest des Tages verbringe ich mit Weinen.«
    Sie kicherte. »Das ist jetzt nur so etwas wie eine Katharsis. Heute morgen warst du ziemlich nervös.«
    Meine Wangen waren noch naß, als sie schon aus dem Bett hüpfte und den Drahtverschluß der Flasche löste. Der Korken flog mit einem Knall heraus und landete am Lampenschirm. Wir hatten noch nicht so viel Geld, daß wir den Champagner hätten verschwenden können. Den größten Teil davon retteten wir, indem wir ihn in eine große Tasse füllten. Dabei änderte sich unsere Stimmung.
    »Heulsuse.«
    »Selber.«
    Ich trank meinen Champagner ziemlich schnell, um eine Entschuldigung für meine Ausgelassenheit zu haben.
    »Der junge Mr. Thirst hat sich wahrscheinlich gefreut, als du ihm das Ergebnis mitgeteilt hast, oder?«
    »Mehr als gefreut. Das war das erste Mal, daß er nicht angegeben hat wie eine Horde Affen. Es war irgendwie peinlich – er hat mich die ganze Zeit Genie genannt.«
    »Das bist du doch auch.«
    »Fang du nicht auch noch damit an. Ich muß auf dem Boden bleiben, schließlich bin ich morgen wieder mit einem Fall von Trunkenheit am Steuer vor dem Amtsgericht. Aber merkwürdig ist das schon, diese Demut von Thirst. Er hat sogar gesagt, er pflichtet Beaufort bei. Das hat er mehrfach wiederholt.«
    »Warum, was hat Beaufort denn gesagt?«
    »Er hat Thirst gesagt, daß sein Leben nur ein Haufen Scheiße ist.«
    »Wortwörtlich?«
    »Mehr oder minder.«
    »Das war aber ziemlich direkt.«
    »Du kennst Beaufort nicht. Wenn du meinst, ich wäre hart, dann solltest du ihn mal kennenlernen.«
    »Nein, danke. Mir reicht ein Hypermacho-Hochleistungsanwalt. Was hat Thirst sonst noch gesagt?«
    »Nun, er ist sich ziemlich sicher, daß Hogg die Behörden jetzt davon überzeugen kann, ihn früher freizulassen. Offenbar hat Hogg gute Verbindungen zu der Leiterin der Behörde. Er behauptet, daß er sein Leben ändern wird. Er hat immer wieder gesagt, er würde lieber sterben, als noch einmal ins Gefängnis zu gehen.«
    »Glaubst du ihm das?«
    »Als er’s gesagt hat, hab’ ich’s ihm geglaubt. Das ist ja das Merkwürdige an manchen Ganoven – sie sind absolut aufrichtig, aber sie überlegen es sich stündlich anders.«
    »Dann ist er für dich also immer noch ein Ganove?«
    »Denkst du denn, das hört von einer Minute auf die andere auf, nur weil der Berufung stattgegeben wurde?«
    »Stell dich nicht so dumm, du weißt genau, was ich meine«, sagte sie in scharfem Tonfall. »Und was machst du, wenn er wirklich beschlossen hat, keine krummen Dinger mehr zu drehen? Bezeichnest du ihn dann immer noch als Ganoven? Gibt’s in deinem System auch so was wie Erlösung?«
    Ich trank noch einen Schluck Champagner. »Dabei geht’s nicht um Erlösung, sondern darum, immer wieder, bis ans Ende des Lebens, Gelegenheiten zu widerstehen. Das ist wie bei einem Alkoholiker, der nie wieder was trinken darf.«
    »Er braucht eine Frau.«
    »Das denken die Frauen immer.«
    »Aber du hast an dem Abend mit Hogg etwas Ähnliches erwähnt. Selbst wenn es ihm gelänge, stelle sich immer noch die Frage, ob das dann die Anstrengung wert gewesen sei. Was wolltest du damit sagen?«
    »Nehmen wir mal einen Alkoholiker, der mit dem Trinken aufgehört hat. Die Verzweiflung, die ihn zum Trinker gemacht hat, ist immer noch da, aber jetzt drückt sie sich anders aus. Er lebt nun den Regeln gemäß, wie eine Maschine, niemand kann ihm etwas vorwerfen, aber ist er deswegen zufrieden? Ist es unterm Strich ein Fortschritt für ihn, daß er mit dem Trinken aufgehört hat?«
    »Das sind ziemlich düstere Aussichten«, sagte Daisy.
    »Düster wäre die Angelegenheit dann, wenn es keine Daisy Smiths mehr auf der Welt gäbe. Diese Daisy Smiths sind die einzige Rettung.«
    »Also braucht er eine Daisy Smith?«
    »Genau.«
    »Das habe ich gesagt: Er braucht eine Frau.«
    »Touché.«
    »Laß uns miteinander schlafen«, sagte Daisy. »Es ist Ewigkeiten

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