Eine private Affaere
ich das sagen, denn sonst müßte ich mich ab jetzt mit meiner schwindenden Potenz abfinden, oder?«
»Willst du jetzt mit mir schlafen?«
»Nein, der Straßenjunge in mir schläft tief und fest, und wie du richtig gesagt hast, weiß der Anwalt nicht, wie’s geht.«
Sie kicherte. »Hältst du mich für verrückt?«
»Ja, aber das ist ja gerade dein Reiz. Schlaf jetzt. Du weißt ja, daß dein phänischer Held um halb neun kommt, oder?«
»Glaubst du, er kommt wirklich?«
»Aber ja, diese Gelegenheit kann er sich gar nicht entgehen lassen. Aber mach keine Szene, wenn er keine Notiz von dir nimmt. Du weißt ja, was wilde Männer von der Straße von verwöhnten kleinen Mädchen halten.«
[23]
Als es am nächsten Tag an der Tür klingelte, war ich genauso neugierig wie Daisy. Nach dem Zwischenspiel in dem Bordell interessierte es mich auf fast schon sadistische Weise, wie Thirst mit ganz normalen gesellschaftlichen Anlässen zurechtkommen würde. Wie üblich unterschätzte ich ihn.
Er kam mit einem klapprigen Ford Cortina, der den ausgeblichenen orange- und malvefarbenen Blumenmuster auf dem Lack nach zu urteilen genau wie Eleanor in den Sechzigern seinen ersten Frühling erlebt hatte. Ich stand an der Haustür, während Daisy oben die Geschenke einpackte. Nachdem ich einen zweiten Blick auf ihn und den Cortina geworfen hatte, mußte ich lächeln. Sein Grinsen war ansteckend. Ich schüttelte den Kopf und lachte.
»Verdammt!« sagte ich.
»Was hältst du davon?«
»Von dir oder von dem Wagen?«
»Von uns beiden.«
Er trug eine zweireihige Smokingjacke mit schwarzer Fliege, dazu ein Rüschenhemd, Jeans und Cowboystiefel – genau die gleiche Kleidung, die David Bowie kürzlich bei einem Fernsehauftritt getragen hatte.
»Wunderbar.«
»Ich oder der Wagen?«
»Beides.«
Ich rief Daisy.
»Verdammt!« sagte Daisy, als sie ihn sah.
Thirst rieb sich das Kinn. »Ich will euch ja nicht kritisieren, aber ihr seid doch angeblich die Meister der englischen Sprache. Schließlich soll ich was von euch lernen, oder? Wenn euer Wortschatz allerdings derart begrenzt ist …«
»Du bist einfach umwerfend«, sagte Daisy und küßte ihn auf die Wange. »Und der Wagen auch.«
»Meint ihr, die alte Dame wird uns mögen?«
»Sie wird euch beide toll finden.«
Daisy ging wieder hinauf. Thirst bat mich, ihm zum Wagen zu folgen. Nachdem das erste Erstaunen verflogen war, machte der Cortina mich nervös.
»Alles klar«, sagte Thirst. »Der ist ehrlich.«
»Bist du dir ganz sicher?«
»Hör zu, ich kann dich verstehen. Ich streng’ mich an. Wenn das Ding heiß wär’, würd’ ich’s nicht hierherbringen, das schwöre ich dir. Ich hab’s mir von ’nem Freund geliehen. Von ’nem Freund ohne Vorstrafenregister.«
»Ich hab’ gar nicht gewußt, daß es da außer mir noch welche gibt.«
»Tja, letzten Monat noch nicht. Aber ich hab’ mehr Antrieb als ’ne Boeing. Vertrau mir.« Er machte den Kofferraum auf. »Es liegt an dir, James. Ich meine, ich hab’ mir gedacht, es könnte lustig werden, die Sache ein bißchen bunter zu machen. Aber wenn du nein sagst, dann heißt’s nein. Dann laß’ ich ihn im Kofferraum. Wenigstens wird niemand denken, daß ich den geklaut hab’.«
Ich warf einen Blick in den Kofferraum, um zu sehen, wovon er redete, und trat einen Schritt zurück. Dann setzte ich mich auf die Stoßstange, die Hände vors Gesicht geschlagen.
»Also nein?« fragte Thirst. »Weißt du, die Punks sind ganz wild auf so was, und du hast gesagt, Daisys Mum hat gern was zum Lachen. Was ist denn los? Lachst du oder weinst du?«
Ich wischte mir die Tränen vom Gesicht, stützte mich mit der Hand auf seine Schulter, stand auf, deutete auf den Kofferraum und mußte mich wieder auf die Stoßstange setzen. Ich versuchte, mit dem Lachen aufzuhören.
»Wie heißt er denn?«
»Lord Denning. Wie der Richter.«
»Was du nicht sagst. Weißt du, ich persönlich finde, das ist ein Bombeneinfall, aber paß lieber ein bißchen auf.«
Thirst nickte, machte den Kofferraum zu und grinste. »Sag Daisy, sie soll keinen Champagner mitnehmen. Ich hab’ genug, um ein Schlachtschiff drin zu versenken.«
»Ich glaube, sie wollte sowieso keinen mitnehmen. Danke.« Ich versuchte mir keine Gedanken darüber zu machen, woher er den Champagner hatte.
Thirst fuhr, ich saß auf dem Beifahrersitz und Daisy hinten. Ich sah im Rückspiegel, wie sie uns beobachtete.
»Was habt ihr, Jungs?«
Ich biß mir auf die Lippe.
»Weißt du, was
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