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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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öffentliches Eigentum war?
    »Wir kennen den Typ nicht mal«, sagte ich.
    »Ich weiß, aber Mick sagt, er ist toll, und außerdem hat er jede Menge Qualifikationen. Er hat fünf Jahre damit verbracht, Namen zu lernen.«
    »Namen?«
    »Ja, Namen, die sich die Leute gegenseitig geben.«
    »Wie zum Beispiel James und Daisy? Und das fünf Jahre lang?«
    »Mach dich nicht über mich lustig, Jimmy. Das machst du immer, wenn du eine Situation nicht im Griff hat. Die Sache funktioniert nicht, wenn du versuchst, sie zu kontrollieren.«
    »Eins steht jedenfalls fest: Ich leck’ deine Möse nicht vor ihm, auch wenn er fünf Jahre lang Namen gelernt hat.«
    Ich hatte mir Kroom wie einen kleinen, sphinxartigen Indianer vorgestellt. Daisy war enttäuscht, daß er sich als Amerikaner entpuppte. Er kam aus New York und hatte den größten Teil seines Erwachsenenlebens in Kalifornien verbracht. Jetzt lebte er die meiste Zeit in Sausalito. Er und Mick wohnten auf einem Hausboot, wenn sie daheim waren.
    Er war ein Riese, mindestens zwei Meter groß, mit einem langen Torso und kurzen Beinen. Die grauen Haare hinter seiner Stirnglatze hatte er zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Um den Hals trug er ein Lederbändchen wie früher die Cowboys in billigen Filmen. Er und Mick wohnten in einem ruhigen Nordlondoner Vorort, der noch nicht saniert worden war. Selbst wenn Kroom sich bückte, füllte er noch die Tür einer kleinen Doppelhaushälfte aus der Vorkriegszeit aus, in der es nach Sandelholz und Schimmel roch. Ich versuchte sein albernes Lächeln zu ignorieren; schließlich war er Psychotherapeut, und deshalb mußte dieses alberne Lächeln einen Sinn haben. Daisy blieb dicht bei mir. Ich spürte, daß sie sich nicht sonderlich wohl fühlte, weil er so groß war.
    Wir setzten uns auf ein Sofa in dem winzigen vorderen Wohnzimmer. Er nahm auf einem Stuhl Platz, schlang die Arme um die Knie, vielleicht, um sich so klein wie wir zu machen. Daisy lächelte ihn an und hob die Hände, als wolle sie sagen: »Tja, da wären wir also.« Kroom, der offenbar sehr von dieser Geste beeindruckt war, schenkte Daisy ein Lächeln, das ihr sagte, daß er sie reizend fand. Ich beschloß, ebenfalls zu lächeln. Er nickte weise. Bis jetzt hatte noch niemand ein Wort gesagt. Schließlich meinte Daisy: »Aha!«
    »Was wollen Sie fragen?« erkundigte sich Kroom.
    Er trug eine dicke Brille. Seine Kurzsichtigkeit war eindeutig auf dem linken Auge schlimmer, das durch das starke Glas zu zyklopischer Größe verzerrt wurde. Ich ertappte mich dabei, wie ich sein linkes Auge anredete.
    »Wie heißen Sie wirklich?« fragte ich.
    Daisy stieß mich in die Rippen. »Das ist der englische Humor«, sagte sie, »machen Sie sich keine Gedanken darüber.«
    »Es gibt keine wirklichen Namen«, antwortete Kroom. Dabei blinzelte sein linkes Auge merkwürdig langsam.
    »Nun«, sagte Daisy, »wir interessieren uns für die Sextherapie. Mick hat uns von Ihnen erzählt.«
    »Mick ist ziemlich fortgeschritten.«
    Die Pupille seines linken Auges weitete sich, wenn er Daisy ansah, und zog sich zusammen, wenn er mich anschaute.
    »Normalerweise arbeite ich bei dieser Form der Therapie nur mit jeweils einem Partner. Das heißt, ich könnte mich eine Stunde lang mit Daisy beschäftigen, und dann könnte ich mich vielleicht morgen James widmen. Manchmal jedoch entscheide ich mich auch für Dyaden.«
    »Dyaden?«
    »Das kommt aus dem Griechischen«, erklärte ich, »und heißt ›zwei‹.«
    »Genau.«
    »Ich glaube, uns wären Dyaden lieber.« Daisy drückte meine Hand.
    »Für die Paartherapie berechnen wir fünfundsiebzig Prozent der doppelten Gebühr, das heißt fünfzehn Pfund die Stunde.«
    Dann führte er uns nach oben in einen großen Raum voller Sofas mit Disney-Plüschtieren. Ich hatte das Gefühl, daß die Vorhänge hier nie zurückgezogen wurden.
    »Sex ist ein Spiel aus der Kindheit.«
    Der Geruch von Sandelholz wurde stärker. In der einen Ecke stand ein Plastikeimer, der offenbar dazu diente, Wasser von einem Loch in der Decke aufzufangen. In der Mitte des Raumes waren zwei Holzstühle einander gegenüber arrangiert, der eine rot, der andere weiß.
    »Der rote Stuhl ist sozusagen der heiße Stuhl. In dyadischen Sitzungen beobachtet die eine Hälfte der Dyade und hört zu, während die andere auf dem heißen Sitz sitzt. Ich glaube, James sollte es als erster versuchen.«
    Ich setzte mich auf den roten Stuhl, Kroom auf den weißen. Daisy nahm auf einem Sofa Platz und

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