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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Als ich mich erhob, wollte ich protestieren, überlegte es mir aber anders. Sie hatte die Ärmel zurückgerollt und die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Meinst du das ernst?« fragte ich.
    »Darauf kannst du Gift nehmen. Wieso ist so ein großer Unterschied zwischen Cunnilingus und Fellatio?«
    Ich warf einen hastigen Blick in mein Schatzkästlein mit mokanten Antworten, brachte aber das, was ich darin fand, nicht zum Einsatz. Ich war in Gönnerlaune. Schließlich lief meine erste Verhandlung im Old Bailey gut.
    »Müssen wir so über die Sache reden, uns quer durchs Zimmer anschreien? Warum können wir nicht heute abend im Bett darüber sprechen, wenn wir uns lieben? Das ist so … ich weiß nicht, so steril.«
    Daisy nickte. »Ich wollte dich bloß auf einen von deinen Komplexen aufmerksam machen. Wahrscheinlich ist das ein Samsara aus einem früheren Leben.«
    »Ein was?«
    »Egal. Würdest du mir jetzt bitte meine Frage beantworten?«
    »Daisy, warum fängst du damit an? Wir haben den besten Sex von allen Leuten, die ich kenne. Wir sind beide ganz scharf drauf. Nicht mal, wenn wir uns streiten, leidet der Sex darunter. Und jetzt kommst du damit. Glaubst du denn, daß du mich durch lange Vorträge dazu bringst, deine Möse zu lecken?«
    »Vorträge! Und das sagt der Vortragskönig von Nordlondon. Ich versuche, dir ein persönliches Bedürfnis zu vermitteln, und du wirfst mir vor, daß ich dir Vorträge halte. Hörst du jetzt endlich zu spülen auf? «
    »Ja, ja, ich hör’ ja schon auf.« Ich zog die Handschuhe aus, warf sie auf das Trockenbrett und sah sie an. Es war sowieso besser, wenn die Tasse einweichte. »Ich kann’s nur nicht fassen, daß du dich über unseren Sex beklagst.«
    »Doch, das tue ich. Es wird allmählich Zeit, daß du merkst, wie selbstgefällig du wirst.«
    »Selbstgefällig? Bloß weil ich das nicht mag?«
    »Ah!«
    »Ich meine, ich hab’s schon mal gemocht, wahrscheinlich werde ich es auch wieder mögen.« Warum wurde ich rot? »Aber das ist eine sehr intime Angelegenheit, soviel hängt davon ab, wie …«
    »Wie was?«
    Ich zögerte. Wir sprachen über fast alle Aspekte des Geschlechtsverkehrs, nur nicht über diesen. Er war tief verborgen im hintersten Gewölbe der Libido, sorgfältig geschützt vor verbalen Angriffen.
    »Ich kann einfach nicht drüber reden.«
    »Dann hast du also doch ein Problem damit.«
    »Daisy, das ist unheimlich destruktiv, warum läßt du es zu, daß die das mit uns machen?«
    »Wer? Wovon redest du?«
    »Von Mick. Von der Frauengruppe.«
    »Soll das vielleicht heißen, daß ich nicht für mich allein denken kann?«
    Ich setzte mich verwirrt aufs Bett, während sie in ihrer aggressiven Haltung verharrte. Draußen war es schön, einer der ersten Frühlingstage. An solchen Frühlingstagen, wenn mein Vater nicht arbeiten mußte, machte er früher immer mit meiner Mutter einen Spaziergang am Kanal, pflückte Gänseblümchen für sie und bat sie, ihm Tennyson vorzutragen, während er hingerissen lauschte. Sie hielten Händchen dabei, ließen aber sofort los, wenn sie jemanden kommen sahen.
    Schließlich flog ein Kissen in meine Richtung. Und noch eins. Ich bewegte mich auch nicht, als mich ein drittes am Kopf traf.
    Daisy stellt sich neben das Bett und vergrub die Hand in meinen Haaren.
    »Der arme Jimmy, die Diskussion ist ihm peinlich.«
    »Du kannst mich mal.«
    »Na, na. Aber mach dir nichts draus, das gehört mit zum Lernprozeß.«
    »Aufgeblasenes Miststück.«
    »Das sagst du immer zu mir.«
    Ich hob den Blick. Sie hatte recht.
    Sie kroch übers Bett und legte sich hinter mich, den Rücken zur Wand. Dann fing sie an, mich mit den Zehen zu kitzeln.
    »Jimmy.«
    »Was?«
    »Laß uns in die Sextherapie gehen.«
    »Meinst du wirklich, wir haben das nötig?«
    »Das machen die Leute, wenn es Blockaden gibt. Du hast diesen englischen Komplex mit deiner Intimsphäre. Das ist manchmal ziemlich frustrierend für mich. Tut schließlich nicht weh. Das ist nicht wie beim Zahnarzt.«
    »Doch. Für mich schon.«
     
    Auf der Fahrt von Belsize Park zu Micks Wohnung tröstete mich Daisy und gab sogar zu, daß sie überlegte, ob die Sache wirklich eine so gute Idee war. Mir war übel. Wurden Probleme wirklich gelöst, wenn man mit Fremden über das eigene Sexualverhalten redete? Wo sollte das enden? Waren Tabus grundsätzlich falsch? Verbesserte ein Gefühl der Unantastbarkeit nicht eine Beziehung? Konnte überhaupt irgend jemand Mick lieben, deren Vagina offenbar

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