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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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gefällt’s Ihnen?« fragte er und sah Eleanor an, als finde er diese Frage unheimlich witzig. »Schaut James Knight nicht aus wie der große Partykönig?« fragte er. Eleanor gab sich größte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Plötzlich fühlte ich mich verloren, wie umgeben von Fremden, die meinen Bekannten lediglich ähnelten.
    »O ja, ich liebe Partys«, antwortete ich, unsicher, ob ich ironisch klingen wollte oder nicht. Am Ende hörte es sich nur höflich an. Hogg und Eleanor lachten, und Eleanor legte mir den Arm um die Schultern.
    »Armer James! Es gibt Bereiche des menschlichen Daseins, von denen er einfach keine Ahnung hat.« Ihre Stimme klang halb boshaft, halb freundlich.
    Irgendwie fühlte ich mich komisch, und plötzlich wurde mir voller Panik klar, daß etwas im Wein gewesen war. Ich wollte die beiden gerade fragen, ob sie auch diesen Eindruck hatten, als wir das ohrenbetäubende Geräusch einer elektrischen Gitarre hörten. Der Bühnenvorhang ging auf, und dahinter kamen Thirst und Chaz in den gestreiften Sträflingsanzügen zum Vorschein, die Gefangene angeblich in Alcatraz tragen. Ein fluoreszierendes Schild stellte sie als Gruppe mit dem Namen »Der Untergrund« vor. Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen, dann lachten die Leute. Eleanor sagte: »Genial!«, und Hogg starrte Thirst mit offenem Mund an, der das Pyjamaoberteil so zugeschnitten hatte, daß man seine Tätowierungen sah.
    »Mein Gott, er ist wunderschön«, sagte Hogg.
    »Guten Abend allerseits«, sagte Thirst ins Mikrofon. Seine Stimme, die durch das billige Gerät verzerrt wurde, hatte etwas Befehlendes, Metallisches, Unmenschliches an sich, das mir bis dahin noch nie aufgefallen war.
    »Ich hoffe, euch gefällt der Sträflingsball. Wir wollen jetzt ein paar kleine Nummern für euch spielen. Doch bevor wir das machen, möchte ich euch mitteilen, daß die Einrichtung, die in diesem Land hauptsächlich für die Durchsetzung der Gesetze zuständig ist, heute abend hier in ihrer wohlwollendsten Form vertreten ist. Mit anderen Worten: Der Kerl ist korrupt bis ins Mark.«
    Ich sah hinüber zu dem Polizisten und stellte überrascht fest, daß er süffisant grinste. Jemand johlte.
    »Yeah, ein Hoch auf unseren korrupten Bullen«, sagte Thirst. Es folgten ein paar Hurrarufe. Ich versuchte, ein Gesicht zu entdecken, das genauso schockiert wirkte wie meines. Aber alle anderen schienen das nur amüsant zu finden.
    Sie spielten ein paar Songs – Thirst sang, nicht sonderlich gut übrigens; Chaz zupfte an einer riesigen Gitarre herum, die ihn wie einen Zwerg erscheinen ließ –, und dann kamen die beiden von der Bühne herunter und mischten sich unter die Gäste. Chaz fummelte ein bißchen an der Elektronik herum, dann hörten wir Rockmusik vom Band. Irgend jemand schaltete ultraviolettes, stroboskopisches Licht ein, das den restlichen Abend die Weiß- und Blautöne in der Kleidung der Leute heraushob. Hogg trug eine weiße Hose, die so eng war, daß das Licht seinen Schritt jedesmal betonte, wenn es darauf fiel.
    Thirst, auf dessen Pyjama »Gefangener Nr. 666« stand, schritt durch den Raum wie ein huldvoller König. Er sah aus wie ein Mann, der die Welt endlich nach seinen Vorstellungen geformt hatte – es schien so, als wollten alle Anwesenden seine Freunde sein. Mittlerweile war ich fest davon überzeugt, daß etwas in dem Wein gewesen war, wahrscheinlich LSD oder etwas Ähnliches.
    Als er sich der Gruppe Daisys anschloß, zuckte ich zusammen, denn Daisy legte ihm die Arme um den Hals und küßte ihn auf den Mund.
    »Du bist toll«, glaubte ich sie sagen zu hören.
    Auch der Polizist umarmte ihn wie ein unterwürfiger Höfling, dessen Huldigung Thirst mit Herablassung entgegennahm. Um den Ekel zu bekämpfen, den ich verspürte, ging ich wieder zu der kleinen Bar zurück, um mir noch einen Wein zu holen – er wurde, das fiel mir jetzt auf, aus einer Wanne geschöpft und nicht aus Flaschen ausgeschenkt. In einem Anfall von Selbstzerstörungswut trank ich den Becher aus und stellte mich neben die Tür, von wo aus ich Thirst beobachtete.
    Ich hörte Leute sagen »Mir ist irgendwie komisch«, andere jedoch schienen den Wein überhaupt nicht zu spüren. Zu meiner Verärgerung kam die Gruppe um Daisy in meine Richtung. Ihre Mitglieder, die nicht sonderlich viel getrunken hatten, wirkten völlig normal, was heißt, daß ihr Verhalten typisch für Marihuanaraucher war. Irgend jemand machte einen Witz, den ich nicht komisch fand.

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