Eine private Affaere
du bist so eine bedeutende Persönlichkeit geworden – alle kennen dich.« Während sie redete, suchte sie mit den Augen den Raum ab.
Ich spürte ihre innere Unruhe und wehrte mich insgeheim dagegen, von ihr nur als Last betrachtet zu werden. Ich schrieb das ihrer amerikanischen Herkunft zu. Für sie war eine Party, egal welche, ein großes Ereignis, so etwas wie ein Urlaub, auf den man sein ganzes Leben lang wartet. Bei solchen Gelegenheiten riß sie sich immer gewaltig zusammen, wie ein kleines Mädchen, das allen gefallen will. Es fiel mir schwer, ihr zu erklären, daß solche Feste meiner Meinung nach zu einem riesigen Energieverlust führten. Man gelangte dabei zu keinerlei Beschlüssen, keine Probleme wurden gelöst, man verdiente kein Geld. Dafür wachte man am nächsten Morgen mit einem Kater und Schuldgefühlen auf, weil man wieder einmal seine Gesundheit völlig unnötigerweise geschädigt hatte. Ich wußte, wenn ich ihr das sagte, bestätigte ich nur ihre schlimmsten Befürchtungen – daß ich vor der Zeit ein komischer alter Kauz werden könnte. Ich sah mich, besorgt über die harte Arbeit, die es kosten würde, genügend Gesprächspartner zu finden, in dem düsteren Raum um. Daisy, das wußte ich, würde nicht vor Mitternacht gehen wollen.
»Daisy, würd’s dir viel ausmachen, wenn ich früher gehe, falls ich mich schrecklich langweilen sollte?«
»Ja.«
»Aber du brauchst mich doch nicht. Ich verderb’ dir das Fest bloß.«
»Aber ich bin mit dir da, kapiert?«
Um dem negativen Urteil zuvorzukommen, das sie sich sonst von mir bilden würde, ermutigte ich sie, sich einer Gruppe junger Leute anzuschließen, die sich einen Joint teilten. Wie üblich wollte sie nicht von meiner Seite weichen. Doch als der unverkennbare Geruch ihrer Lieblingsdroge herüberwehte, überließ sie mich meinem Schicksal.
Ich sah, wie sie zu einem der jungen Männer etwas Nettes und Einnehmendes sagte, um akzeptiert zu werden und auch einmal an dem Joint ziehen zu dürfen. Sie rauchte ihn gekonnt zwischen gewölbten Händen. Nicht zum erstenmal fand ich ihre Art, Gras zu rauchen, irgendwie obszön.
Der junge Mann, den sie angesprochen hatte, beobachtete sie wohlwollend.
»Nicht schlecht«, sagte Daisy. »Schmeckt nach Schwarzem Afghanen.«
»Genau richtig.«
»Jahrgang einundsiebzig, Südhang.« Sie grinste. Ich sah, wie seine Augen aufleuchteten.
Ich tröstete mich mit ein paar Bechern Rotwein, bevor ich meiner Neugierde nachgab und zu Hogg hinüberging, der sich in einer Ecke mit Eleanor unterhielt. Der Raum wurde immer voller. Ich bahnte mir einen Weg zwischen zwei Männern hindurch, die mit dem Rücken zueinander standen, und spürte ihre festen Muskeln. Beide Männer drehten sich nach mir um. »Soso, dann hat er also fünf erwischt in Dartmoor«, sagte einer von ihnen zu seiner Gruppe.
»Die Tories sind alle Faschisten«, sagte eine junge Frau mit Jeans und Pullover zu der nächsten Gruppe, an der ich vorbei mußte. »Es überrascht mich wirklich, daß die Leute das nicht sehen – warum wählt die eigentlich jemand? Das kapier’ ich wirklich nicht.«
»Die Leute lassen sich täuschen.«
»Das ist eine Verschwörung. Meinst du nicht auch, daß der CIA dahintersteckt?«
»Bestimmt. Schließlich kontrolliert der doch die Medien, oder?«
Als ich an Daisys Gruppe vorbeikam, sah ich, daß der Polizist sich ihr ebenfalls angeschlossen hatte und gerade an dem Joint zog. Als er meinem Blick begegnete, zwinkerte er mir zu, was ein merkwürdiges Gefühl in mir auslöste. Ich war mir sicher, daß Daisy mich beobachtete.
»Da geht Gott«, sagte der Polizist, als ich sie passierte. Einige aus der Gruppe drehten sich nach mir um.
»Könnte man so sagen«, meinte Daisy.
Endlich war ich nahe genug an Eleanor und Hogg herangekommen, um ihnen zuwinken zu können. Er hob die Faust über die Köpfe der anderen Anwesenden, um mich zu begrüßen. Sie hatte gesagt, er habe einen Nervenzusammenbruch gehabt, doch als ich ihn so sah, hatte ich eher das Gefühl, er hatte endlich zu sich selbst gefunden. Seine Haare waren kurz geschnitten, so wie viele Schwule sie trugen, und er hatte einen goldenen Ring im Ohr. Jetzt wirkte dieser Mann mit dem Körper eines Ringers nicht mehr verlegen, sondern stolz.
Eleanor und Hogg hörten auf zu reden, als ich herankam, und beobachteten mich, ohne zu lächeln. Eleanor trug eine enge Jeans, die ihren Bauch betonte, und kicherte über etwas, das Hogg vermutlich gesagt hatte.
»Na,
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