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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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wirkte. Sein Gesicht war völlig verklärt. Ich wollte nicht wissen, was er anstarrte, konnte aber nichts dagegen tun, daß mein Blick dem seinen folgte.
    »Sieh an«, murmelte er, offenbar in religiöser Verzückung, »der König und die Königin.«
    Schließlich sah ich Thirst und Daisy Hand in Hand auf uns zukommen. Ja, sie waren in der Tat ein schönes Paar. Hoggs Verzückung erwies sich als höchst aufreizend. Bevor sie uns erreichten, ließ ich Hogg einfach stehen, denn ich wußte, daß ich sonst etwas Schreckliches tun oder sagen würde. Ich bekam noch den besorgten, enttäuschten Blick Daisys mit, als ich ans andere Ende des Zimmers hastete und dabei immer wieder wie ein verängstigtes Tier gegen Leute rannte.
    Eleanor stand mit einem Styroporbecher neben der Bühne und starrte in die Luft. Sie blinzelte, als sie mich sah, und lächelte albern.
    »Hallo, James Knight«, sagte sie langsam, wie in einem Traum. Doch dann streckte sie die Hand aus und hielt mich am Arm fest. »Er hat uns vergiftet, stimmt’s? Dieser dreckige kleine Ganove.«
    Ihre Worte erreichten mich in der falschen Reihenfolge, so daß ich sie erst mühevoll sortieren mußte. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf das Wort »vergiftet«.
    »Vergiftet? Ja, ich glaube, das hat er.«
    »LSD, stimmt’s? Warum hat er das gemacht?«
    Ich suchte nach einer Antwort, dann strahlte ich. »Er hat’s satt, ein Sklave in unserem Reich zu sein – er glaubt, es ist an der Zeit, daß wir Sklaven in seinem werden.«
    Sie lächelte verträumt. »Sie verstehen ihn so viel besser als wir anderen.«
    »Ja.«
    »Anscheinend ist er heute abend mit Daisy zusammen, oder?«
    »Ja.«
    Wieder starrte sie in die Luft.
    »Trotzdem, es ist eine bemerkenswerte Erfahrung. Wissen Sie, vor ein paar Minuten hab’ ich an meinen Sohn Michael denken müssen und an die Nacht, in der er gestorben ist. Wahrscheinlich kann nur eine Mutter ihrem Sohn so in den Tod folgen. Nur eine Mutter liebt so sehr.«
    Mir kam in den Sinn, daß auch Worte Erfahrungen waren und daß wir durch den Gebrauch des Wortes »Tod« die entsprechende Erfahrung heraufbeschworen. Ich hielt mich an ihrem Arm fest und begann vor Angst zu zittern.
    Sie bemerkte es gar nicht. Große Tränen traten ihr in die Augen und liefen über ihre Wangen.
    »Der verfluchte Thirst. Daß er uns das angetan hat. Für wen hält er sich eigentlich?«
    »Eleanor, ich glaube, ich sterbe.«
    »Entschuldigen Sie mich bitte. Ich glaube nicht, daß ich Ihre Gegenwart jetzt ertragen kann.« Sie ließ mich einfach stehen. Ich spürte den Grund für ihre plötzliche Flucht eher als daß ich ihn wahrnahm, ich kam mir vor wie ein Tier, das man in die Enge getrieben hatte.
    »Wir wollten bloß sehen, ob alles in Ordnung ist«, sagte Daisy.
    Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als daß sie wieder ginge. Ich sah, daß sie noch immer Händchen hielten wie ein Liebespaar, und zitterte noch stärker. Sie schienen sich Sorgen über mein Wohlbefinden zu machen – das war mit Sicherheit ein Trick.
    »Du hast LSD in den Wein getan«, sagte ich. Ich war völlig erschöpft, nachdem ich diesen einfachen Satz ausgesprochen hatte. Ich kam mir vor wie ein kleiner, gebeugter alter Mann, der Gift und Galle spuckte. »Warum?« fragte ich ihn.
    »Ich habe alle Anwesenden sorgfältig ausgewählt«, antwortete er. »Wir wollen sehen, wer ihr wirklich seid. Ich möchte, daß ihr wißt, wie’s mit eurer Selbstbeherrschung aussieht, wenn eure Strukturen flötengehen.«
    Ich starrte ihn an und zitterte weiter.
    Ein Wort, das schon eine ganze Weile, vielleicht sogar schon immer, herausgewollt hatte, bahnte sich seinen Weg in mein Bewußtsein: Schizophrenie. Plötzlich war ich felsenfest davon überzeugt, unter dieser Krankheit zu leiden. Vielleicht war ich deshalb Daisys nicht würdig. Ich war eine Ratte, die über einen Boden voller Menschen huschte und diesen gottgleichen Wesen Ekelschreie entlockte.
     
    Die Überreste der Party lagen auf der ganzen Decke verstreut. Dann drehte sich die Decke um und wurde zum Boden. Ich nahm den Geruch von Erbrochenem wahr, wahrscheinlich von meinem eigenen. Die Droge hatte mir die Orientierung geraubt, doch mein Geist schien glasklar zu sein. Was für einen schrecklichen Schaden hatte ich meinem Körper zugefügt? Ich stellte fest, daß ich mit dem Kopf an der Wand lag. Um mir zu beweisen, daß ich noch am Leben war, stöhnte ich auf.
    »Jimmy?«
    Daisys Stimme trieb über den Boden des Raumes zu mir herüber und prallte von

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