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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Abwechslung mal fröhlich und entspannt war. Doch es würde nicht lange anhalten. Nicht bei dem, was sie einander zu sagen hatten.
    Er holte die Orangen aus den Taschen und warf ihr eine zu. Sie fing sie gekonnt auf, versenkte den Daumennagel in der Schale und fing an, sie zu schälen. Dabei betrachtete sie ihn in ihrer gewohnt ruhigen Art.
    »Weißt du, du kannst das Gleiche, was mein Vater kann. Mit Leuten feilschen. Sie dazu bringen, sich dir und deinem Willen zu beugen. Ich meine, sieh mich an … « Sie hielt beide Hände hoch, die Orange in der einen, die Schale in der anderen, und deutete wortlos auf ihren Schoß, wo die Veilchen lagen. »Ich habe heute noch dreitausendundsechs Dinge zu erledigen und bin schon spät dran. Wieso sitze ich dann noch hier herum und esse Orangen mit dir?«
    »Kein Frühstück gehabt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das liegt einfach an dieser überzeugenden Art, die du an dir hast.«
    Jess war wunderschön, wie sie so dasaß. Er hätte schon aus Stein sein müssen, wie dieser Löwe hinter ihr, um nicht von ihr erregt zu werden. Sie hatte so viel Freude daran, diese Orange zu essen. Dann nahm sie eines der Veilchen und betrachtete es eingehend. Er konnte sehen, wie sie all die bunten Streifen und länglichen Punkte begutachtete. Wären sie jetzt mitten auf irgendeiner Wiese gewesen und hätten alle Zeit der Welt besessen, hätte sie es ihm beschrieben, als wäre es das erste Mal in der Geschichte, dass jemandem das Aussehen von Veilchen auffiel. Dann hätte er ihr gezeigt, dass es in ihrem Körper noch ebenso viele Dinge zu entdecken gab wie im Herzen jeder beliebigen Blume.
    »Erzähl mir, warum du zu Lazarus gegangen bist.«
    Ihr Frohsinn verschwand wie eine Blüte, die sich schloss, und ihr Mund nahm einen störrischen Zug an. Sie war wunderschön, wenn sie vollkommen entspannt Blumen betrachtete und dabei lächelte. Aber auch so gefiel sie ihm … stur.
    »Worum hast du Lazarus gebeten? Du hast diesen gefährlichen Weg auf dich genommen und dabei deinen Hals riskiert. Wofür?«
    Sie wollte es nicht sagen. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Segeltermine. Lazarus notiert sie in einem Buch. Jede einzelne Schutzgeldzahlung wird eingetragen. Es ist alles darin enthalten: Namen, Schiffe, Termine.«
    Jedes Schiff, groß oder klein, zahlte eine Schutzgebühr an Lazarus – von den Schonern, die im Hafenbecken von London ankerten, bis zu den Kohlekähnen in Stepney. »Er führt Buch?«
    »Natürlich. Sonst würde man ihn gnadenlos über den Tisch ziehen. Niemand ist doch mehr ehrlich.« Darüber dachte sie nach. »Was nicht heißen soll, dass er so ordentlich mit ihnen umgeht, als wären es Geschäftsbücher. Alle paar Monate wirft er sie einfach in ein Hinterzimmer. Einige gehen auch verloren. Aber seine Aufzeichnungen reichen Jahre zurück.«
    Und das war das letzte fehlende Stück. Lazarus führte eine Liste wie sonst niemand, mit allen Schiffen Londons. Erstaunlich. Deshalb also war sie in dieses Loch zurückmarschiert und hatte mit diesem Monster verhandelt. »Gib Lazarus Bescheid. Sag ihm, er soll sie morgen zur Admiralität schicken. Dann findest du ganz sicher heraus, ob ich Cinq bin.«
    »Höchstwahrscheinlich.« Als sie ihn ansah, schienen ihre Augen golden und erinnerten ihn an alte Münzen.
    »Ich wünschte, du hättest mir schon heute geglaubt.«
    »Das ist doch das Dilemma. Ich glaube dir ja.« Ein paar Straßen entfernt wiederholte ein Orgelspieler endlos eine kurze, disharmonische Melodie. Jess schaute weg und zupfte an ihrem Kleid. »Ich habe das Gefühl, Papa zu betrügen, wenn ich dir so viel Vertrauen schenke.« Ihr Schoß war immer noch voller Blumen, aber es machte den Eindruck, als wollte sie sie nicht mehr. Sie fing an, sie eine nach der anderen in den Fluss fallen zu lassen. »Morgen werde ich es wissen, nicht wahr?«
    Sie saßen da und beobachteten schweigend den Fluss, ohne ein Wort zu sagen. Drei Kähne zogen vorbei. Ein zaghafter, launischer Südwestwind wehte herüber, und die Flut setzte gerade erst wieder ein. Weiter flussabwärts in der Nähe des Towers lichtete eine Brigg den Anker und ließ sich von der Flut aufnehmen. Sie hatten das Focksegel fallen lassen, um genügend Wind zum Manövrieren einzufangen. Die Brigg war zu weit weg, um den Namen ohne Fernglas entziffern zu können.
    Jess beendete das Schweigen. »Lazarus hätte schon einen Weg gefunden, um mich zu behalten, wärst du nicht aufgetaucht. Nur allzu gern würde ich davon ausgehen,

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