Eine riskante Affäre (German Edition)
kümmerte. Jemand sollte mal mit Sebastian darüber reden.
»Interessant dürfte ein Blick in seine Bücher allemal werden. Seine Gewinne sind recht ordentlich.«
Die Tasche auf ihrem Rücken zappelte und hörte zu.
»Ich könnte ihn entlasten. Ich kenne vier der geheimen Segeltermine vom Kriegsministerium. Lässt er bis zu denen keine Schiffe aus London auslaufen, ist er sauber. Cinq bringt seine Geheimnisse genauso schnell nach Frankreich, wie er sie aus Whitehall mitgehen lässt.«
Eaton besaß ein steiles Schieferdach. Nichts war rutschiger als alter Schiefer. Und sie konnte unmöglich eine Sicherheitsleine anbringen. Überall waren nur brüchige Steine und Mörtel, der wie Käse bröckelte. Es war wirklich eine Schande, wie stark die Leute ihre Schornsteine vernachlässigten.
Zwei Meter. Als Kind hatte sie weitere Sprünge geschafft. Natürlich hatte sie damals einen Helfer gehabt, der das Seil hielt. Diese Sache im Alleingang zu erledigen war schwieriger. Das letzte Mal – bei dem sie abgestürzt war – war sie alleine unterwegs und auf dem Heimweg von einem krummen Ding gewesen.
Sie wollte nicht daran denken.
»Das Problem ist, dass der Kapitän einen ganzen Haufen Schiffe besitzt. Irgendein Kennett-Schiff befindet sich immer auf der Themse. Wird nicht einfach werden.«
Er wird mich nicht einsperren. Der britische Geheimdienst hat seine Spielchen mit mir noch nicht beendet.
Der Kapitän hielt den Abschaum der Hafengegend für gefährlich. Wollte er etwa, dass sie es mit Colonel Reams zu tun bekäme? Genau das wäre nämlich die Alternative. Reams schwänzelte in ihrem Büro um sie herum, versprach, Papa zu helfen und ihr die Aufstellung der Segeltermine zu geben, die der Geheimdienst aus dem Kriegsministerium geschafft hatte. Wenn sie ihn heiratete.
»Mit Reams werde ich schon fertig«, erzählte sie Kedger. »Auf jeden Fall habe ich einen Plan.« Doch er war riskant. Und Risiken ging sie nicht gern ein.
Reams war ein Gänseblümchen im Vergleich zu dem, womit sie es danach zu tun bekäme. »Ist stets eine Herausforderung, stimmt’s?«
Was für ein schöner Tag für einen Einbruch! Der Himmel war blau und enthielt Wolken, die sich in einiger Entfernung im Westen türmten und nur aufgehalten wirkten. Sie konnte ein Stück von der Themse erkennen, golden und glänzend wie ein Spiegel. Fenster, die auf der Südseite lagen, warfen strahlende Lichtquadrate zur Sonne zurück.
Jeder glaubte, dass Einbrüche immer nachts geschähen, was in den meisten Fällen natürlich auch der Fall war. Doch am Tage sind die Leute besonders unvorsichtig. Dann schließen sie nichts ab und machen es Dieben leicht.
»Zeit loszulegen. Die Wolken da hinten werden nicht ewig zögern.«
Die schwarze Tasche unter ihrem Arm zappelte erneut. Kedgers Nase spähte hervor. Ein Frettchen bei der Arbeit, beim Aufnehmen der Witterung. Wenn auch lautlos. Er wusste, dass er leise sein musste, wenn sie einen Job zu erledigen hatte.
»Wenn Kennett Cinq ist, wird das Geld irgendwo in den Büchern auftauchen.« Sie kratzte Kedger am Kopf. »Wo ich es finden werde. Was Abrechnungsbetrug angeht, bin ich eine Kapazität in England.«
Stimmt. Kedger nickte.
»Ich glaube nicht, dass er Cinq ist. Wenn er es wäre, würde ich mich anders fühlen.«
Sie streckte sich, um die Muskeln zu lockern. Das reichte aus, um einen Haufen Spatzen aufzuscheuchen. Die Laibungen und Geländer waren immer voller Spatzen, die vor und zurück hüpften und grundlos die Plätze tauschten. Das Dutzend, das sie hochgejagt hatte, steuerte auf den Fluss zu. Noch weiter oben am Himmel zog eine andere Vogelart kreischend ihre Runden. Schwalben? Vielleicht waren es Schwalben.
Um was für Vögel auch immer es sich handelte, diese fünf hier schwebten frei in der Luft, tanzten im Wind und zeigten ihre Flugkünste. Ihr Anblick war atemberaubend schön.
Es war schon etliche Jahre her, dass sie so einen Sprung gewagt hatte. »Ich schaffe das. So was habe ich doch immer gemacht.«
Ein Quieken aus der Tasche an ihrer Seite. Kedger stimmte zu. Er war kein Schleimer, sondern meinte es ehrlich.
Sie hätte mehr Zeit damit verbringen sollen, Vögel zu beobachten. Vögel, fröhliche, kleine Scheißerchen. Hatten einfach Spaß am Fliegen. Liebten es.
Jess zählte ihren Anlauf ab. Vier Schritte. Links, rechts, links, rechts. Eigentlich ganz leicht. Dann stieß sie mit dem Fuß ein altes Taubennest weg und sah zu, wie es hinabfiel und sich dabei mehrmals überschlug. Ein weiter
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