Eine Rose fuer Captain Sparhawk
Verlegenheit, sondern wegen der Lüge, die sie ihm aufgetischt hatte. „Das ist nur der erste Schritt, wissen Sie. Ich muss immer noch eine Überfahrt von Charles Town nach St. Lucia finden.“
„Und das werden Sie auch, Miss Everard, wenn Sie es wirklich wollen.“ Er strahlte sie an. „Ich selbst heirate ein liebes, reizendes Mädchen, und ich hoffe, dass meine Annie dasselbe für mich tun würde.“
„Ich bin mir sicher, Mr Hobb“, erwiderte Rose sehnsüchtig und wünschte auf einmal, sie hätte nicht Lord Eliot als Fluchtgrund angegeben. Oh, es hatte schon glaubwürdig gewirkt, als sie es sich ausgedacht hatte, aber das war gewesen, ehe sie Hobb, der seine Zukünftige wirklich vermisste, gebeten hatte, sich für sie und ihren langweiligen, leidenschaftslosen Verlobten in Gefahr zu begeben. Wenn sie hörte, wie er von seiner Annie sprach, schien ihr Vorhaben ihr nur noch schlimmer und noch verlogener. „Sehen Sie doch, was Sie um ihretwillen auf sich nehmen.“
Hobb zuckte die Schultern. „Ach, eine Weile auf Kaperfahrt zu gehen scheint der einzige ehrliche Weg zu sein, den ich habe, um meiner Liebsten die schönen Dinge zu geben, die sie sich wünscht.“ Er machte ein ernstes Gesicht. „Schwören Sie jetzt, dass Sie dafür sorgen werden, dass Ihr Marinekapitän Captain Sparhawk in Ruhe lässt, wie Sie es gesagt haben. Wenn er die Angel Lily erwischt, wird er mich als Verräter und Überläufer aufhängen lassen, und ich will nicht, dass meine Annie trauert und einen Dummkopf aus dem Dorf heiratet.“
„Natürlich wollen Sie das nicht“, sagte Rose bekümmert. „Ich versprach Ihnen doch, dass ich mit meinem … meinem Gemahl sprechen werde, und das werde ich auch tun. Ich schwöre, ich werde mir die allergrößte Mühe geben.“
Rose hatte jedoch keine Vorstellung davon, welchen Einfluss sie auf Lord Eliot haben würde, vor allem, was seine Befehle anging. Wenn sie ihn anflehte, die Amerikaner zu verschonen, diesie entführt hatten, schien ihr das kein sehr gelungener Anfang für ihre Ehe zu sein. Sie wusste, dass sie ihn stattdessen anflehen sollte, die Angel Lily zurückzuerobern, sowohl für ihren Vater als auch für die Ehre ihres Vaterlandes, doch der Gedanke, dass Hobb und die anderen ihretwegen hängen würden, verursachte ihr Übelkeit.
Und was Captain Sparhawk anging, den wilden Yankee, der zweiundzwanzig englische Schiffe gekapert und ihr die Leidenschaft gezeigt hatte mit einem einzigen Kuss, sie würde zugrunde gehen vor Schuldgefühlen, wenn er gehängt würde.
Hobb, der von ihren Zweifeln nichts ahnte, nickte zufrieden. „Sie sind eine tapfere Lady, Miss Everard. Sie werden diesem Mann viel Glück bringen. Aber jetzt kommen Sie, wir müssen zu den anderen an Deck gehen, ehe es im Boot zu voll wird.“
Rose folgte Hobb mit gesenktem Kopf in den Gang hinaus. Sie trug Johnnys Kleidung, hatte sich Hände und Gesicht mit Schmutz eingerieben, das Haar unter die Mütze geschoben und hoffte, dass in der Dämmerung niemand sie erkannte. Die Sachen des Jungen fühlte sich fremdartig an. Hemd und Mantel erschienen ihr zu weit, während die Hose, die eng an ihren Hüften und Beinen saß, ihr schamlos erschien. Unterhalb der Knie trug sie grob gestrickte Strümpfe und feste Schuhe, die von Lederbändern anstatt von Schnallen gehalten wurden. An den Spitzen hatte sie sie mit Taschentüchern ausstopfen müssen, sodass ihr Gang steif und unbeholfen wirkte.
Zu ihrem unbehaglichen Gefühl trug noch das Gewicht des Mantels bei, denn sie hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht, das Futter herauszutrennen und so viele Goldguineas aus ihrer Mitgift eingenäht, wie sie nur konnte.
Aber sie trug nicht nur die Guineas bei sich. Um den Hals und unter dem rauen Gingangewebe, aus dem ihr Hemd gemacht war, trug sie die Perlen und das Saphirhalsband ihrer Mutter, und an jedem Handgelenk, verborgen unter den Manschetten des Hemdes, die dazu passenden Armbänder und außerdem noch zwei weitere mit Perlen und eines mit Opalen. Und von einem doppelt verknoteten Band hing um ihren Hals der Verlobungsring bis zwischen ihre Brüste hinunter.
Nach so vielen Tagen in der Kabine hätte Rose beinahe laut aufgeseufzt vor Vergnügen, als der Seewind ihr ins Gesicht blies und ihr der Geruch des Salzwassers in die Nase stieg. Der Mond schien auf das Deck wie in jener ersten Nacht, als Nick seine Arme um sie gelegt hatte und sie so deutlich Lilys Gegenwart gespürt hatte. Die Erinnerung daran war so lebhaft und klar,
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