Eine Rose fuer Captain Sparhawk
Sein weites Hemd war am Hals offen, die Ärmel hatte er hochgeschoben, die gemusterte Weste nicht zugeknöpft, sodass sie im Wind flatterte, seine Miene verriet Verwegenheit und Zuversicht, sein breitschultriger Körper strahlte Kraft aus. Rose erschauerte, während sie ihn betrachtete, und sehnte sich danach, mit ihm das gefährliche Abenteuer zu teilen.
„Natürlich bin ich hinter ihnen her“, sagte er, sichtlich erheitert, dass sie diese Frage überhaupt gestellt hatte. „Das ist, wie du weißt, der einzige Grund, warum ich überhaupt hier bin: Um britischen Schiffe anzugreifen und zu kapern. Diesen Auftrag habe ich vom Kongress. Außerdem will ich Cassie nicht im Stich lassen.“
Ein Hauch von Eifersucht erfasste Rose. Bei Cassies Beschäftigung vermutete Rose, dass Nick mit Cassie nicht nur befreundet war, und Rose, die nun etwas besser Bescheid wusste als noch vor kurzer Zeit, versuchte, sich nicht zu viele Einzelheiten vorzustellen. Schließlich mochte Cassie ihm zwar von dem Handelsschiff erzählt haben, doch sie war diejenige, die er auf die Kaperfahrt mitnahm.
Aber Rose sehnte sich danach, noch einmal von ihm geküsst zu werden. Jetzt, hier, vor der gesamten Mannschaft, die damit beschäftigt war, die Angel Lily aus der Bucht in tiefere Gewässer zu bringen. Es würde ihr nichts ausmachen.
Oh, er war sehr charmant gewesen, seit sie auf das Schiff zurückgekehrt waren. Aber sie hoffte auf etwas mehr, nach allem, was sie gesagt und getan hatten in jenem Salon. Es hatte ihm doch gewiss etwas bedeutet, oder etwa nicht? Sie lächelte vor sich hin, als sie daran dachte, wie zärtlich er sie in seinen Armen gehalten und geküsst hatte.
Sie mochte unerfahren sein, aber sie hielt sich weder für dumm noch für vertrauensselig. Sie war niemals so wechselhaft und impulsiv wie Lily gewesen, die sich oft verliebt hatte.
„Wenn es stimmt, was Cassie gesagt hat“, bemerkte er unvermittelt, „kreuzen wir den Weg dieses Toryschiffes bei Sonnenaufgang. Das ist der Sonne wegen nicht meine bevorzugte Zeit für einen Angriff, aber wenn wir ihn auf der Leeseite erwischen, ersparen wir uns die Mühsal eines langen Kampfes.“
Er seufzte und blickte zu den Segeln hinauf, die sich im Wind blähten. Daraufhin wandte er sich wieder ihr zu und zuckte lässig die Schultern. „Hier stehe ich nun und fasele etwas von Kampf und achte gar nicht auf dich. Du bist selbst eine Tory oder doch wenigstens eine Engländerin, und wahrscheinlich hast du keine Lust, von mir etwas über …“
Doch plötzlich unterbrach er sich und streckte die Hand aus, um ihr über die Wange zu streichen. Sein Gesicht hatte einen so zärtlichen Ausdruck, und Rose hatte ein Gefühl, als müsste ihr Herz vor Zuneigung überfließen.
„Cassie sagte, du hättest etwas Besonderes an dir, und das hast du, Liebste.“ Er ließ die Hand von ihrem Gesicht zu ihrer Schulter gleiten. Gleich darauf zog er Rose eng an sich. Verschwörerisch flüsterte er ihr zu: „Ehe wir diesem Toryschiff begegnen, werde ich dir dasselbe Angebot machen, das ich allen Engländern unterbreite, ehe ich sie gefangen nehme. Schließ dich mir an, und ich verspreche dir denselben Anteil wie allen anderen. Ich werde dich natürlich nicht zum Kampf auffordern, aber wenn du hier bei mir bleiben willst, scheint es mir nur gerecht zu sein, dir einen Teil der Prise anzubieten.“
Sie blickte ihn an und war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. „Du willst, dass ich deinem Land die Treue schwöre, wenn du eines unserer Schiffe angreifst, und dafür bietest du mir einen Anteil an der Beute?“, fragte sie ungläubig. „Ich soll einfach die Seiten wechseln? NickSparhawk, es gab eine Zeit, da hattest du die Befürchtung, den Verstand verloren zu haben, und jetzt weiß ich, dass das stimmt. Welchen vernünftigen Grund solltest du dafür haben?“
Er lächelte boshaft, als er die Hand unter ihre Jacke schob und ihre Taille umfasste. „Weil ich, Liebste, dachte, du wolltest es so“, erwiderte er. Er sprach leise und verführerisch, aber es lag auch ein neckender Unterton in seiner Stimme. „Gott weiß, wie tapfer du bist. Bleib bei mir und beweis es dir selbst. Du wirst niemals eine bessere Gelegenheit finden, um zu erkennen, dass du nicht Papas kleines Püppchen bist.“
Sie zögerte. Sie hatte Nick bereits früher gesagt, wie wenig sie sich selbst noch kannte, aber sie hatte nicht zugegeben, wie sehr sie es genoss, jene andere Rose zu sein, die ihr Korsett ablegte und
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