Eine Rose fuer Captain Sparhawk
die Sachen eines Jungen trug und die bereit war, sich einem Mann hinzugeben, den sie kaum kannte.
Im stillen verhandelte diese andere Rose mit ihrem Gewissen. Wie teuer würde sie für dieses letzte Abenteuer wohl bezahlen müssen? Es war nicht eigentlich ein englisches Schiff, dem sie nachjagten, und außerdem mussten weder ihr Vater noch Lord Eliot jemals davon erfahren. Sie warf einen Blick auf den Degen, den Nick trug, und dachte daran, wie schwer er sich in ihrer Hand angefühlt hatte, und auch daran, wie viel leichter es ihr fiel, sich selbst als wilde Piratenkönigin zu sehen als als Lady Eliot Graham.
„Sag ja, Rose“, drängte Nick. Sie fühlte seinen Atem warm an ihrem Ohr. „Tu es um deinetwillen, und auch für mich.“
Er wusste nicht, warum es ihm so wichtig war, dass sie zustimmte. Jedes Mädchen, dass so weit mit ihm gekommen war, würde die Jagd nach einem Handelsschiff aus Carolina wenig spannend finden, aber er wollte nun einmal, dass Rose bei ihm war. Er wollte, dass sie mit ihm lachte und mit ihm so offen sprach, wie es sonst niemand wagen würde. Seit Jahren hatte er sich nicht mehr so jung und glücklich gefühlt wie in ihrer Gesellschaft. Seine liebe weiße Rose.
Unwillkürlich lächelte er, als sie ihn stirnrunzelnd und unentschlossen ansah. Niemand würde sie jetzt noch für eine Lady halten, und schon gar nicht für das prüde kleine Geschöpf, dass am ersten Tag zeternd auf seinem Deck aufgetaucht war. Wie sie erblüht war, seine hübsche kleine Rose! Er strich mit der Hand über die lockende Rundung ihrer Hüfte, während er daran dachte, wie sie ausgesehen hatte, als sie auf dem scharlachroten Bett gelegen und nichts außer dem Schmuck ihrer Mutter getragen hatte.
Sein Körper reagierte sofort auf diese Vorstellung. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie er Rose jemals für unscheinbar hatte halten können. Wenn diese Jagd vorüber und das Schiff gekapert war, würde er ihr ganz genau zeigen, wie begehrenswert er sie jetzt fand, und diesmal würde nicht einmal Lily ihn aufhalten.
„Ich werde dich erst gehen lassen, nachdem du zugestimmt hast, Rose“, erklärte er und fragte sich, was sie wohl tun würde, wenn er sie hier an Deck vor der gesamten Mannschaft küssen würde. „Sollte dieser Händler so reich sein, wie Cassie behauptet hat, wird nicht einmal dein bösartiger alter Vater es dir verdenken können, wenn du deinen Anteil beanspruchst. Ich bitte dich nur, deinem feinen Lord nichts davon zu erzählen. Ich würde nur ungern erleben, dass man dich wegen Verrats hängt.“
Bei diesen Worten funkelten ihre Augen. „Ich bin noch nicht mit ihm vermählt“, sagte sie und reckte eigensinnig das Kinn. „Und vorher muss ich ihm überhaupt nichts erzählen. Ich werde mit dir kommen, Nick, und ich schwöre dir, dass Lord Eliot keinen einzigen von uns hängen wird.“
„Oh, er müsste uns auch zuerst fangen, Rose“, gab Nick zu bedenken, den ihr Aufbegehren entzückte, „und das werde ich nicht zulassen. Komm her, Gideon, ich habe Neuigkeiten!“
„Was gibt’s, Nick?“, fragte Gideon, als er neben Nick stand.
Rose hatte schon früher bemerkt, dass der Lieutenant zu den wenigen Männern an Bord gehörte, der ihren Anblick in Hosen ohne großes Erstaunen zur Kenntnis nahm. Irgendjemand an Bord hatte erzählt, dass der Captain und sein Lieutenant schon seit ihrer Kindheit befreundet waren, und das erklärte wahrscheinlich Gideons Weltgewandtheit. Nach all den Jahren in Nicks Gesellschaft dürfte es nur noch wenig Überraschendes für ihn geben. Nun stand Gideon bei ihnen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und mit seiner ordentlichen Kleidung war er das genaue Gegenteil von Nick.
„Was ist es diesmal, Nick?“, erkundigte Gideon sich freundlich. „Erzähl mir nicht, dass ihr zwei das Aufgebot bestellen wollt.“
„Nein, nein, viel besser als das“, erklärte Nick. „Miss Everard hat sich bereit erklärt, uns zur Seite zu stehen, zumindest diesen einen Tag lang.“
Gideon seufzte. „Du kannst keine Lady anheuern. Das wäre vermutlich auch gegen deine Order.“
„Seit wann hat das für uns je eine Rolle gespielt?“ Nick machte eine Handbewegung, als wollte er alle Einwände beiseite wischen. „Ich bin der Kapitän, und ich sage, wir nehmen sie. Fraglich ist nur, wie wir sie einstufen sollen.“
Gideon seufzte noch einmal. Dann ließ er seinen Blick langsam über Rose hinweggleiten, so langsam, dass sie verlegen ihren Mantel über der Brust
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