Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
Vom Netzwerk:
eher Grund gehabt zu erröten.
    Sie lief voraus, um in Farrells Zimmer die Decke auf seinem Bett zurückzuschlagen, und der Mann folgte, um seine Last in das weiche Federbett abzuladen. Sie neigte sich über ihren Bruder, um sein Tuch und Hemd zu lockern, und als sie sich aufrichtete, begann ihr Herz zu rasen, denn der Mann stand wieder viel zu nah bei ihr.
    »Ich glaube, Ihrem Bruder würde es ohne Stiefel und Hemd besser gehen.« Er sah auf sie herunter und zeigte wieder diese kräftigen weißen Zähne in einem jähen Lächeln: »Soll ich sie ihm ausziehen?«
    »O bitte, ja, bitte«, erwiderte sie. Ihr Herz wurde warm unter seinem Lächeln und seiner Fürsorge. »Aber er ist gelähmt. Seien Sie vorsichtig mit seinem Arm.«
    Der Mann hielt inne und sah sie überrascht an. »Es tut mir leid. Das habe ich nicht gewußt.«
    »Das muß Sie nicht bekümmern, Sir. Im Grunde war es wohl eher seine Schuld.«
    Seine Brauen hoben sich erstaunt. »Sie sind sehr verständnisvoll, Miß Fleming.«
    Erienne lachte, um ihre Verwirrung zu verbergen. »Mein Bruder ist ganz anderer Meinung.«
    »So ist es mit den meisten Brüdern.« Das Lächeln erschien wieder, als sie zu ihm aufsah; und sein Blick wanderte ruhig über die feinen Gesichtszüge und verhielt schließlich lange auf ihren weichen roten Lippen.
    Eriennes Sinne waren verwirrt; ihr war, als schwebe sie außerhalb von Zeit und Raum. Wie aus weiter Ferne sah sie noch, daß die Iris hinter diesen dunklen Wimpern von einem klaren Grün waren, mit einer Andeutung von hellem Grau um den inneren Rand. Sie erstrahlten von einer Wärme, die die Röte wieder in ihre Wangen trieb und ihr Herz unregelmäßig in ihrem Busen schlagen ließ. Innerlich schalt sie sich, daß sie nicht die Würde und Sicherheit einer hochgeborenen Dame besaß, weswegen sie beiseite trat und sich im Zimmer zu schaffen machte. Derweil kümmerte er sich um ihren Bruder. Da ihm offenbar alles gut von der Hand ging, bot sie ihm ihre Hilfe nicht an. Das Schweigen dauerte lang, wurde schwer, und schließlich raffte sie sich auf, um es zu beenden. Sie versuchte es mit einem schnellen Einwurf:
    »Bis jetzt war der Tag recht erbärmlich.«
    »Ja, ja«, stimmte er mit ähnlichem Einfallsreichtum zu. »Ein recht erbärmlicher Tag.«
    Der tiefe Klang seiner Stimme hallte in ihrer Brust wider, und Erienne gab den Versuch auf, seinen Fehler herauszufinden. Im Vergleich zu dem Gesindel von Bewerbern, die ihr vorgestellt wurden, kam er der Vollkommenheit so nahe, wie es ihre Sinne kaum ertragen konnten.
    Als Farrell bis auf seine Reithosen entkleidet war, kam der Mann vom Bett ihres Bruders auf sie zu; er trug dessen Hemd und Stiefel in den Händen. Sie streckte die Hände aus, um ihm die Sachen abzunehmen, und war beinahe bis ins Herz erschrocken, als seine Finger die ihren wie absichtlich hielten. Ein freudiges Erschrecken durchfuhr sie, das allmählich ihre Nerven in Fetzen zu zerreißen schien. In ihrem Gehirn formte sich der Gedanke, daß sie niemals bei all diesen fummelnden, zärtlichen Liebkosungen ihrer verschiedenen Bewerber einen so innigen Kontakt wie jetzt eben erfahren hatte.
    »Ich fürchte, das Wetter wird bis zum Frühling nicht viel anders werden«, sagte sie hastig. »Hier, im Norden des Landes, müssen wir in dieser Jahreszeit mit viel Regen rechnen.«
    »Eine um so schönere Abwechslung wird dann der Frühling sein«, erwiderte er mit einem leichten Nicken.
    Der Scharfsinn ihrer Konversation vermochte kaum die flinken Gedanken im Innern zu vertuschen. Vor allem die Vorstellung, daß er bald ihr Ehemann sein würde, bewegte Eriennes Gedanken; und die Neugier, aus welchem Umstand ein solcher Mann sie um ihre Hand bitten sollte, wurde immer vordringlicher. Wenn sie an die Auswahl dachte, die ihr Vater ihr in letzter Zeit präsentiert hatte, wäre sie fast glücklich gewesen, wenn Silas Chambers etwas weniger schrecklich ausgesehen hätte und etwas weniger betagt gewesen wäre; aber von all dem war er noch mehr. Es war kaum für möglich zu halten, daß ihre tiefsten, ihre innigsten Hoffnungen von diesem Mann dort erfüllt würden.
    Aus dem kläglichen Versuch heraus, ihre Gefühle zu unterdrücken und eine sichere Entfernung zwischen ihr und jenem Mann aufzubauen, schritt sie durchs Zimmer und sagte beim Aufräumen der Kleider ihres Bruders zu ihm: »Da Sie aus London kommen, müssen Sie dieses nördliche Klima sehr verschieden von dem Ihren finden. Wir haben es jedenfalls sehr stark empfunden, als wir vor

Weitere Kostenlose Bücher