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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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ihre Aufmerksamkeit zu schenken und ihn am Eingang zu begrüßen, so daß sie am Fenster stehen blieb. Nur zu gut erinnerte sie sich an sein Verhalten auf dem Ball, als daß sie in Abwesenheit von Lord Saxton auf seine Gesellschaft besonderen Wert gelegt hätte.
    »Sehen Sie mal, M'am«, Aggie beugte sich vor, während in der Tür der Kutsche ein weiter Rock zum Vorschein kam, »das ist Miß Talbot. Du meine Güte, möchte wiss'n, was die bei uns will.«
    Überraschung und Bestürzung legten sich auf die anmutigen Züge ihrer Herrin. Verlegen strich sie über ihr Kleid. Da sie es für die Arbeit angezogen hatte, war es nicht ihr bestes. Doch es widerstrebte ihr, eines der schönen Kleider anzulegen, die sie von Lord Saxton bekommen hatte, nur um dieser Frau zu imponieren, weil es ihr irgendwie eitel und unpassend vorgekommen wäre.
    Erienne sah sich noch einmal um und fand, daß die Gemütlichkeit des Raumes durch einen Teppich vor dem Kamin gewinnen würde. Als sie die Treppen hinunterging, um die Frau zu begrüßen, wurde ihr klar, daß sie Claudia genauso ungern empfing wie Lord Talbot. Mit keinem der beiden hätte sie enger befreundet sein mögen.
    Claudia wartete in dem großen Saal. Als Erienne eintrat, hatte sie in Lord Saxtons Stuhl am Kamin Platz genommen. Claudia wandte sich um, als Erienne durch den Raum ging, und ihr Gesicht verzog sich zu einem spöttisch-vergnügten Lächeln, als ihr Blick auf das einfache, wollene Kleid ihrer Gastgeberin fiel.
    »Wie gut Ihnen das steht, Erienne«, bemerkte sie. »Ich dachte schon, daß Sie seit Ihrer Hochzeit um mindestens zwanzig Jahre gealtert sein müßten.«
    Mit gespieltem Vergnügen fragte Erienne: »Wie kommen Sie darauf, Claudia?«
    »Na ja, ich habe gehört, daß Lord Saxton beinahe wie ein wildes Tier aussieht und daß es einfach grausig sein muß, ihn ansehen zu müssen.«
    Erienne lächelte nachsichtig. »Sind Sie aus Neugier hierher gekommen?«
    »Meine liebe Erienne, ich bin hier, um Ihnen meine Anteilnahme auszusprechen.«
    »Wie aufmerksam von Ihnen, Claudia«, entgegnete Erienne mit süßer Stimme. »Aber Sie haben sich furchtbar geirrt: Mein Mann ist lebendig wie eh und je.«
    »Arme Erienne«, seufzte Claudia in übertriebener Betroffenheit. »Sie geben sich so viel Mühe, tapfer zu sein.« Mit unverhohlener Neugier beugte sie sich in ihrem Stuhl vor. »Sagen Sie mir, schlägt er Sie? Ist er gemein zu Ihnen?«
    Lachend zerstreute sie diese Gedanken. »Aber Claudia, sehe ich so aus, als ob man mich geschlagen hätte?«
    »Ist er so hässlich, wie man sich das von ihm erzählt?«
    »Darauf kann ich keine Antwort geben«, erwiderte Erienne mit einem Achselzucken. Aggie hatte den Tee gebracht, und sie wies zwanglos auf den neben ihr stehenden Tisch.
    Claudia zeigte sich erstaunt. »Um Gottes willen, Erienne, warum denn nicht?«
    »Weil ich das Gesicht meines Mannes noch nie gesehen habe.« Die Antwort kam mit ruhiger Stimme. »Er trägt eine Maske.«
    »Auch im Bett?«
    Die Teetassen klapperten laut auf den Untertassen, als Aggie das Tablett fast hätte fallen lassen. Als sie ihre Haltung wieder gefunden hatte, stellte sie das Service auf den Tisch und fragte: »Ist das vorläufig alles, M'am?«
    Erienne war die kurze Ablenkung willkommen. Für einen kurzen Augenblick konnte sie die böse Wut, die sie wegen Claudias unverschämten Verhörs empfand, beschwichtigen. »Ja, Aggie. Schönen Dank.«
    Nur Erienne bemerkte den zweifelnden Blick, den die Haushälterin auf den Gast warf, bevor Aggie sich eilig entfernte. Als Erienne Claudia wieder anblickte, war ihr belustigtes Lächeln echt.
    »Ich habe noch nie das Gesicht meines Mannes gesehen«, erklärte sie, während sie den Tee eingoss. »Er wünscht es nicht anders.«
    Claudia nahm die angebotene Tasse und setzte sich wieder kokett in ihren Stuhl zurecht. »Es muß doch ein ganz furchtbares Gefühl sein, wenn man nicht weiß, wie der eigene Mann aussieht.« Sie kicherte. »Kaum vorzustellen, sogar im hellen Tageslicht würden Sie ihn ohne Maske niemals erkennen.«
    »Ganz im Gegenteil, ich bin sicher, daß ich meinen Mann überall erkennen würde. Sein Hinken ist nicht zu übersehen.«
    »O Gott, meine Liebe, das ist ja noch schrecklicher, als ich es mir vorgestellt hatte! Ein Scheusal von einem Mann! Leckt er seine Nahrung auf oder müssen Sie ihn füttern?«
    Ein Gefühl zorniger Empörung ergriff Erienne, und sie mußte sich sehr beherrschen, um ruhig zu bleiben. »Mein Mann ist ein Gentleman, Claudia,

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