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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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durfte. Sie erwartete schließlich ein Kind.
Juno hatte sich die Wege selbst verbaut und würde nun gegen die aufgezogenen
Mauern rennen, die sich erneut um sie erhoben hatten, als wären sie niemals
niedergerissen worden. Sie wischte sich mit dem überlangen Ärmel des dicken
Pullovers mit Zopfmuster, dessen Rollkragen die nur langsam verheilenden
Reißwunden des Leoparden verbarg, die Tränen von den Wangen, als es an der Tür
klopfte. Ziemlich laut. Juno glitt von der Brüstung und lief auf bestrumpften
Füßen ins Zimmer, um die Tür zu öffnen, wo sie sich mit einem von Flavias
Wölfen konfrontiert sah.
    „Das Orakel
wünscht Ihre Anwesenheit, Honora Nuntia! “, verkündete der Wächter hinter
seiner Wolfsmaske, woraus Juno schließen musste, dass sie sich nicht wegen
einer Unpässlichkeit entschuldigen durfte. Eigentlich stand außer Frage jetzt
ein Verhör führen zu wollen, sie hatte ihre Stimmbänder überstrapaziert und den
neuerlichen Blutverlust längst nicht ausgeglichen. Das würde sie in nächster
Zeit wohl auch nicht tun.
    „Einen Moment
bitte!“, meinte Juno mit kratziger Stimme, nachdem sie sich schulterzuckend in
ihr Schicksal ergeben hatte. Sie drückte die Tür ins Schloss, um sich dann den
Pullover über den Kopf zu ziehen, den sie nachlässig auf ihr Bett warf, das sie
sowieso nicht benutzen würde. Über die weiten Hosen und das weiße
Baumwollshirt, das sie unter dem Pulli getragen hatte, zog sie den Ornat der
Nuntia über, die sie im Schrank aufbewahrt hatte, bevor sie am Mittwoch Hals
über Kopf die Flucht in die Stadt ergriffen hatte. Sie nahm die Haare mit
beiden Händen zusammen und verdrehte sie locker im Nacken, damit sie die Kapuze
über ihren Kopf ziehen konnte.
    Die Hände vor
ihrem Unterleib ineinander verschränkt folgte sie dem Wolf mit gesenktem Haupt
die Treppen hinunter, da er ihr nicht sagte, wohin es gehen sollte. Es dauerte
eine Weile, von dem Turm herabzusteigen und Juno atmete nach zwei geschwungenen
Treppenabsätzen schon schwer. Ein leichter Schwindel erfasste sie, doch sie
riss sich zusammen, weil sie dem Wolf keinen Grund geben wollte, auf
Körperkontakt zu gehen.
Ihr Weg endete vor den hohen Türen des Altarraumes, die von zwei weiteren
Wölfen aus Flavias Garde flankiert wurden. Es musste etwas sehr Hochoffizielles
sein, wenn so ein Aufhebens gemacht wurde. Und sie hatte Recht, nachdem sie die
Schwelle überschritten hatte, fiel ihr Blick auf beide vollständige
Warrior-Riegen, die sich im Spalier vor den Treppen zum Altar des Orakels
versammelt hatten. Salama saß ebenfalls im Ornat auf ihrem Thron. Einige
Schritte vor ihr hatte sich Flavia aufgebaut, die ihre offizielle Uniform trug
und sich auf ein langes Schwert stützte, während der Lichtschein der großen
Kerzen, die auf dem Altar standen, ihre bronzefarbene Haut mit einem goldenen
Schimmer überzog, so dass ihre beeindruckenden Muskeln noch deutlicher als
sonst hervortraten.
    „ Honora
Nuntia , tretet bitte nach vorne!“, wurde sie von der tiefen, volltönenden
Stimme der Vertrauten des Orakels gerufen.
Juno tat, wie ihr geheißen worden war und schritt durch den Gang, den die
Krieger geformt hatten, ohne ihren Blick vom Boden zu heben. Auf ihrem Gesicht
spiegelten sich nur einen Moment Unsicherheit und Erschöpfung wider, bevor Juno
es wieder zur ausdruckslosen Maske erstarren ließ. Das hier war der falscheste
Zeitpunkt, den sie wählen könnte, um melodramatisch zusammenzubrechen. Am Ende
wurde ihr noch das Amt der Nuntia aberkannt. Vor den Stufen verharrte sie und
verbeugte sich ehrerbietig vor dem Oberhaupt der Immaculate, mit dem sie bisher
niemals direkten Kontakt gehabt hatte.
    „ Digna
Oraculum …“, murmelte Juno den Titel der Dame als Begrüßung. (Ehrenwertes
Orakel)
    „Juno Felix…“
Irgendwie kam es ihr vor, als hätte das Orakel ihren Namen bedeutungsschwer
ausgesprochen und Juno erhob sich langsam aus der gebückten Haltung, um den
Blick über die Stufen zum Orakel anheben, um schließlich die Dame ansehen zu
können, doch sie kam gar nicht so weit.
Flavia Halos tat einen Schritt zur Seite und ihr Blick blieb an einem vor dem
Thron des Orakels knienden Mann hängen, dessen Hände auf Höhe des Hosenbundes
vor seinem Körper mit Fesseln zusammengehalten wurden. Ihr sank das Herz, weil
sie sich nicht in der Lage dazu sah, gerade jetzt ein Verhör zu führen. In
Anwesenheit der Krieger wollte sie allerdings ihre Schwäche nicht eingestehen
müssen. Als sie jedoch die Augen in Höhe

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