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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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sie das genaue Gegenteil von dem, was sie vorhin
noch so vehement verlangt hatte. Zum Aufhören war es allerdings zu spät. Viel
zu spät.
    Als er wieder
er selbst war, sah das Bett genau so hässlich aus wie ihre Seele. Alles war
voller Blut. Die Laken, die Wände. Es war meterweit durch den Raum gespritzt
und hatte sich an den seidenen Tapeten angehaftet wie groteske Pinselspritzer
eines Malers, der nicht aufgepasst hatte. Er war immer noch hungrig und das
Tier in ihm tobte und brüllte. Es hatte noch lange nicht genug. Er hatte es
sträflich vernachlässigt und nun rächte es sich an ihm. Murchadh wischte sich
über das blutverschmierte Gesicht und versuchte, die nach der Umwandlung
schmerzenden Glieder unter Kontrolle zu bekommen, um das Bad aufzusuchen. Er
musste duschen. Dringend. Er musste sich reinwaschen. Von ihrem Geruch, ihrem
Blut, von allem.
Sein Kostüm, das einfache Laken, das Thibault dem Schrank seiner Mutter
entnommen und Murchadh für diese Maskerade zur Verfügung gestellt hatte, lag
unbefleckt im Flur über seinen Schuhen, die er sich gerade noch so selbst hatte
leisten können, weil er dafür arbeitete. Im Hafen bei den Schleppern, in
Autowerkstätten. Auf Friedhöfen. Einfache Arbeit für einen einfachen Mann, den
das Schicksal eigentlich zu etwas ganz Großem bestimmt hätte, wären die Sterne
zur Stunde seiner Geburt nur ein wenig günstiger ausgerichtet gewesen. Aber es
hatte nicht sein sollen und sein Stolz war noch nicht gebrochen genug, um
beständig darüber zu klagen. Er war frei und ungebunden. Auch das hätte anders
sein können und er war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel. Nicht wenn er sich
Tulip Sterling ansah, ihm ihr Blut in die Nase stieg und er daraufhin ins Bad
rennen musste, um sich zu übergeben. Er vertrug es nicht. Sein Körper stieß es
ab, bevor er auch nur einen Hauch Energie daraus ziehen konnte. So war es jedes
Mal, wenn er sich an eine dieser Huren versuchte, die sich nur zu gern zu allem
hergaben und dieses Vergnügen letztendlich bereuten.
Es war widerlich. Im Spiegelschrank fand er Zahnpasta, die er auf den
Zeigefinger strich, nachdem er sich mindestens ein dutzendmal den Mund
ausgespült hatte, um den widerwärtigen Geschmack von der Zunge zu kriegen.
Notdürftig putzte er sich die Zähne, spülte erneut aus und stellte sich dann
unter den zehnfach verstellbaren Strahl der luxuriösen, marmorverkleideten
Dusche.
So etwas hätte er gern für Zuhause. In seinem Ein-Zimmer-Apartment konnte er
sich schon glücklich schätzen, wenn im Winter der Boiler zum Erhitzen des
Wassers funktionierte. Wenigstens war er im Grunde recht anspruchslos. Er war
unter noch schlechteren Bedingungen groß geworden. Aber so eine heiße Dusche
und dazu noch stufenlos verstellbare Massagestrahlen waren einfach nur
himmlisch für seine schmerzenden Muskeln und Knochen. Wenn er jetzt noch das
Blut hätte bei sich behalten können, wäre es ihm so gut gegangen wie lange
nicht mehr.
Mit mehreren von Tulips Handtüchern trocknete er sich ab. Sobald sich eines
davon feucht anfühlte, nahm er ein neues, um sich damit weiter abzutupfen.
Reiben konnte er grad nicht. Sonst tat die Haut noch mehr weh und würde sich
anfühlen, als würde sie sich jeden Moment ablösen. Da man ihm kaum auf die
Schliche kommen würde, da er nirgendwo registriert war und sich mit einem
Haufen gefälschter Papiere durchs ewige Leben schlug, ließ er die benutzten
Sachen einfach liegen. Nackt aber trocken hatte er sich angezogen und war zum
Fahrstuhl zurückgekehrt, als wäre nichts gewesen. Er konnte es sowieso nicht
ungeschehen machen und irgendwie hatte es die kleine unersättliche Hexe auch
verdient.
     
     
    Zur
gleichen Zeit in Castle Harpyja
    Samhain, die
Nacht, in der das Leben und der Tod aufeinander trafen, weil die Tore zwischen
den Welten durchlässig wurden. Juno hatte der Tentatio als Zeugin
beiwohnen müssen, weil Manasses es befohlen hatte. Es war ein weiteres Zeichen
dafür, was sie in Europa erwarten würde, wenn es ihm irgendwann in den Sinn
kam, sie zurück zu beordern.
Sie hatte sich in die letzte Reihe gesetzt und dem Spektakel mit unbewegter
Miene zugesehen, wobei ihr Blick immer wieder zu dem dunklen Schopf glitt, der
Malcolm Lancaster gehörte, der als Zeuge in den Reihen der Enforcer saß. Das
allein zeichnete ihn als wohlverdientes Mitglied dieser Garde aus, aber sie
hatte ja nie an seiner Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit gezweifelt. Sidonie
hätte nicht besser wählen können. Malcolm

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