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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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selbst. Sie dagegen war eine Frau und auch wenn sie
das Gleiche versuchte, um sich zu schützen, bekam ihre glatte Fassade schneller
Risse als sie übermauern konnte.
“Sie könnten es tun. Zwischen zwei und fünf Uhr morgens ist das Gebäude
unbewacht. Niemand wird Ihnen auf die Schliche kommen und Sie werden gut
schlafen können.”
Zumindest den Umständen entsprechend. Sie sah aus, als hätte sie seit Jahren
nicht länger als drei oder vier Stunden am Stück im Bett bleiben können, weil
die innere Unruhe einen guten Schlaf nicht zuließ. Ihm jedenfalls ging es so.
Man sah es ihm nur nicht an, weil er körperlich arbeitete, um fit zu bleiben
und viel an der frischen Luft blieb, um die Defizite auszugleichen.
    Das Bild, das
er mit seinen Worten schuf, war allzu verführerisch. Juno wünschte sich auf der
Stelle dorthin. Einen Schlüssel würde sie nicht brauchen, aber sie war noch
niemals zuvor dort gewesen. Sie konnte nicht einfach dort auftauchen, wenn sie
die Örtlichkeit nicht kannte. Zudem wollte sie irgendwann zurück in die
Catskills, so dass sie mit ihren Kräften haushalten musste. Ihr gelöster
Gesichtsausdruck machte einem enttäuschten Platz, weil es sie tatsächlich ans
Meer drängte.
„Ja, das würde ich zu gern…“, gab sie bereitwillig zu und fand die Vorstellung
immer unwiderstehlicher.
Sie nahm das frisch gefüllte Glas erneut auf, das er ihr nachgeschenkt hatte
und bildete durch unruhiges Schwenken kleine Strudel darin. Samhain war noch
nicht vorüber. Die Unruhe würde über Tage bleiben, weil es ein Fehler war, sich
nicht zu nähren, wenn die Natur einen mehr als sonst dazu antrieb.
    Chadh beugte
sich vor und stellte sein Glas zurück auf den Tisch. Diesmal goss er nicht nur
sich selbst, sondern auch Juno aus ihrer Flasche etwas ein, nachdem sie ihres
langsamer als er geleert hatte. Ihr Stil gefiel ihm. Er könnte von ihr lernen.
Nützliche Dinge. Nicht nur wie man mehr schlecht als recht überlebte. Doch ihre
heutige Begegnung würde sich nicht wiederholen. Nur deshalb dachte er überhaupt
an so etwas. Eine Frau wie sie würde einem Typen wie ihm niemals etwas
beibringen. Höchstens wie man sich am schnellsten vom Acker zu machen hatte.
Unwillkürlich musste er lächeln. Er konnte sich gut vorstellen, wie sie
ausholte und ihm einen Schlag verpasste. Einer, der sich gewaschen haben würde,
auch wenn sie nicht bei Kräften war. Seine blauen Augen blitzten schon beinahe
erwartungsvoll über den Rand des Glases hinweg. Er könnte jetzt etwas
Schockierendes sagen, das sie gegen ihn aufbringen und genau diese Reaktion
hervorrufen würde. Oh ja, das könnte er. Doch er tat es nicht. Stattdessen sah
er sie einfach nur an und trank weiter. Wenn sie wollte, würde er sie
begleiten. Einfach so. Ohne sich auszumalen, was man auf der Aussichtsplattform
zu zweit noch so alles tun könnte, außer das Meer anzustarren. Wieder flammte
das Bild ihres goldenen Haares vor seinem inneren Auge auf. Er würde sein
Gesicht tief darin vergraben.
    "Murchadh.",
sagte er plötzlich und so leise, das man ihn trotz der sanften Pianoklänge kaum
verstand und man den Namen, den er ihr mit einem Mal nannte, eher von seinen
Lippen ablesen musste. "Aber Chadh reicht vollkommen."
    „Murchadh…?
Der Name ist noch viel ungewöhnlicher als meiner. Meine Mutter muss wohl eine
Schwäche für römische Mythologie gehabt haben, ich weiß es nicht… Chadh, also…“
Juno sah ihn an, als hätte er ihr das größte Geheimnis seines Lebens verraten
und nicht einfach nur seinen Vornamen.
„Dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten? Ich kenne mich leidlich in Manhattan
aus, aber ich bin selten ohne Chauffeur unterwegs… Würden Sie mir den Weg
dorthin zeigen? Jetzt?“, bat sie nach einer weiteren Runde des Cognacs. Er
hatte schon ordentlich Vorsprung, aber er war ja auch viel größer und stärker
als sie, wäre sie eine normale Frau. Und es gab auch genug Sterbliche, die
erstaunlich viel vertrugen. Er war bestimmt sehr sportlich, so wie er den Anzug
ausfüllte, so dass ihn die paar Promille kaum umhauen würden.
Juno war selbst über ihren Vorschlag erstaunt, doch es wäre die bequemste
Lösung. Und er würde sie ablenken, selbst wenn er keinen weiteren Ton von sich
gab. Er konnte sie gern mit Verachtung strafen, weil er sie für eine verwöhnte,
reiche Göre hielt. Er hätte ja Recht damit, wenn auch nicht ganz so, wie er das
annehmen würde.
     
     
    Zur
gleichen Zeit im Castle
    Es waren
bestimmt mehr als zwei Fässer gewesen,

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