Eine skandalöse Braut
Brot.
Er grinste. »Wenn mein Stand mir ein Dinner im Bett mit dir beschert, will ich mich nicht beklagen.«
»Das ist wirklich äußerst dekadent.« Sie war in der Zwischenzeit in ihr Unterhemd geschlüpft. So schamlos, komplett nackt zu essen, war sie nun auch wieder nicht. »Ich kann das hier immer noch nicht glauben. Ich esse im Schlafzimmer eines Hauses, von dem ich nicht einmal genau weiß, wo es ist oder wem es gehört. Ich bin fast nackt und liege mit einem Mann im Bett, der nicht mein Ehemann ist. Nicht zu vergessen, dass mein Vater in London außer sich vor Wut sein wird.«
»Ich bin noch nicht dein Ehemann«, korrigierte Alex sie. Sein Blick war auf sie gerichtet. »Diese kleine Formsache werden wir morgen korrigieren. Und was dieses Cottage betrifft, so gehört es einem Freund. Aber im Moment lebt hier niemand.«
Der Gedanke ließ sie innehalten, während sie gerade in die fruchtig duftende Birne beißen wollte. »Wie viele Menschen wissen denn schon, dass ich mit dir weggelaufen bin? Mein Vater, meine Tante, dein Kutscher, der Kutscher meiner Tante, Lady Drury und ihre Tochter … und ich bin sicher, die Zahl wächst stetig.«
»Macht es dir etwas aus?«
Die Frage klang beiläufig, aber sie wusste, dass sie das nicht war.
»Nein«, antwortete sie ehrlich und legte die Birne wieder auf den Teller, auf dem das herzogliche Wappen vergoldet auf dem Rand aufgeprägt war. »Wenn es einen Skandal gibt, dann gebe ich meinem Vater die Schuld daran. Für mich hat es den Anschein, dass du versucht hast, den ehrenvollen Weg zu gehen.«
»Amelia, ich hatte dich ja bereits ruiniert. Darum bin ich nicht sicher, ob ehrenhaft wirklich der passende Ausdruck ist.«
»Ach, das ist also mit mir passiert?«, fragte sie neckend. »Aber ich fühlte mich nach der einen Nacht mit dir so vollständig. Ich habe etwas Besonderes und Wunderbares für mich entdeckt, weshalb der Begriff ›ruiniert‹ kaum passt. Vielleicht sollte man lieber von ›erleuchtet‹ sprechen.«
Sein Lachen war weich und voll. »Einverstanden. Aber ich bezweifle, ob es uns gelingt, einen Trend zu setzen, dem die steifnackigen Matronen unserer Gesellschaft gerne folgen. Oder wenn wir schon dabei sind, ob es den wichtigtuerischen Lords gefällt, die auf Jungfräulichkeit als notwendiges Attribut für ihre zukünftige Frau bestehen, obwohl sie selbst regelmäßig in Bordelle gehen oder sich Mätressen halten. Ich fürchte, diese Heuchelei wird weiter bestehen, meine Süße.«
Er hatte zweifellos recht, und der Skandal wurde ja gerade erst öffentlich. Vielleicht konnte sie, was da drohte, nicht so recht ernst nehmen, weil sie jahrelang auf dem Land gelebt hatte. Außerdem war Alex bei ihr. Ohne Hemd lag er neben ihr, den Kopf auf eine Hand gestützt. Das Kerzenlicht tauchte seine Brust in einen goldenen Schimmer und beschattete seine feingliedrigen Gesichtszüge. »Du hast ungewöhnlich lange Wimpern«, sagte sie und nahm die Birne wieder auf. Sie biss in das saftige Fruchtfleisch. Die Birne war süß und perfekt gereift.
Seine flaumigen Brauen hoben sich eine Winzigkeit. »Wenn ich das richtig verstehe, wechselst du gerade das Thema?«
»Haben wir nicht über etwas geredet, das wir ohnehin nicht ändern können? Warum also genießen wir nicht das hier«, sie schloss mit einer Handbewegung das sanft beleuchtete Schlafzimmer ein, »statt an mürrische Matronen und an das, was sie über uns reden oder nicht reden zu denken?«
»Das ist ein sehr kluger Einwand.«
»Diese Nacht gehört allein uns.« Sie hielt ihm das letzte Stück Birne hin.
»Einverstanden.« Er nahm einen Bissen. Das hitzige Funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass es ihm ernst damit war.
Ein Tropfen Birnensaft rann über sein Kinn, und sie lehnte sich spontan vor und leckte ihn weg.
»Amelia.«
Sie mochte es, wie er ihren Namen sagte. Fast ehrfürchtig. Sie setzte sich auf und lächelte bewusst provozierend. »Wenn wir bloß jede Mahlzeit im Bett einnehmen könnten. Ich glaube, das wäre einfach perfekt.«
»Da bin ich deiner Meinung, obwohl es etwas chaotisch wäre. Was ist mit Rinderbraten und Soße? In so feinen Laken ginge das unmöglich, fürchte ich.« Alex schenkte mehr Champagner in ihr Glas. Die Bläschen prickelten leise gegen den Rand. »Aber selbst wenn wir hin und wieder das Speisezimmer benutzen müssen, können wir uns doch diese Option für weniger gefährliche Mahlzeiten vorbehalten. Was erwartest du dir noch von unserer Ehe? Erzähl mir davon.«
Wie viele
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