Eine skandalöse Braut
Ich bin jetzt der Vierte in der Erbfolge des Herzogtums hinter meinem Bruder Noel. Du bist bereits Marquess, Michael, und eines Tages wirst du Duke sein, wenn deine schändlichen Taten dich nicht vorher in den Untergang treiben. Und was Luke betrifft, so hat er seinen Titel und das riesige Vermögen der Daudets bereits geerbt.«
»Ich glaube, ich muss gegen den Begriff schändlich protestieren.« Michael trug eine gelbbraune Reithose und einen dunkelblauen Mantel. Seine Krawatte war zu einem einfachen Knoten geschlungen. Er spielte den Verletzten und rutschte tiefer in seinen Sessel, um die Beine auszustrecken und die Füße zu kreuzen. Aber zugleich umspielte ein leises Lächeln seinen Mund. Sein von der Sonne aufgehelltes, kastanienbraunes Haar und die gebräunte Haut wiesen darauf hin, dass er erst vor Kurzem aus Spanien zurückgekehrt war; seine lebhaften, haselnussbraunen Augen blitzten vergnügt.
»Sieh nicht so verdammt selbstzufrieden aus, Alex«, monierte Luke und hob eine Braue. »Dein Familienname wird auch weiterhin die eifrigen Mamas dazu bringen, mit ihren nichtssagenden Töchtern im Schlepptau Jagd auf dich zu machen. Zumal aus mir unerfindlichen Gründen Frauen dein hübsches Gesicht zu mögen scheinen.«
Alex lachte. »Vielleicht. Aber mit zwei älteren Brüdern und einem direkten Erben werde ich nie einen anderen Titel als meine Ehrentitel tragen. Es macht einen recht großen Unterschied, ob man eine angemessene oder eine prestigeträchtige Verbindung ist. Für euch beide trifft leider Letzteres zu.«
»Das sind düstere Aussichten«, murmelte Luke. Er nahm sein Glas. »Auch wenn ich es hasse, deine überschäumende Laune zu dämpfen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass dein sehr ansehnliches Vermögen kein Geheimnis ist. Ich glaube nicht, dass dich das Baby vor weiblichen Nachstellungen schützen kann.«
Das stimmte vermutlich. Aber Alex war so erleichtert über den glimpflichen Ausgang der Geburt, dass nichts seine gute Laune zu trüben vermochte. Seine Schwägerin hatte keine leichte Schwangerschaft gehabt, und obwohl niemand darüber sprach, wusste Alex um die Angst, die John um seine Frau und das Kind ausgestanden hatte. Zum Glück war die komplizierte Schwangerschaft in eine leichte Niederkunft gemündet. Als sein Bruder sich endlich verliebt und seinem lasterhaften Lebenswandel als Junggeselle abgeschworen hatte, hatte sein Leben sich gründlich verändert. Er liebte seine Frau von ganzem Herzen.
»Wenn wir schon von jungen Frauen im heiratsfähigen Alter sprechen … Welche Erklärung hast du dir überlegt, falls Lord Hathaways schöne Tochter ihm erzählt, dass sie dich dabei erwischt hat, wie du auf ihrem Balkon herumlungerst?«, fragte Michael. Er stellte die Frage bewusst lässig, aber in seinen Augen blitzte ein Interesse auf, das alles andere als beiläufig war. »Der Mann hätte jeden Grund, wütend auf dich zu sein. Da du keine Zeit mehr hattest, die Schubladen seines Schreibtischs wieder abzuschließen, weiß er vielleicht, dass jemand in seinem Arbeitszimmer gewesen ist. Wenn sie nichts sagt, ist es immerhin denkbar, dass er glaubt, er habe selbst vergessen, sie abzuschließen, zumal nichts entwendet wurde. Aber wenn sie ihm enthüllt, dass sich ein Mann in ihr Gemach geschlichen hat, wird er zwei und zwei zusammenzählen.«
Das wäre aus mehr als einem Grund eine höchst unglückliche Entwicklung, musste Alex sich eingestehen. Wenn er Michael nicht gebeten hätte, im Vorfeld die Lage der Räume des Stadthauses für ihn auszukundschaften und ihn auf dieser unglückseligen Unternehmung zu begleiten, hätte das Ganze in einer Katastrophe gemündet. Seine Familie und die Pattons waren sich nicht grün. Er war mit dem Wissen aufgewachsen, dass zwischen den Familien eine Feindschaft bestand. Die wahren Hintergründe dieser Abneigung hatte er nie verstanden, bis seine Großmutter ihn kürzlich ins Vertrauen gezogen hatte und ihm schockierende Einzelheiten offenbart hatte. Wenn Hathaway die Geschichte kannte – wenn er nur die Hälfte wusste –, dann wäre er mehr als bloß wütend, falls er erfuhr, dass Alex seine Tochter auch nur berührt hatte. Mordlustig war vermutlich das passendere Wort.
Dieser Kuss … Was um alles in der Welt hatte er sich bloß dabei gedacht?
Sein Schwanz hatte die Kontrolle übernommen. Eine andere Erklärung gab es für ihn nicht. Von dem Augenblick an, als er sie berührt hatte und ihren weichen, warmen Körper in seinen Armen gespürt hatte,
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