Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
für alle Beteiligten.
Damien war zwar sehr gut darin, Gefahren aufzuspüren, aber er fragte sich, ob ihn in diesem Fall nicht seine Eifersucht zu falschen Beurteilungen verleitete. Vorher kannte er solche Regungen gar nicht – jetzt aber machte ihn die Vorstellung, dass Sebring und Lily etwas miteinander hatten, schlicht unglücklich. Und das war ja wohl Eifersucht.
»Seht Ihr ihn noch?«
»Wen?«
Das war doch lächerlich. Er kam sich wie ein Narr vor. »Euren ehemaligen Liebhaber.«
»Wie könnt Ihr es wagen!«
Er hatte sie mit seinen Worten ernsthaft verletzt, das erkannte er an dem gequälten Ausdruck in ihren hübschen Augen. »Ich meinte nicht …«
»Doch. Und Ihr seid genauso voreingenommen wie alle anderen, verdammt noch mal.«
Dieser alles andere als damenhafte Ausdruck störte ihn nicht, wohl aber das verräterische Glitzern in ihren Augen. »Lily.«
»Vielleicht solltet Ihr besser gehen, Mylord.« Sie stand vor ihm, ganz durcheinander und zugleich so wunderschön, das Gesicht von lockigen Strähnen umrahmt. Genau in dem Moment, als sie zu einer Antwort ansetzte, öffneten sich die Türen, und die Herzoginwitwe rauschte herein. »Lord Damien«, sagte sie kühl und streckte ihm die Hand entgegen. »Man sagte mir soeben, Ihr seid zu Besuch gekommen. Können wir Euch etwas anbieten? Claret, Brandy oder Tee?«
Angesichts der Umstände und der Tageszeit entschied er sich für Tee, mit einem Schuss Brandy allerdings. Obwohl er spürte, dass die Duchess sie beide unbedingt in den Salon lotsen wollte, erklärte er rundheraus, dass es ihm sehr angenehm wäre, in der Bibliothek bleiben zu können.
Lily blieb schweigsam, beteiligte sich an der Unterhaltung nur so weit, dass es nicht unhöflich wirkte. Als er aufstand, um zu gehen, beugte er sich über ihre dargebotene Hand und murmelte: »Veilchen.«
Ihre Augen schimmerten indigoblau und erinnerten ihn an einen Sommerhimmel bei Anbruch der Dämmerung. Sie runzelte ganz leicht die Stirn. »Was meint Ihr, Mylord?«
»Ich habe Euch Veilchen mitgebracht. Sie haben dieselbe Farbe wie Eure Augen.«
Damien ließ ihre schmalen Finger los und ging. Auf dem Weg hinaus fragte er sich, was zum Teufel er von diesem Besuch halten sollte.
Kapitel 14
»Selbstverständlich musst du es der Royal Academy schicken.«
Regina lächelte nachsichtig über die Worte ihres jüngeren Bruders. »Wenn es nach dir ginge, hätte ich jedes meiner Gemälde der Akademie geschickt.«
Luke Daudet, Viscount Altea, stand in ihrem Atelier, trug sein Hemd leger offen und ohne Krawatte und dazu eine dunkle Hose. Die auf Hochglanz polierten Reitstiefel waren sein einziges Zugeständnis an die aktuelle Mode. Er betrachtete die Leinwand und hob leicht die Augenbrauen. »Das gilt für dieses mehr als für die anderen. Es ist … einfach brillant.«
»Danke.« Sein Lob freute sie, machte sie glücklich, aber zugleich stimmte seine Euphorie sie ein wenig misstrauisch. Überdies hatte sie gelernt, ganz anderen Dingen mehr Bedeutung beizumessen als öffentlicher Bewunderung und Anerkennung. Glück war für sie Gelassenheit. Oder Sonnenlicht, wenn sie malen wollte. Eine leere Leinwand und die Inspiration, sie zu füllen. Der unbändige Wunsch, ein Werk zu vollenden, während die Morgendämmerung bereits die rußigen Dächer der Stadt berührte …
Glück bedeutete jedenfalls nicht Romantik. Zumindest nicht bis jetzt …
»Wieso willst du es nicht ausstellen?« Luke starrte noch immer das Gemälde an. »Die Ausführung ist makellos. Ich gebe zu, einige deiner Werke verwirren einen Banausen wie mich nur, aber das hier … Ich glaube, das verstehe sogar ich. Ich weiß nicht, warum, aber ich fühle mich davon angesprochen.«
Die Liebe ist der Grund, wollte sie sagen. Natürlich sprach es ihn an. Er liebte seine Frau abgöttisch, und obwohl ihre Beziehung einen recht stürmischen Anfang genommen hatte, führten sie jetzt eine Ehe wie im Märchen.
»Ich werde es nur privat zeigen.«
Er betrachtete zweifelnd einen der alten, mit Farbklecksen übersäten Sessel, bevor er sich setzte. »Die besten Arbeiten behältst du immer für dich. Ich habe nie verstanden, warum du das tust. Normalerweise bist du nur dann so inspiriert, wenn dich etwas beunruhigt. Erzähl mir davon.«
Er spielte damit auf ihr Gemälde an, das Pompeji kurz nach dem Ausbruch des Vesuv zeigte, als die Aschewolke die Sonne verdeckte. Sie hatte es nach dem Tod ihres Vaters vollendet, und es spiegelte den Verlust wider, den sie damals
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