Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
stimmte er zu und lächelte flüchtig. »Aber es passiert selten, dass das, was wir zu kontrollieren glauben, mit dem, was tatsächlich passiert, übereinstimmt. Das habe ich während des Krieges gelernt. Du kannst noch so sorgfältig planen – der Ausgang einer Schlacht lässt sich nicht kontrollieren oder gar erzwingen.«
Sie hätte Tells Augen dunkel malen sollen und nicht so strahlend blau. Regina versuchte, ihre Arbeit aus der Perspektive eines objektiven Betrachters zu sehen. Schließlich gab sie es auf. Kunst funktionierte nicht mit Objektivität, und Gleiches galt für die Liebe.
»Ich habe Madeline schon geliebt, bevor ich es mir eingestanden habe.« Luke kam immer direkt auf den Punkt. »Ich erkenne bei dir die Anzeichen. Wie du versuchst, dem Unausweichlichen auszuweichen. Rückblickend frage ich mich, warum ich mich so lange gewehrt habe, mir meine Gefühle einzugestehen. Es ist nicht annähernd so beängstigend, wie man zunächst denkt, Regina.«
Ihr Lächeln klang brüchig. »Ich hoffe, du hast recht. Ich bin nämlich wie gelähmt. Erzähl mir bitte eines. Wie hat Madeline anfangs gemerkt, dass sie schwanger sein könnte?«
James hatte es so eingerichtet, dass er Lily allein erwischte. Ohne Ihre Gnaden. Denn die Duchess of Eddington weckte in James immer wieder den Wunsch, sich in einer Ecke zu verbergen wie ein gescholtener Schuljunge. Sie war dermaßen fest entschlossen, die Mädchen gut zu verheiraten, dass er sich in ihrer Nähe einfach unwohl fühlte. Außerdem hatte sie mehr oder weniger die Führung des Haushalts an sich gerissen. Sie bestimmte, wen seine Cousinen besuchen mussten, welche Kleider und Hüte angeschafft werden sollten und wer zu den aufwendigen Teegesellschaften und Dinnerpartys eingeladen wurde. Schon deshalb war sie die meiste Zeit anwesend.
Regina hatte es einmal recht drastisch zusammengefasst, als sie ihm riet, sich von der »hochwohlgeborenen alten Fledermaus« fernzuhalten. Der Ausdruck fiel ihm wieder ein, als er die Hand hob und an Lilys Tür klopfte.
Seine Cousine öffnete ihm in einem Abendkleid. Ihre langen Haare trug sie noch offen, und in der Hand hielt sie eine Bürste. »Oh.«
»Wie ich sehe, ziehst du dich gerade um. Du gehst heute aus?«
Sie zog einen Flunsch. »Madame, du weißt schon …«
»Besteht darauf«, vollendete er ihren Satz. »Kann ich vorher kurz mit dir reden?«
Sie nickte. »Selbstverständlich.«
Er sprach leise, denn ihre Zofe war im Hintergrund beschäftigt, und es schien eher unwahrscheinlich, dass Lily ihn in ihr Schlafzimmert bat. Selbst für Cousin und Cousine, die einander wie Geschwister zugetan waren, galten solche Anstandsregeln. »Kannst du für einen Moment herauskommen? Ich habe nur eine kurze Frage.«
Bereitwillig trat sie vor die Tür und zog sie hinter sich zu. Sie begriff offenbar, dass er bei diesem Gespräch nicht belauscht werden wollte. »Was ist los?«
Es gab leider keine subtile Möglichkeit, sie um Rat zu fragen, ohne ihr gleichzeitig etwas zu offenbaren, das er bisher für sich behalten hatte. Weil er seiner Cousine jedoch vertraute, erklärte er unumwunden: »Ich möchte für eine ganz besondere Person ein Geschenk kaufen. Wenn man so will als Zeichen meiner Zuneigung. In gewisser Weise erinnert sie mich an dich. Ich dachte daher, du hast vielleicht eine Idee, was ich ihr schenken könnte.«
Daran, wie Lily die Augen aufriss, erkannte er, dass seine Eröffnung sie überraschte. Vermutlich weil er sich sonst über sein Privatleben nicht ausließ. Hinzu kam, dass er zweifelsfrei keine Dame meinte, der er offiziell den Hof machte.
»Wer ist sie?«
Sein Lächeln geriet etwas gequält. »Eines Tages erzähle ich dir das vielleicht. Im Moment möchte ich es lieber noch für mich behalten, aber die Sache ist mir sehr wichtig. Bloß so viel: Diese Lady ist keine Frau, die sich von Blumen oder Süßigkeiten beeindrucken lässt.«
Lily lehnte sich gegen die geschlossene Tür. Ihr Gesicht wirkte nachdenklich, und sie runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Was mag sie denn? Welche Interessen hat sie? Gibt es irgendwelche Dinge, auf die sie sich hervorragend versteht?«
»Die Antwort auf diese Fragen lautet: Kunst, Kunst, Kunst.« Seine Stimme klang ironischer als beabsichtigt. »Sie ist in vielerlei Hinsicht ein sehr komplexer Charakter, doch ansonsten nicht allzu schwer zu durchschauen. Eine ihrer liebenswerten Eigenschaften besteht in der unbeirrbaren Besessenheit, mit der sie sich ihrer Arbeit widmet.« Er kam
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