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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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noch geschäftig. Während sie durch einen Irrgarten aus Korridoren und Galerien geführt wurde, kam Lottie nicht dazu, sich in Ruhe umzusehen oder die Familienportraits mit den streng blickenden Vorfahren ihres Gatten zu betrachten, die die Wände zierten. Selbst der Lakai, der ihnen folgte, war zum Laufschritt gezwungen, wollte er nicht mit dem Kasten mit der Puppe und dem Korb aufgebrachter Katzen allein zurückbleiben.
    »Hat Allegra das aufbrausende Wesen ihres Vaters geerbt?«, wollte Lottie wissen.
    Martha schnaubte. »Zusammen mit dem ihrer Mutter, fürchte ich. Auch wenn es Leute gibt, die es gern versucht hätten, kann niemand behaupten, das Kind wäre ein Wechselbalg.«
    Am Ende des langen Flures öffnete die Frau eine Tür, sodass man in ein Zimmer sehen konnte, das so voll gestopft war mit Truhen, Koffern, Hutschachteln, Reisetaschen und anderen Dingen, dass kaum noch Platz zum Gehen war.
    Mit einem Zungenschnalzen bahnte Martha sich mit ihren ausladenden Hüften einen Weg. »Das ist genau das, was ich befürchtet hatte. Als die Wagen mit dem Gepäck eintrafen, hat Mrs. Cavendish, die Haushälterin, Ihre Sachen einfach in diesen Raum hier oben schaffen lassen, weil er dem Schulzimmer am nächsten liegt. Ich lasse ein paar Dienstmädchen rufen und augenblicklich alles in die Räume der Marquise bringen.«
    »Und wo genau liegen diese Räume?«
    Martha blinzelte verwundert. »Natürlich neben denen des Marquis.«
    Lottie schaute sich um. Von dem Wenigen, was sie von dem weißen Eisenbettgestell, den einfachen, wahllos zusammengestellten Möbeln und der verblassten Tapete sehen konnte, erinnerte sie der Raum auf tröstliche Art und Weise an das Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester in Hertfordshire geteilt hatte, ehe Sterling sie alle mit seinem Luxus umgeben hatte.
    »Das wird nicht nötig sein, Martha«, sagte sie daher bestimmt. »Ich glaube, dieses Zimmer ist genau das Richtige.«
    Die Frau betrachtete sie verwundert von der Seite. »Nun gut, Mylady«, erwiderte sie langsam. »Dann werde ich Mrs. Cavendish ein paar Mägde zum Auspacken herschicken lassen.«
    »Das wird ebenfalls nicht nötig sein«, versicherte Lottie ihr. Sie glaubte nicht, dass ihr angeschlagener Stolz das Gekicher und die Neugier der Dienstmädchen verkraften würde. »Ich bin sehr wohl daran gewöhnt, mich um mich selbst zu kümmern«, log sie daher. »Ich werde allein zurechtkommen.«
    »Wie Sie wünschen, Mylady.« Obwohl ein Anflug von Tadel Marthas haselnussbraune Augen verdunkelte, entfernte sie sich pflichtschuldig und scheuchte den Lakaien vor sich her.
    Drei Stunden später, als der Himmel vor dem Fenster sich von Grau zu Schwarz verfärbte und ein schüchterner Mond zwischen dahinjagenden Wolkenfetzen hindurchlugte, befand sich Lottie immer noch dort, wo sie ihrem eigenen Bekunden nach sein wollte – allein. Sie saß auf einer der vielen Truhen, die sie noch auspacken musste, trug eines ihrer elegantesten Kleider und wartete, zum Essen gerufen zu werden.
    Nach einem kurzen Ausflug in den kleinen Dachgarten, den Lottie am anderen Ende des Flures entdeckt hatte, hatte Kürbis es sich auf einem weichen Kissen gemütlich gemacht, während Mr. Zappel sich auf einen Erkundungsgang zwischen den Koffern und Schachteln begeben hatte, dicht gefolgt von Mirabella. Das Kätzchen war noch so klein, dass es nur über zwei Fortbewegungsarten verfügte – hüpfen und springen. Ihre Lieblingsbeschäftigung bestand derzeit darin, ahnungslos Vorübergehende anzuspringen und nach ihren Strümpfen zu haschen, was genau der Grund dafür war, dass Lottie ihre Füße hochgezogen und auf die Scharniere der Truhe gestellt hatte.
    Sie strich die Moiree-Seide ihrer Röcke glatt; sie hatte sich bereits dreimal umgezogen – keine einfache Aufgabe ohne die Hilfe einer Zofe. Aber sie war zu stolz, um nach einer zu läuten, nachdem sie Marthas Angebot abgelehnt hatte. Schließlich hatte sie sich für ein Abendkleid mit einem rechteckigen Ausschnitt und weiten Röcken entschieden, das dieselbe Farbe wie ihre Augen hatte. Obwohl sie eine ganze Schachtel Haarnadeln und mehrere reichlich undamenhafte Flüche verbraucht hatte, bei denen ihr frommer Vater sich in seinem Grab umdrehen würde, war es ihr am Ende doch gelungen, ihre Locken in einem recht ansehnlichen Knoten zu bändigen – bis auf ein paar außergewöhnlich widerspenstige Strähnchen, die ihr schmeichelnd ins Gesicht fielen.
    Sie kniff sich in die Wangen, damit sie sich röteten,

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