Eine skandaloese Liebesfalle
Liebe. Beeilen Sie sich - sonst lösen Sie sich noch auf.“
Sie blinzelte verwundert. „Wie bitte?“
„Nun, das Wasser ist heiß. Bleiben Sie nicht länger als eine Viertelstunde darin, sonst beginnen Sie sich aufzulösen“, wiederholte er ganz ernst.
So eine alberne Behauptung konnte man nur auf demselben absurden Niveau beantworten. „Aber würde sich das Wasser nach einer Viertelstunde nicht schon etwas abgekühlt haben?“
Er starrte sie mit offenem Mund an. „Himmel, daran habe ich ja noch nie gedacht. Das ist bestimmt auch der Grund, warum man nicht häufiger davon hört, dass Leuten das passiert ist.“
Sie schloss die Tür, ließ sich in die Badewanne sinken und starrte auf ihre angezogenen Knie. Sie verbot sich zu weinen. Sie weigerte sich zu weinen. Sie war sich völlig bewusst gewesen, auf was sie sich einließ, als sie vor Lord Vere ihre Kleider hatte fallen lassen.
Nach exakt einer Viertelstunde stieg sie aus dem kühler gewordenen Wasser und verließ das Badezimmer. Ihr Mann saß am Tisch im Salon, wo er in die Betrachtung einer Gabel versunken war. Als er sie näherkommen hörte, schaute er auf, legte die Gabel hin und lächelte sein trotteliges Lächeln.
„Wie geht es Ihrem Kopf, meine Liebe? Sie haben gestern eine ganze Flasche Dessertwein getrunken.“
Konnte es tatsächlich möglich sein, dass er derjenige war, der ihr vorhin die Kur für ihren schmerzenden Kopf verabreicht hatte? Derjenige, in dessen Armen sie so zufrieden gelegen hatte?
Besser, sie dachte nicht weiter darüber nach. Es würde
nur die Süße der Erinnerung ruinieren.
„Meinem Kopf geht es viel besser. Danke.“
„Und dem Magen? Hat er sich beruhigt?“
„Ich glaube schon.“
„Dann kommen Sie, essen Sie etwas. Ich habe Ihnen Tee und etwas trockenen Toast bestellt.“
Tee und trockener Toast, das klang nicht so, als würde ihr Magen diese Dinge gleich wieder angewidert von sich geben wollen. Sie ging langsam zum Tisch und nahm Platz.
Er schenkte ihr Tee ein, wobei er so viel verschüttete, dass die halbe Tischdecke überschwemmt war. „Ich habe gestern Abend vielleicht selbst ein wenig zu viel Alkohol getrunken, um der Wahrheit die Ehre zu geben, meine Liebe. Aber man heiratet ja auch nicht jeden Tag, oder? Eines schmerzenden Kopfes durchaus würdig, sage ich.“
Sie kaute ihren Toast, schaute ihn nicht an.
„Was halten Sie eigentlich von dem Sprachrohr hier? Ich bin von der Erfindung begeistert. Ich rede in diesem Zimmer, gebe eine Bestellung auf, die dann von dem Personal in der Küche gehört wird. Allerdings war ich schon ein wenig überrascht, dass ein Mann kam, um das Frühstück zu bringen. Ich dachte, der Tee und der Toast würden auch direkt aus dem Sprachrohr fallen. Darum habe ich mich auch nicht vom Fleck zu rühren gewagt. Es erschien mir nicht richtig, wenn die Teekanne es von dort unten bis hier nach oben schaffen würde, nur um hier zu zerbrechen, bloß weil ich nicht zur Stelle bin, um sie aufzufangen.“
Das Pochen in ihrem Kopf verschlimmerte sich. Und auch die Stelle zwischen ihren Beinen begann sich unangenehm bemerkbar zu machen.
„Eben habe ich einige Zeitungen gelesen, bevor Sie erschienen“, schwatzte Lord Vere unbekümmert weiter. „Und ich muss Ihnen eines sagen, ich war entsetzt. Ja, sogar in der Times stand, man könne von dem deutschen Kaiser als dem Enkel unserer geliebten Königin sprechen. Wie kann man nur Ihre Königliche Hoheit derart mit Dreck bewerfen und diesen preußischen Esel zu ihrer makellosen Familie zählen? Ich bin fest entschlossen, einen Brief an die Zeitung zu schreiben und zu verlangen, dass sie es richtigstellen.“
Der Kaiser war der Enkel der Königin, da er der Sohn ihrer ältesten Tochter war, der ehemaligen königlichen Prinzessin. Das Haus Hannover war nun einmal durch und durch deutsch - und war das immer schon gewesen. Sie lächelte matt. „Ja, das sollten Sie wohl tun.“
Sie würde ihm eine gute Frau sein, das hatte sie sich fest vorgenommen: Ihm verdankte sie alles. Vielleicht morgen, wenn ihr Kopf nicht länger so schmerzte, wenn ihn reden zu hören in ihr nicht mehr den Wunsch weckte, stattdessen tausend Krähen krächzen zu hören, würde sie sich mit ihm hinsetzen und mit allen Bänden der Encyclopaedia Britannica ein paar seiner irrigen Vorstellungen korrigieren.
Aber jetzt war alles, was sie tun konnte, ihn anzulächeln und ihn so falsch sein zu lassen wie eine kaputte Uhr.
Elissande stöhnte erbittert. Ihrem Kopf ging es
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