Eine skandalöse Versuchung
kennenlerne?«
»Dalziel?«
»Ja, Dalziel. Er hat ganz offensichtlich nicht mit meinem Besuch gerechnet; er hat meine Gegenwart vielmehr als Botschaft verstanden. Aber welche?«
Tristan betrachtete ihr Gesicht, während die Kutsche an einer Kreuzung zum Stehen kam, rechts abbog und weiterrollte. »Ich habe dich mitgenommen, weil die Tatsache, dich zu sehen und dich kennenzulernen, die einzige Botschaft war, die er weder übersehen noch missverstehen konnte. Er ist nun Teil meiner Vergangenheit; du hingegen«, er hob ihre Handfläche an seine Lippen und setzte einen Kuss hinein; dann schloss er seine Finger um ihre Hand, »bist meine Zukunft.«
Sie versuchte, seinen Gesichtsausdruck im schattigen Halbdunkel der Kutsche so gut es ging zu deuten. »Dann ist all das«, mit ihrer freien Hand wies sie auf das hinter ihnen befindliche Whitehall, »also vorbei - Vergangenheit?«
Er nickte. Und führte ihre gefangenen Finger an seine Lippen. »Ein Leben endet, ein neues beginnt.«
Sie blickte in sein Gesicht, in seine dunklen Augen; dann breitete
sich langsam ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie ließ ihre Hand in seiner ruhen und lehnte sich näher an ihn heran. »Gut.«
Sein neues Leben. Er konnte es gar nicht erwarten, endlich damit zu beginnen.
Er war ein Meister der Strategie und Taktik und nicht zuletzt darin, Situationen zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen; schon am nächsten Morgen war sein neuester Plan vollständig ausgereift.
Um zehn Uhr begab er sich zu Leonora, um eine vermeintliche Spazierfahrt zu einer Entführung werden zu lassen. Und zwar nach Mallingham Manor, das momentan völlig frei war von älteren Damen. Diese befanden sich nämlich noch immer in der Stadt, eifrig damit beschäftigt, seinem Plan Beihilfe zu leisten.
Nach einem intimen Mittagsmahl zu zweit widmete er sich selbigem Plan höchstpersönlich mit dem allergrößten Eifer.
Als die Uhr auf dem Kaminsims im herrschaftlichen Schlafgemach des Earls drei schlug, rekelte sich dieser ausgiebig und genoss das Gefühl der Seide, die sanft über seinen Körper glitt, und mehr noch die wohlige Wärme, die Leonoras geschmeidiger Körper ausstrahlte.
Er blickte nach unten. Die wirre Masse mahagonifarbenen Haars verhüllte ihr Gesicht. Unter dem Laken ließ er seine Hand in einer besitzergreifenden Liebkosung über ihre Hüfte gleiten.
»Hm-m.« So klang eine zufriedene Frau, die soeben innig geliebt worden war. Einen Augenblick darauf murmelte sie: »Du hast das alles geplant, oder?«
Er grinste; der Wolf in ihm war nicht gänzlich verschwunden. »Ich arbeite schon seit geraumer Zeit daran, dich in dieses Bett zu bekommen.« Sein Bett, das Bett des Earls. Wo sie hingehörte.
»Als Kontrast zu den vielen geheimen Winkeln, die du so erfolgreich in den Häusern unserer Gastgeberinnen aufgetan hast?« Sie hob den Kopf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und stützte sich dann mit beiden Armen auf seine Brust, sodass sie ihm ins Gesicht sehen konnte.
»Ganz genau. Jene waren nur ein notwendiges Übel, aufdiktiert von den Wechselfällen der Schlacht.«
Sie sah ihm tief in die Augen. »Ich bin kein Beutestück. Das habe ich dir doch bereits erklärt.«
»Und dennoch musste ich um dich kämpfen.« Er hielt einen Herzschlag lang inne, dann fügte er hinzu: »Und ich habe gesiegt.«
Mit sanft gewölbten Lippen musterte sie unverhohlen sein Gesicht. »Und, ist der Sieg wenigstens süß?«
Er umfasste ihre Hüfte und hielt sie fest an sich gepresst. »Noch viel süßer als erwartet.«
»Wirklich?« Sie ignorierte die Hitze, die plötzlich über ihre Haut schoss, und zog eine Braue hoch. »Und was geschieht als Nächstes, nun da du deine Pläne zur Vollendung gebracht und mich in dein Bett bekommen hast?«
»Da ich fest beabsichtige, dich in diesem Bett zu behalten, würde ich sagen, es wäre das Beste, wenn wir heiraten würden.« Er hob die Hand, fasste nach einzelnen Strähnen ihres Haars und spielte damit. »Was ich dich noch fragen wollte: Wünschst du dir eigentlich eine große Hochzeit?«
Sie hatte noch nie wirklich darüber nachgedacht. Er drängte sie, ergriff beherzt die Initiative - aber andererseits … Sie hatte keineswegs vor, noch mehr ihrer kostbaren Lebenszeit zu vergeuden.
Hier - nackt an seiner Seite liegend - spürte sie überdeutlich, dass die wahre Anziehungskraft, alles was sie letztendlich in seine Arme geführt hatte, von den körperlichen Reizen lediglich unterstrichen wurde. Es war nicht nur die sinnliche
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