Eine skandalöse Versuchung
Mysterium; dann folgte sie ihm die Treppe hinunter.
Sie schlenderte ihm müßig hinterher, während Trentham systematisch jedes Fenster und jede Tür im Erdgeschoss überprüfte. Dann ging er hinunter ins Untergeschoss und tat dort das Gleiche. Sein Vorgehen war gründlich und - soweit sie das beurteilen konnte
- überaus professionell, so als wäre die Aufgabe, Gebäude vor Eindringlingen zu sichern, ein fester Bestandteil seiner ehemaligen Pflichten gewesen. Es fiel ihr zunehmend schwerer, ihn als gewöhnlichen »Mann vom Militär« abzutun.
Schließlich nickte er Daisy beruhigend zu. »Es sieht besser aus, als ich erwartet hätte. Hatte Miss Timmins schon immer Angst vor Einbrechern?«
»O ja, Mylord, Sir. Schon seit ich hier bin und mich um ihren Haushalt kümmere, und das sind jetzt bald sechs Jahre.«
»Wenn Sie jedes Schloss gewissenhaft abschließen und jeden Riegel vorschieben, dann sind Sie hier so sicher, wie man es nur sein kann.«
Sie ließen eine dankbare und beruhigte Daisy an der Haustür zurück und gingen langsam den Weg entlang zum Tor. Dort angekommen blickte Leonora, die in der Zwischenzeit ihren eigenen Gedanken nachgegangen war, zu Trentham auf. »Ist das Haus tatsächlich sicher?«
Er sah sie an und hielt ihr das Tor auf. »So sicher, wie ein Haus eben sein kann. Wenn jemand unbedingt hineinkommen will, wird er einen Weg finden.« Seite an Seite gingen sie den Gehweg entlang. »Er könnte zum Beispiel Gewalt anwenden - ein Fenster einschlagen oder eine Tür eintreten - und auf diese Weise in das Haus eindringen, aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich unser Einbrecher derart grob verhalten wird. Wenn wir mit unserer Vermutung richtigliegen und er sich Zugang zu Ihrem Haus verschaffen will, dann muss er, um sich von Nummer sechzehn aus durch die Kellerwände zu graben, mehrere Nächte ungestört arbeiten können. Und das kann er nicht, wenn er sich dabei zu auffällig verhält.«
»Das heißt, solange Daisy sorgfältig achtgibt, dürfte nichts passieren.«
Als er nichts erwiderte, sah sie zu ihm auf. Er spürte ihren Blick, begegnete ihm. Und zog eine Grimasse. »Bevor wir hineingegangen sind, habe ich mich gefragt, ob man nicht irgendwie eine männliche
Arbeitskraft in den Haushalt einschleusen könnte, zumindest bis wir den Einbrecher dingfest gemacht haben. Aber sie hat Angst vor Männern, nicht wahr?«
»Ja.« Leonora war erstaunt, dass er dies bemerkt hatte. »Sie sind der erste Mann, den ich kenne, mit dem sie freiwillig über mehr als nur die banalsten Gemeinplätze gesprochen hat.«
Er nickte und sah zu Boden. »Ein Mann im Haus wäre für sie nur eine zusätzliche Belastung, daher ist es umso beruhigender, dass wenigstens die Schlösser in einem einwandfreien Zustand sind. Wir werden uns auf sie verlassen müssen.«
»Und alles daransetzen, den Einbrecher so bald wie möglich zu schnappen.«
Ihre Stimme war voller Entschlossenheit.
Sie waren am Tor von Nummer vierzehn angekommen. Tristan blieb stehen und richtete seinen Blick wieder auf Leonora. »Ich nehme an, es hat wenig Sinn, weiter darauf zu beharren, dass Sie den Einbrecher mir überlassen.«
Ihre veilchenblauen Augen wirkten unnachgiebig. »Nicht den geringsten.«
Er atmete aus, während er seinen Blick die Straße hinunterwandern ließ. Er war durchaus bereit, für einen guten Zweck zu lügen. Er war ebenso bereit, eine Ablenkungstaktik zu wagen, die überaus riskant war. Bevor Leonora ihm entwischen konnte, ergriff er ihre Hand. Er wandte sich ihr zu und sah sie eindringlich an. Ohne seinen Blick von ihr lösen, suchten seine Finger nach der Öffnung ihrer Handschuhe und schoben sie weit auseinander, dann führte er ihr entblößtes Handgelenk an seine Lippen.
Er spürte, wie sie ein Zittern erfasste, beobachtete, wie ihr Kinn sich hob, ihre Augen sich verdunkelten.
Er lächelte kalkuliert, absichtsvoll. Und verkündete leise: »Was zwischen uns ist, wird auch zwischen uns bleiben, aber es ist keineswegs verschwunden.«
Ihre Lippen waren fest aufeinandergepresst; sie zerrte an ihrem Handgelenk, doch anstatt ihren Bestrebungen nachzugeben, massierte
er mit seinem Daumen langsam die Stelle, die er gerade geküsst hatte.
Ihr Atem stockte, dann fauchte sie ihn an. »Ich bin an keiner Tändelei interessiert.«
Er sah ihr tief in die Augen und zog eine Braue hoch. »Das bin ich ebenso wenig wie Sie.« Er war vielmehr daran interessiert, sie abzulenken. Es war für sie beide das Beste, wenn sie sich
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