Eine Socke voller Liebe
wir gehen
weiter.“
Kaum waren sie ein paar Schritte gelaufen, wurden sie von
einem einzelnen Pilger überholt. Er hatte ein Tempo drauf, als wäre jemand
hinter ihm her. Wie konnte man bei der Affenhitze bloß so rennen?
Die Freundinnen sahen sich lachend an und gaben ihm den Namen
„Speedy Gonzales“.
Der Weg wollte kein Ende nehmen. Bei jedem Schritt entstand
eine dicke Staubwolke unter ihren Füßen, die die nackten Beine bis zu den Knien
mit einer immer dunkler werdenden Staubschicht bedeckte.
Bäume und Sträucher wuchsen nach wie vor nur in weiter Ferne.
Wieder malten sie sich Horrorgeschichten aus und versuchten
ihre Schwäche mit Albernheiten zu übertrumpfen. Das Lachen tat gut.
Sabine dachte kurz an ihren nächtlichen Traum. Sollte sie
Andrea davon erzählen? Nein, das würde ihnen beiden jetzt auch nichts nützen
entschied sie und sagte: „Wäre schön, wenn wir jetzt fliegen könnten, was
meinst du?“
„O ja, dann wären wir ruckzuck im Schwimmbad von Los Arcos
und müssten uns nicht länger durch diese heiße Einöde quälen.“
Als endlich das Ortseingangsschild zu sehen war, stießen sie
einen erleichterten Freudenschrei aus. Ein freundliches Städtchen mit schönen,
alten Häusern erwartete sie. Am schönsten aber war der Schatten zwischen den
Gebäuden.
In der Herberge wurden sie freundlich aufgenommen.
Die Frauen belegten zwei Betten mit ihren Rucksäcken, verstauten
ihre Badesachen in zwei Plastiktüten und machten sich auf den Weg ins nahe
gelegene Schwimmbad.
Eine Viertelstunde später standen sie unter einer
erfrischenden Dusche und atmeten tief ein und aus. War das eine Wohltat!
Herrlich!!!
Mit ganz langsamen Bewegungen schwammen sie nebeneinander
durchs Wasser, mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken. Als sie nach kurzer Zeit
aus dem Pool stiegen, machte sich ihre Erschöpfung bemerkbar.
„Brrr, mir ist plötzlich richtig kalt“, stellte Andrea fest
und klapperte mit den Zähnen.
„Und mir ist schwindelig, warte bitte auf mich“, bat Sabine,
als sie die letzte Sprosse der Leiter erklommen hatte.
„Ach, du Gott! Hak dich bei mir ein, bevor du wieder zurück
ins Wasser fällst.“ Andrea reichte der Freundin ihren Arm, und so stolperten
sie gemeinsam auf ein sonniges Wiesenplätzchen zu, um sofort müde auf ihre
Handtücher zu sinken.
Ein paar Minuten später hörte man ein leises Schnarchen…
Sabine sieht einen Engel, der mit einem Drachen kämpft.
Der heilige Michael im Kampf gegen den Teufel?
Sie will in sein Gesicht sehen, aber er bedeckt es mit
einem Schild. Er duckt sich vor dem Feuer speienden Ungeheuer und hält sein
Schwert hoch. Dann richtet er sich auf und stößt es gegen den Drachen .
Wie eine Fontäne spritzt ihr das Blut entgegen. Sie spürt
die Tropfen auf ihrer Haut .
Der Kämpfer nimmt das Schild zur Seite und einen Moment
lang sieht sie Markus‘ angstverzerrtes Gesicht .
Erschreckt fuhr sie hoch.
„Holla, mach langsam“, hörte sie Andrea sagen, die vergnügt
ihre nassen Hände über sie ausschüttelte, „ich wollte dich mit einer kleinen
Erfrischung aufwecken und fragen, ob du auch Hunger hast.“
Sabine nahm ihren Kopf in die Hände und rieb sich die Augen.
„Naja, wie man’s nimmt. Ich habe geträumt, dass mir Blut ins Gesicht spritzt.“
„Ach herrjeh, das tut mir leid. Hattest du wieder einen
dieser Albträume?“
„Ja, von Markus, der mit einem Drachen kämpft.“ Sie schüttelte
ihren Kopf, als könnte sie so das Bild verjagen.
Andrea setzte sich neben sie ins Gras und legte einen Arm um
die Freundin. „Hmm“, summte sie leise.
„Muss ich ein schlechtes Gewissen haben, weil es mir hier so
gut geht?“
„Aber Sabine!!“ Andrea zeigte ihr Unverständnis. „So etwas
darfst du nicht einmal denken! Du weißt, dass du Markus jetzt nicht helfen
kannst. Ich bin davon überzeugt, dass es sogar sehr gut für ihn ist, dass du
hier bist. Außerdem solltest du dich an den Grund deines Hierseins erinnern. Du
wolltest bewusst Abstand schaffen, nach allem was passiert war. Markus hat
Therapeuten und Psychologen, die ihn jetzt an die Hand nehmen. Alles andere
hängt von ihm ganz alleine ab. Von seiner Sucht kann er sich nur selbst
befreien. Aber das weißt du doch!“
„Ich weiß, ich weiß. Du hast ja Recht. Aber ich träume hier
so oft von ihm. Und dieser kurze Traum hat mich gerade ziemlich aus der Fassung
gebracht.“
„Das verstehe ich ja“, Andrea zog ihre Freundin noch einmal
kurz an sich, bevor sie aufstand. „Aber
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