Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Beer
Vom Netzwerk:
Gefühl verschwanden die Albträume.
    14. Räuber
    Seit Stunden waren sie bereits unterwegs auf den
Schotterwegen, die sie entlang einer wenig befahrenen Straße, durch ein
wunderschönes grünes Bachtal und viele kleine Dörfer führten. Der Himmel war
bewölkt und die Sonne gnädig.
    Als sie nach vierstündiger Wanderung in einer gemütlichen Bar
ein dickes Schinken-Käse-Bocadillo verputzten, beschlossen sie, das gute
Wanderwetter auszunutzen und heute noch die Oca-Berge zu überqueren, um im
Kloster San Juan de Ortega zu übernachten.
    Andrea blätterte im Wanderführer und las vor:
    „In Villafranca Montes de Oca schöpften die Pilger früher
Kraft für die lange und gefährliche Überquerung der Oca-Berge, in deren Wäldern
Räuber und Banditen ihr Unwesen trieben.“
    „Uiuiuiuiuiuiui auauauauau“, sang Sabine den Karnevalssong
und lachte, „na dann, nix wie hin. Kraft haben wir jetzt ja geschöpft.“
    Ob es am Wetter, am gestrigen erholsamen Sonntag oder daran
lag, dass sie sich an das Wandern und die Rucksäcke auf ihren Rücken inzwischen
gewöhnt hatten, war eigentlich egal. Tatsache war, dass sie sich noch fit für
den vor ihnen liegenden dreieinhalbstündigen Weg fühlten.
    Nicht weit hinter dem Ortsausgang begann der steile Anstieg
in den Wald. Eine Stunde lang liefen sie über einen schmalen Pfad durch ein
märchenhaft anmutendes Gebiet mit moosbehangenen Eichen und dichtem Farnkraut.
    Dann verwandelte sich der schmale Pfad in eine sehr breite
Brandschneise. Die rote Erde war ausgetrocknet und die steinharten Spurrillen
breiter Fahrzeuge wurden zur Stolperfalle. Am Wegrand wuchsen Heidelbeer- und
Buchsbaumsträucher so dicht neben- und ineinander, dass es unmöglich war, den
harten, holperigen Weg zu verlassen, um im Schatten der Bäume zu wandern.
    „Da haben wir uns ja mal wieder was eingehandelt“, stöhnte
Sabine, „und ausgerechnet jetzt hat die Sonne auch noch die Wolken vertrieben
und brezelt wieder vom Himmel herunter. Ich fass‘ es nicht!“
    „Außer uns ist hier wohl auch niemand unterwegs in dieser
gefährlichen Gegend“, stellte Andrea fest, „ach, da fällt mir ein Witz ein. Was
ruft eine Nonne, wenn sie durch so einen einsamen Wald geht?“
    „Weiß ich nicht.“
    „Nein, das ruft sie nicht.“ Andrea legte die Hände als
Sprachrohr um ihren Mund und rief mit lauter Stimme: „Räuber!“, dann noch
lauter und eindringlicher, „Räuber!“, und dann leiser, als schmeichelnden
Lockruf, „Räuberchen!“ Sie blieb stehen und lachte: „Sollen wir mal zusammen
rufen?“
    Sabine sah sich um und kicherte vergnügt: „Es ist niemand zu
sehen. Also los!“
    „Räuber! – Räuber! – Räuberchen!“
    Ihr letzter Ruf war noch nicht ganz verklungen, als drei
junge Montainbikefahrer an ihnen vorbeiradelten. Die Männer blickten sie ein
wenig irritiert an, denn die beiden Frauen waren in ein schallendes Gelächter
ausgebrochen. Sie hielten sich ihre Bäuche fest, um ein platzendes Zwerchfell
zu vermeiden, während die Lachtränen über ihre Gesichter kullerten. Sie
brauchten lange, bis sie sich wieder beruhigt hatten.
    Von nun an ging’s bergab. Der Gipfel der Oca-Berge war
erreicht, und der Weg führte gemächlich ins Tal.
    Die von harten Furchen durchzogene Schneise endete in einer
schmalen, geteerten Straße, deren ebene Oberfläche eine Wohltat für die
geschundenen Füße war. Sie empfanden es als sehr angenehm, dass die Sonne den
Asphalt butterweich aufgewärmt hatte und jeder Schritt sanft aufgefangen wurde.
    Als das Kloster San Juan de Ortega hinter einer Wegbiegung
auftauchte, waren die beiden Pilgerinnen heilfroh, ihr Tagesziel endlich
erreicht zu haben. Vierunddreißig Kilometer waren wirklich kein „Pappenstiel“,
und siebeneinhalb Stunden Fußmarsch machten sich bemerkbar!
    Nach dem üblichen Procedere, dem Besuch des
Pilgergottesdienstes und dem Genuss des klösterlichen Knoblauchsüppchens,
einschließlich Brot und Vino tinto fielen sie todmüde auf die knarrenden
Stockbetten und schliefen trotz geschätzter vierzig Schnarcher im großen
Schlafsaal tief und fest.
    15.
Irrtümer
    „Wo habe ich denn bloß meine Schuhe hingestellt?“
    Sabine stand vor dem großen Regal und suchte Reihe für Reihe
ab.
    Andrea, die ihre Wanderschuhe gerade zuschnürte, richtete
sich auf.
    „Also, meine standen hier.“ Sie deutete mit der Hand auf
einen freien Platz in der unteren Reihe. „Hattest du deine nicht daneben
gestellt?“
    „Ja, das dachte ich auch, aber da stehen sie

Weitere Kostenlose Bücher