Eine Spur von Lavendel (German Edition)
ergriff sie die Initiative und drängte mich vier Wochen nach unserem ersten Abend dazu, mit ihr zu schlafen.“
Hörbar stieß er den Rauch aus. „Der erste Mann für sie zu sein machte mich natürlich sehr glücklich. In dieser Nacht gestanden wir uns gegenseitig unsere Liebe. Kurze Zeit später stellte ich Adrienne stolz meinen Eltern vor, und wie ich erwartet hatte, war meine Mutter völlig aus dem Häuschen, dass meine Freundin eine Landsmännin von ihr war. Die beiden verstanden sich auf Anhieb, und auch mein Vater war hingerissen von ihr.“
Alexander hielt kurz inne und zog erneut an seiner Zigarette. „Wir waren seit acht Monaten ein Paar, als wir beschlossen, zusammenzuziehen. Ich hatte ein bisschen Geld gespart und richtete meine damalige Wohnung für sie völlig neu ein.“
Ehe er weitersprach, atmete er tief durch. „An meinem achtundzwanzigsten Geburtstag machte ich ihr mit klopfendem Herzen und flatternden Nerven einen Heiratsantrag. Adrienne fiel mir glücklich um den Hals. Ich weiß noch, dass ich mich an diesem Tag einfach unbesiegbar gefühlt habe. Wir warteten mit unserer offiziellen Verlobung noch bis kurz vor Weihnachten, weil Henri dann wieder nach Hause kommen würde. Mein Bruder kehrte also aus Paris zurück – und Adrienne und ich steckten uns unsere Verlobungsringe an den Finger. Die vier Jahre in Frankreich hatten meinen kleinen Bruder erwachsener und deutlich vernünftiger werden lassen. Wir verstanden uns viel besser als zuvor und sahen uns von da an recht häufig.“
Er senkte den Blick und konzentrierte sich auf seine Worte. „Dann … begann das Drama mit meinen Eltern. Meine Mutter fand durch einen Zufall heraus, dass mein Vater seit vielen Jahrenein Verhältnis mit einer jüngeren Kollegin hatte. Stell dir vor, Liebling, fünfzehn Jahre lang! Fünfzehn verdammte Jahre lang hat der Scheißkerl sie belogen und betrogen. Es gab … sogar eine Tochter.“
Linda schnappte erschüttert nach Luft. „Er hatte zusammen mit seiner Geliebten ein Kind?“
Alexander nickte. „Wir haben unsere Halbschwester niemals persönlich kennengelernt.“
Linda bemerkte, dass Alexanders Hände zitterten, als er seine Zigarette ausdrückte und sich sogleich eine neue ansteckte. „Meine Mutter verfiel in schwerste Depressionen und schluckte massenweise Beruhigungsmittel. Innerhalb kürzester Zeit wurde sie tablettenabhängig und landete schließlich in einer Suchtklinik.“
„Deshalb hast du also so empfindlich auf meine Schlaftabletten reagiert“, stellte Linda fest.
Er nickte. „Ich habe damals miterleben müssen, was so eine Sucht in ganz kurzer Zeit aus einem gesunden und schönen Menschen machen kann. Henri und ich, wir lieben unsere Mutter sehr … und es war die Hölle für uns. Mehrere Monate verbrachte sie also zunächst in der Klinik und wechselte dann in eine ambulante Therapie. Wir haben uns abwechselnd um sie gekümmert.“
„Und euer Vater?“
„Claudine lehnte es rigoros ab, ihn auch nur zu sehen, und wir respektierten das selbstverständlich. Auch wir gingen ihm in dieser Zeit tunlichst aus dem Weg, denn wir waren natürlich unglaublich wütend auf ihn und hielten es beide für besser, etwas abzuwarten, damit sich die Wogen wieder etwas glätteten. Kurz bevor meine Mutter aus der Klinik kam, zog mein Vater ganz zu seiner Geliebten.“
Kurz sah Alexander auf, ehe er weitersprach. „Henri steckte die ganze Geschichte etwas besser weg als ich. Sein Verhältnis zu unserem Vater war sowieso nie wirklich unbeschwert gewesen. Bei mir lag die Sache anders. Mein Vater war für mich immer der Inbegriff eines ehrlichen, zuverlässigen Mannes gewesen. Ein Polizist, wie er im Buche steht. Ein Vater, zu dem man in jedernur erdenklichen Weise aufschauen konnte. Ich habe ihn unglaublich bewundert, und mein heroisches Bild von ihm zerfiel nun von heute auf morgen. Meine Mutter hat ihn über alle Maßen geliebt. Es war enorm schwer für mich, zu akzeptieren, was er Claudine und uns angetan hatte, und ich litt höllisch darunter.“
Mit der linken Hand fuhr Alexander sich kurz über das Gesicht und durch seine Haare, dann sprach er weiter. „Adrienne versuchte natürlich, mir zur Seite zu stehen, und sie war mir auch durchaus eine große Hilfe, aber ich machte es ihr in dieser Zeit nicht immer leicht. Ich war wohl oft ziemlich in mich gekehrt und launisch und fraß eine Menge in mich hinein, statt mich ihr voll und ganz anzuvertrauen.“
Er seufzte. „Nun, meine Mutter reichte die
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