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Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Titel: Eine Spur von Lavendel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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musste, schenkte er sich gleich noch einmal nach, während er verzweifelt versuchte, zu verstehen, was hier eigentlich gerade mit ihm, mit seinem Leben, mit seiner Zukunft passiert war.
    Nur wenige Minuten später erschienen Henri und Adrienne zusammen im Wohnzimmer.
    Alexander fixierte sie und registrierte zunächst nur, dass sie sich an den Händen hielten. Eine maßlose, brennende Wut kroch langsam und unaufhaltsam in ihm hoch. Das halb volle Glas in der Hand, stand er auf der anderen Seite des Zimmers und versuchte, irgendwie bei Sinnen zu bleiben.
    Adrienne sagte kein Wort. Sie löste sich schließlich von Henri und ließ sich auf das Sofa fallen. Die Tränen liefen ihr ohne Unterlass über das Gesicht, und sie zitterte am ganzen Körper. Ab und zu schluchzte sie laut auf, während Henri bereits versuchte,seinem Bruder stammelnd zu erklären, wie es zu alldem gekommen war.
    „Hör zu, Alex, wir … Adrienne und ich … Wir haben uns ineinander verliebt. Niemand kann etwas dafür … und wir … Bitte … Alex! Wir haben … so lange … so lange dagegen angekämpft.“
    „Verliebt?“ Alexanders Stimme klang selbst in seinen Ohren vollkommen fremd.
    „Irgendwann war es dann …“ Henris Stimme kippte. „Verzeih mir, Alex! Bitte verzeih mir!“
    „Seit wann?“ Alexander sah zuerst Henri ins Gesicht, aber als er spürte, wie die brennende Wut ihn zu ersticken drohte, richtete er seinen Blick auf Adrienne. „Seit wann fickt er dich?“, schrie er sie außer sich vor Zorn an.
    Er sah Adrienne heftig zusammenzucken, aber sie brachte noch immer kein einziges Wort heraus. Ihr Schluchzen klang nun so verzweifelt und ängstlich, dass es ihm fast das Herz in der Brust zerriss. „Verdammt noch mal, antworte mir, Reny! Seit wann?“
    „An dem Tag, als wir Mutter zum Flughafen gebracht haben, hast du mich gebeten, Adrienne hierherzufahren“, hörte er seinen Bruder leise sagen. „Du hattest Dienst.“
    Alexander ließ Adrienne nicht aus den Augen. „Gott, Reny!“
    Sie sah kurz zu ihm auf, und der Blick aus ihren verweinten Augen war voller Trauer. „Verzeih mir“, flüsterte sie.
    „Sagt mein Bruder die Wahrheit, Reny? Liebst du ihn?“
    Ihre Augen waren unnatürlich groß und so dunkel, dass er kaum die Pupillen darin erkennen konnte. „Ja! Ja, Alex, ich liebe Henri.“
    „Oh mein Gott, Alex!“ Linda hob ihre Hände und streichelte sein Gesicht. Ihre Augen waren feucht.
    Alexander atmete tief durch und nahm noch einen Schluck von seinem Wein. Minutenlang hatte es den Anschein gehabt, als wäre er vollständig in die Vergangenheit abgeglitten, doch als er sie jetzt ansah, wirkte sein Blick wieder klarer.
    „Verstehst du, Linda, sie hat in aller Ruhe mit mir unsere Hochzeit geplant und es währenddessen nicht nur mit mir, sondern auch fröhlich mit Henri getrieben. Ich drehte fast durch, war vollkommen außer mir. Fast ein halbes Jahr lang haben mein kleiner Bruder und meine Verlobte mich betrogen – und ich war die ganze Zeit völlig ahnungslos. In meiner rasenden Wut darüber tat ich etwas sehr Dummes und griff Henri an. Ich prügelte ziemlich hemmungslos auf ihn ein. Erst als mir plötzlich klar wurde, dass er sich überhaupt nicht zur Wehr setzte, sondern meine brutalen Schläge einfach über sich ergehen ließ, kam ich wieder zu mir. Er lag nur still da wie ein Opferlamm. Es mag sich komisch anhören, aber genau in diesem Moment habe ich begriffen, dass er sie mindestens genauso sehr lieben musste, wie ich es tat.“
    Linda bemerkte, wie ein Schauer durch seinen Körper zog.
    „Adrienne saß inzwischen weinend auf dem Fußboden“, fuhr er fort. „Sie hatte zuvor mit all ihrer Kraft versucht, mich von ihm wegzuziehen, aber in meinem grenzenlosen Zorn habe ich sie grob zurückgestoßen. Noch heute bin ich froh darüber, dass damals nicht noch mehr passiert ist. Hätte meine Waffe nicht sicher im Büro gelegen, wer weiß …“
    Alexander schüttelte den Kopf. „Ich hatte jedenfalls für mehrere Minuten total die Kontrolle verloren. Noch am selben Tag zog Adrienne zu Henri. Ich sagte ihr zum Abschied, dass ich sie beide niemals wiedersehen wolle, reichte meinen Jahresurlaub ein und vergrub mich für mehrere Wochen in meiner Wohnung, um mich in aller Ruhe meinem Selbstmitleid hingeben zu können. Ich war restlos am Ende, vollkommen erledigt und wollte sie nur noch hassen, um mit alldem besser fertigwerden zu können. Es hört sich seltsam an, aber es ging nicht. Ich brachte es einfach nicht fertig,

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