Eine Spur von Lavendel (German Edition)
ihnen an den Küchentisch und strich im Vorbeigehen seiner Frau übers Haar, bevor er sich auf dem Stuhl neben ihr niederließ. Der Blick, mit dem er sie betrachtete, während sie ihm und Alexander Kaffee einschenkte, war voller Wärme und Zuneigung.
Erst jetzt ging Alexander auf, wie distanziert die beiden bis gestern Abend noch miteinander umgegangen waren. Davon war jetzt nichts mehr zu spüren. Adrienne stellte die Kaffeekanne beiseite, legte ihre Hand locker auf Henris Oberschenkel und lächelte ihren Mann scheu und sogar etwas verlegen an. Sie machten ganz und gar den Eindruck eines frisch verliebten Paares, das gerade erst begann, sich richtig kennenzulernen.
„Ich musste Claudine versprechen, bald wiederzukommen“, sagte Alexander. „Hoffentlich kriege ich dann auch die Kinder zu Gesicht. Das Haus ist viel zu still ohne die beiden Rangen.“
Adriennes Mutterstolz ließ sie noch ein kleines bisschen mehrstrahlen. „Wir werden unsere Kleinen von dir grüßen, Alex. Sie werden auch darüber traurig sein, dass sie dich nicht gesehen haben. Du weißt ja, wie sehr die beiden dich vergöttern.“
„Ach übertreib nicht, Reny. Nicole wird sich kaum noch an mich erinnern. Im letzten Jahr war sie ja fast noch ein Baby.“
Henri winkte ab. „Du hast ihr doch bei deinem letzten Besuch diesen weißen Plüschkater mitgebracht, erinnerst du dich?“
Alexander nickte. „Natürlich erinnere ich mich.“
„Dieser Kater heißt Alex und ist praktisch ein echtes Familienmitglied geworden“, fuhr Henri fort. „Sie liebt ihn über alles, macht keinen Schritt ohne dieses Vieh und kann angeblich auch nicht einschlafen, wenn sie ihn nicht fest im Arm hält. Nicole weiß ganz genau, von wem sie ihn bekommen hat. Du siehst also, du bist bei deiner kleinen Nichte unvergessen, Bruderherz.“
„Ich fühle mich wirklich geschmeichelt.“ Alexander lachte.
Bereits zwanzig Minuten später war Alexanders Gepäck in seinem Auto verstaut, und sie verabschiedeten sich voneinander.
Henri und Alexander taten sich immer etwas schwer dabei und klopften sich nur freundschaftlich auf die Schultern.
„Ruf mich an, Alex.“
„Versprochen.“
Dann machte Henri seiner Frau Platz und zog sich lächelnd einige Schritte zurück. Als Adrienne ihre Arme um Alexanders Hals legte und ihn zum Abschied auf die Wange küsste, wurde es unerwartet eng in seinem Hals.
„ Au revoir , Reny“, murmelte er heiser in ihr Haar.
„Danke für alles und … mach sie glücklich, chouchou “, flüsterte sie mit einem schelmischen Unterton in der Stimme. Alexander trat einen Schritt zurück und sah sie gleichzeitig strafend und belustigt an.
„Du kannst es nicht lassen, nicht wahr?“, fragte er leise. Schnell drückte er ihr einen Kuss auf die Wange, wechselte noch einen langen Blick mit seinem Bruder, dann winkte er den beiden noch einmal zu und stieg in seinen Wagen.
8. KAPITEL
D er Morgen war trübe und grau, als Alexander die Autobahnausfahrt im Westen von Hamburg hinauffuhr. Dreimal hatte er unterwegs gerastet, um sich zu stärken und etwas auszuspannen. Jedes Mal hatte er sich Unmengen von Kaffee eingeflößt. Es war erst kurz vor sechs Uhr, und er überlegte, ob er trotz der frühen Stunde direkt zu Linda fahren sollte oder doch lieber zuerst in seine Wohnung, um rasch zu duschen und sich etwas Frisches anzuziehen. Obwohl es ihn unbestreitbar zu ihr zog, entschied er sich doch für die zweite Möglichkeit, denn es war Sonntag, und Charlotte musste nicht in die Schule. Er würde sich schließlich auch so schon nicht an ihre Absprache halten, sich vorher telefonisch zu melden. Denn bei ihr anzurufen, um sich irgendwann und irgendwo mit ihr zu verabreden, kam für ihn nicht mehr infrage. Er musste sie sehen, und das möglichst sofort.
Als er eine Stunde später geduscht und umgezogen seine Wohnung wieder verließ, war es zwar immer noch sehr früh, aber es war ihm einfach nicht mehr möglich, noch länger zu warten. Er machte einen kleinen Umweg und besorgte am nahe gelegenen Bahnhof einen kleinen Strauß rosa Rosen und frische Brötchen, dann setzte er sich zurück in sein Auto und versuchte, das nervöse Ziehen in seiner Brust wegzuatmen.
Genau, wie er es erwartet hatte, waren die Vorhänge hinter den Schlafzimmerfenstern noch zugezogen. Leise schloss er die Haustür auf und marschierte auf direktem Weg in die Küche, um den Frühstückstisch zu decken und Kaffee aufzusetzen. Erst als alles fertig und in seinen Augen nahezu perfekt war,
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