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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mrs. Carlyon kommen Sie auch nicht von der Stelle, was?« fuhr er fort.
    »Nein – überhaupt nicht. Wir müssen etwas übersehen haben.« Sie hatte ihm viel von ihren Gesprächen erzählt, teils um ihm an den langen Abenden die Zeit zu vertreiben, teils um ihre Gedanken zu ordnen.
    »Dann müssen Sie noch einmal mit den Leuten sprechen«, schlug er mit feierlicher Miene vor. Mit seinem frisch geschrubbten Gesicht, dem leicht zerzausten Haar und dem Morgenrock schien er nur aus Rosa und Weiß zu bestehen.
    »Nachmittags kann ich Sie entbehren. Bislang haben Sie alles den Männern überlassen. Sicherlich können Sie mit ihren eigenen Beobachtungen auch etwas Konstruktives beitragen? Schauen Sie sich diese Furnival doch einmal selbst an. Die muß ja entsetzlich sein!«
    Er brachte seine Ansichten immer unverblümter zum Ausdruck. Nach Monks und Rathbones Beschreibung war Louisa Furnival genau die Sorte Frau, die Major Tiplady vor Angst und Schrecken in Schweigen erstarren lassen würde. Doch im Grunde hatte er recht. Sie hatte sich fast ausschließlich auf das Urteil anderer verlassen. Wenigstens von Louisa Furnival hätte sie sich selbst ein Bild machen können.
    »Das ist eine hervorragende Idee, Major«, sagte sie zustimmend. »Aber unter welchem Vorwand könnte ich bei einer Frau vorsprechen, die ich noch nie gesehen habe? Sie wird mir sofort die Tür weisen – was auch ziemlich verständlich ist.«
    Er versank für einige Minuten in Grübelei, und Hester verschwand, um mit der Köchin das Dinner zu besprechen. Das Thema wurde nicht wieder aufgenommen, bis sie ihn für die Nachtruhe vorbereitete.
    »Ist sie wohlhabend?« wollte der Major unvermittelt wissen, als sie ihm gerade ins Bett half.
    »Wie bitte?« Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Mrs. Furnival«, wiederholte er ungeduldig. »Ist sie wohlhabend?«
    »Ich glaube schon – ja. Ihr Mann scheint an seinen Verträgen mit der Armee eine Menge zu verdienen. Warum?«
    »Nun, dann bitten Sie sie um Geld«, schlug er folgerichtig vor, während er stocksteif dasaß und sich nicht unter die Decke befördern lassen wollte. »Für Kriegsversehrte aus dem Krimkrieg, für ein Militärkrankenhaus, was weiß ich. Sollte sie Ihnen tatsächlich etwas geben, können Sie es ja an eine entsprechende Institution weiterleiten. Was ich allerdings bezweifle. Oder Sie bitten sie, die Schirmherrschaft über eine derartige Organisation zu übernehmen.«
    »Nur das nicht!« entfuhr es Hester spontan, während sie nach wie vor an ihm schob und zerrte. »Sie würde mich als Betrügerin vor die Tür setzen.«
    Tiplady blieb stur. »Was macht das schon? Auf jeden Fall würde sie erst einmal mit Ihnen sprechen. Sagen Sie, Sie kämen im Namen von Miss Nightingale. Kein Mensch, der etwas auf sich hält, wird diese Frau beleidigen – sie wird fast ebenso verehrt wie die Königin. Sie wollen sich diese Person, diese Furnival, doch einmal ansehen, oder?«
    »Schon«, meinte Hester vorsichtig. »Aber…«
    »Wo ist denn Ihre Courage geblieben, Mädchen? Sie haben doch den Angriff der Light-Brigade miterlebt, nicht wahr?« Er starrte sie herausfordernd an. »Sie haben mir selbst davon erzählt! Und die Belagerung von Sewastopol haben Sie auch überstanden. Fürchten Sie sich jetzt etwa vor einem armseligen, koketten Weib?«
    »Genau wie jede Menge Soldaten vor mir.« Hester grinste.
    »Sie vielleicht nicht?«
    Er zuckte zusammen. »Das war ein ganz gemeiner Seitenhieb.«
    »Aber er hat gesessen«, erklärte sie triumphierend. »Legen Sie sich endlich hin.«
    »Kommen Sie nicht vom Thema ab! Ich kann nicht hingehen also müssen Sie es tun!« Er hockte immer noch auf der Bettkante wie ein Huhn auf der Stange. »Der Feind ist zu bekämpfen, wo immer man ihn trifft. Diesmal hat er den Ort für das Gefecht bestimmt. Sie müssen sich wappnen, Ihre Waffen sorgfältig auswählen und ihn angreifen, wenn er es am wenigsten erwartet.« Endlich schwang er seine Beine hinauf, und Hester warf ihm hastig die Decke über. Zum Schluß seines Appells bedachte er sie noch mit einem inbrünstigen: »Nur Mut!«
    Sie schnitt eine Grimasse, doch er kannte kein Pardon. Während sie die Decke unter ihm einschlug, lag er in scheinbarer Kapitulation auf dem Rücken und schenkte ihr ein engelsgleiches Lächeln.
    »Wie wär’s mit morgen? Am frühen Abend vielleicht, wenn ihr Mann zu Hause ist«, fuhr er gnadenlos fort. »Mit ihm sollten Sie ebenfalls sprechen.«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Gute

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