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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Aufträge übernimmt – aber wenn sie wirklich gestanden hat, wird sie vor Gericht gestellt werden. Einen hervorragenden Strafverteidiger kenne ich zwar auch, aber Peverell…«
    »Nein«, fiel Edith ihr hastig ins Wort. »Er ist Rechtsanwalt, kein Strafverteidiger – er erscheint nicht vor Gericht. Ich schwöre dir, daß er nichts dagegen hätte. Er will bestimmt nur das Beste für Alex. Manchmal hat es den Anschein, als ob er nach Mamas Pfeife tanzen würde, aber das tut er nicht wirklich. Er lächelt sie einfach an und geht seinen eigenen Weg. Bitte, Hester, falls du irgend etwas tun kannst…?«
    »In Ordnung«, versprach Hester und drückte ihre Hand. »Ich will es versuchen.«
    »Danke. Jetzt geh aber, bevor jemand kommt und uns hier findet. Bitte!«
    »Sicher. Laß dich nicht unterkriegen.«
    »Ich werd’ mir Mühe geben – und nochmals danke.«
    Hester drehte sich schnell um, nahm dem wartenden Mädchen ihren Umhang ab und ging zur Tür. Ihre Gedanken überschlugen sich immer noch, ihr Inneres befand sich in einem einzigen Aufruhr, und vor ihrem geistigen Auge prangte klar und deutlich das Konterfei von Oliver Rathbone.

2
    Als Hester zurückkam, sah Major Tiplady – der wenig anderes zu tun hatte, als aus dem Fenster zu starren – ihr sofort an, daß etwas Beunruhigendes geschehen war. Es stand ohnehin bald in allen Zeitungen, folglich bedeutete es für sie keinen Vertrauensbruch, ihm davon zu erzählen. Indem sie es vor ihm verheimlichte, schloß sie ihn nur unnötig aus und erschwerte es sich selbst erheblich, ihm zu erklären, warum sie in Zukunft öfter freihaben wollte.
    »Du liebe Zeit«, sagte er, als er die Neuigkeiten erfuhr. Er saß kerzengerade auf seiner Chaiselongue. »Das ist ja schrecklich! Glauben Sie, die Ärmste hat tatsächlich den Verstand verloren?«
    »Welche?« Sie stellte sein Teetablett, das das Mädchen noch nicht abgeräumt hatte, auf den kleinen Beistelltisch. »Die Witwe oder die Tochter?«
    »Wieso…« Dann wurde ihm plötzlich klar, was sie meinte.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich könnte es jeder von beiden passiert sein. Bedauernswerte Geschöpfe.« Er sah sie bekümmert an. »Was schlagen Sie vor? Mir fällt nichts ein, aber Sie scheinen eine Idee zu haben.«
    Hester bedachte ihn mit einem kurzen, unsicheren Lächeln.
    »Ich weiß nicht genau.« Sie klappte sein Buch zu und legte es neben ihn auf den Tisch. »Ich kann versuchen, den besten Anwalt für sie aufzutreiben – den sie sich leisten kann.« Sie verstaute seine Schuhe ordentlich unter der Chaiselongue.
    »Kümmert sich ihre Familie denn nicht darum?« fragte er.
    »Großer Gott, setzen Sie sich doch endlich, gute Frau! Wie soll man sich konzentrieren können, wenn Sie ständig auf und ab laufen? Sie machen mich ganz nervös.«
    Sie blieb abrupt stehen, drehte sich um und schaute ihn an.
    Mit für ihn untypisch rascher Auffassungsgabe runzelte er die Stirn. »Sie müssen sich nicht ununterbrochen beschäftigen, nur um Ihre Stellung zu rechtfertigen. Es reicht vollkommen, wenn Sie meine Wünsche erfüllen. Und jetzt verlange ich von Ihnen, daß Sie stillstehen und mir vernünftige Antworten geben – wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Ihrer Familie wäre es recht, wenn man sie mit so wenig Aufhebens wie möglich einsperren würde«, gab Hester zurück. Sie stand mit verschränkten Armen vor ihm. »Nach einem Mord verursacht das wohl den geringsten Skandal.«
    »Ich gehe davon aus, daß sie jemandem anderen die Schuld in die Schuhe geschoben hätten, wenn das möglich gewesen wäre«, sagte er nachdenklich. »Aber diese Möglichkeit hat sie durch ihr Geständnis wohl zunichte gemacht. Ich weiß allerdings immer noch nicht, was Sie bei dem Ganzen tun können, meine Liebe.«
    »Ich kenne einen Anwalt, der in aussichtslosen Fällen Wunder vollbringt.«
    »Tatsächlich?« Tiplady schien skeptisch. Er saß nach wie vor kerzengerade da und schaute etwas beklommen drein. »Und Sie glauben, er übernimmt den Fall?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich werde ihn fragen und mein Möglichstes tun.« Sie blieb stehen und wurde rot. »Das heißt – wenn Sie mir freigeben würden, um ihn aufzusuchen?«
    »Selbstverständlich. Aber…« Er wirkte ein wenig befangen.
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich über den Stand der Dinge auf dem laufenden halten könnten.«
    Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Sicher. Diese Sache stehen wir gemeinsam durch.«
    »O ja«, sagte er überrascht und mit wachsender

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