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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Wort darauf.«
    »Vielen Dank. Ich bin Ihnen sehr verbunden.« Hester stand auf, woraufhin er ihrem Beispiel automatisch folgte. Siedend heiß fiel ihr ein, daß sie ihm für seine Zeit Geld schuldig war. Er hatte ihr fast eine halbe Stunde geopfert, und sie war hierhergekommen, ohne überhaupt über die Bezahlung nachzudenken. Sein Honorar verschlang gewiß einen ganz erheblichen Teil ihres recht schmalen Budgets. Was für ein blöder und peinlicher Fehler!
    »Ich werde Ihnen die Rechnung schicken, wenn der Fall abgeschlossen ist«, sagte er, scheinbar ohne ihre Konfusion bemerkt zu haben. »Sie werden verstehen, daß alles, was Mrs. Carlyon mir erzählt, vertraulich behandelt werden muß – falls sie mich engagiert und ich den Fall übernehme. Aber ich werde Sie natürlich wissen lassen, ob ich sie verteidigen kann oder nicht.« Er umrundete seinen Schreibtisch und ging zur Tür.
    »Selbstverständlich«, erwiderte sie ein wenig steif und vor Erleichterung ganz überwältigt. Zum Glück war ihr erspart geblieben, einen kompletten Narren aus sich zu machen. »Ich wäre froh, wenn Sie helfen könnten. Ich fahre sofort zu Mrs. Sobell und gebe ihr Bescheid – Mr. Erskine natürlich auch.« Daß Peverell Erskine noch völlig im dunkeln tappte, erwähnte sie wohlweislich nicht. »Guten Tag, Mr. Rathbone – und herzlichen Dank.«
    »Es war mir ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, Miss Latterly.«
    Er hielt ihr die Tür auf und wartete, bis sie hinausgegangen war. Dann blieb er noch einige Sekunden stehen und schaute ihr nach.
    Hester begab sich auf direktem Weg zum Haus der Carlyons und fragte das Stubenmädchen, ob Mrs. Sobell zu Hause sei.
    »Ja, Miss Latterly«, antwortete sie hastig. Ihr Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, daß Edith Hesters Kommen bereits angekündigt hatte. »Wenn Sie mir bitte in Mrs. Sobells Wohnzimmer folgen wollen, Ma’am«, fügte das Mädchen hinzu, warf einen kurzen Blick in die Halle, hob trotzig das Kinn, lief blitzschnell über das Parkett und die Treppe hinauf – alles im Vertrauen darauf, daß Hester ihr auf den Fersen blieb.
    Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock bog sie in den Ostflügel ab. Dort angelangt, öffnete sie die Tür zu einem kleinen, sonnendurchfluteten Raum, der mit mehreren Lehnsesseln, einem mit geblümtem Stoff bezogenen Sofa sowie ein paar dezenten Aquarellen ausgestattet war.
    »Miss Latterly, Ma’am«, sagte sie leise und zog sich unauffällig zurück.
    Edith sprang erwartungsvoll auf.
    »Hester! Hast du mit ihm gesprochen? Was hat er gesagt? Wird er den Fall übernehmen?«
    Hester mußte unwillkürlich schmunzeln, obwohl das, was sie zu berichten hatte, kaum Anlaß zur Freude bot.
    »Ja, ich habe mit ihm gesprochen, aber natürlich kann er einen Fall erst dann übernehmen, wenn der Rechtsbeistand der betroffenen Person ihn darum bittet. Bist du sicher, daß Peverell Alexandras Vertretung durch Rathbone zustimmen wird?«
    »Völlig – nur leicht wird es nicht, zumindest befürchte ich das. Peverell scheint der einzige zu sein, der bereit ist, sich für Alex einzusetzen. Aber falls er Mr. Rathbone darum bitten sollte, übernimmt er den Fall dann? Du hast ihm doch gesagt, daß sie gestanden hat, oder?«
    »Natürlich hab ich das.«
    »Gott sei Dank. Hester, ich bin dir wirklich schrecklich dankbar für alles. Komm, setz dich doch.« Sie kehrte zu ihrem Sessel zurück, rollte sich darin zusammen und deutete einladend auf den anderen. Hester ließ sich nieder, wobei sie ihre Röcke so zurechtlegte, daß es möglichst bequem war. »Und wie geht es jetzt weiter? Er wird selbstverständlich mit Alex sprechen, aber was ist, wenn sie bei dem Geständnis bleibt?«
    »Dann wird er eine Art Privatdetektiv anstellen, der die Ermittlungen für ihn weiterführt«, erwiderte Hester und gab sich alle Mühe, überzeugter zu klingen, als sie war.
    »Was kann der schon tun, wenn sie ihm nichts erzählt?«
    »Ich weiß es nicht, aber er ist besser als die meisten Polizisten. Wieso hat sie es eigentlich getan, Edith? Ich meine, was hat sie gesagt?«
    Edith biß sich auf die Lippen. »Das ist das aller schlimmste. Angeblich aus Eifersucht wegen Thaddeus und Louisa.«
    »Oh – ich…«, Hester war völlig verdutzt.
    »Ich weiß.« Edith saß da wie ein Häufchen Elend. »Es ist wirklich erbärmlich, nicht? Und unangenehm glaubhaft, wenn man Alex kennt. Sie ist unkonventionell genug, um auf einen solchen Einfall zu kommen. Ich kann mir nur beim besten Willen nicht vorstellen,

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