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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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daß sie Thaddeus jemals mit solcher Intensität geliebt haben soll. Und wenn doch, dann bestimmt nicht in letzter Zeit.«
    Einen Moment lang schien ihre Offenheit ihr peinlich zu sein, doch dann gewann das Wissen um die Dringlichkeit und Tragik der Situation wieder die Oberhand. »Bitte, Hester, laß dich durch deine verständliche Abneigung gegenüber solchen Verhaltensweisen nicht davon abbringen, dein Möglichstes zu tun, um ihr zu helfen. Ich denke nicht, daß sie ihn getötet hat. Ich halte für wesentlich wahrscheinlicher, daß Sabella diejenige war – Gott vergebe ihr oder vielleicht sollte ich sagen, Gott helfe ihr. Bei ihr kann ich mir tatsächlich vorstellen, daß sie den Verstand verloren hat.« Ihr Gesicht nahm einen düsteren Ausdruck an. »Und daß Alex die Schuld auf sich nimmt, hilft niemandem. Sie werden eine Unschuldige hängen, und Sabella wird in ihren lichten Momenten noch mehr leiden – verstehst du, was ich meine?«
    »Natürlich verstehe ich das«, stimmte Hester zu, obwohl sie es im Grunde nicht für gänzlich ausgeschlossen hielt, daß Alexandra Carlyon ihren Mann auf genau die von ihr geschilderte Art und Weise getötet hatte. Es wäre jedoch grausam und zwecklos gewesen, Edith ausgerechnet jetzt davon in Kenntnis zu setzen, wo sie so felsenfest von Alexandras Unschuld überzeugt war – oder es zumindest leidenschaftlich gern sein wollte. »Hast du eine Ahnung, warum Alexandra Grund zur Eifersucht zu haben glaubte?«
    In Ediths Blick lagen Hohn und Schmerz zugleich.
    »Du kennst Louisa Furnival nicht, sonst würdest du nicht fragen. Sie ist der Typ Frau, der jeden eifersüchtig machen kann.«
    Ihr ausdrucksvolles Gesicht war voll Abneigung, spöttischer Verachtung und noch etwas anderem, etwas, das fast an Bewunderung grenzte. »Es ist die Art, wie sie geht, ihre Ausstrahlung, ihr Lächeln, das dich glauben läßt, sie hätte etwas, was du nicht hast. Selbst wenn sie nicht das geringste tut und dein Mann sich nicht die Spur für sie interessiert, könntest du dir mit Leichtigkeit das Gegenteil vorstellen, einfach wegen ihrer Art.«
    »Das klingt nicht gerade ermutigend.«
    »Andererseits wäre ich wirklich überrascht, wenn Thaddeus ihr jemals mehr als einen flüchtigen Blick geschenkt hätte. Er war in keiner Weise ein Charmeur, nicht einmal in bezug auf Louisa. Er war…« Sie zuckte andeutungsweise mit den Achseln, um ihre Hilflosigkeit zu demonstrieren. »Er war voll und ganz Soldat, ein Mann in einer Männerwelt. Stets höflich den Frauen gegenüber, das zweifellos, aber ich glaube nicht, daß er sich in unserer Mitte je richtig wohlgefühlt hat. Im Grunde wußte er nicht, worüber er mit uns reden sollte. Natürlich hat er wie jeder kultivierte Mann gelernt, Konversation zu betreiben, aber es war eben angelernt, wenn du verstehst, was ich meine.« Sie schaute Hester fragend an. »Er war brillant im Gefecht, unerschrocken, entscheidungsfreudig und urteilsstark; und er konnte mit seinen Soldaten gut umgehen, genau wie mit jungen Männern, die sich für die Armee interessierten. In diesen Situationen blühte er richtig auf; ich habe seinen Blick gesehen und weiß, wieviel es ihm bedeutet hat.«
    Sie seufzte. »Er ist stets davon ausgegangen, daß Frauen sich bei solchen Themen nur langweilen, aber das ist einfach nicht wahr. Ich hätte mich nicht die Spur gelangweilt – doch das spielt jetzt wohl keine Rolle mehr. Was ich sagen will, ist, daß es sich im Rahmen eines Gesprächs über Gefechtsstrategien und die relativen Vorzüge eines Gewehrs gegenüber einem anderen vermutlich schlecht flirten läßt. Und schon gar nicht mit jemandem wie Louisa. Selbst wenn er es aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz doch getan haben sollte, begeht man deshalb noch langen keinen Mord, das wäre ja…« Sie verzog das Gesicht zu einer vielsagenden Grimasse. Hester überlegte flüchtig – und unvermittelt schmerzlich berührt –, wie Oswald Sobell wohl gewesen sein mochte. Hatte Edith im Verlauf ihrer kurzen Ehe selbst gelegentlich unter Eifersucht gelitten, die eine oder andere Kränkung hinnehmen müssen? Doch dann wurde sie sich der Dringlichkeit der Gegenwart wieder bewußt und kehrte zum Thema Alexandra zurück.
    »Ich nehme an, es ist besser, wenn die Wahrheit ans Licht kommt, egal wie sie aussieht«, sagte sie laut. »Und ich könnte mir durchaus vorstellen, daß weder Alexandra noch Sabella ihn umgebracht haben, sondern ganz jemand anders. Vielleicht flirtet Louisa Furnival wirklich gern und

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