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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Beweismittel ist unzureichend, Mrs. Carlyon.« Er stand immer noch in der Mitte der Zelle und schaute auf sie hinab. Sie machte keinerlei Anstalten aufzustehen. »Wenn Sie es jetzt aus irgendwelchen Gründen zurückziehen würden«, fuhr er fort, »müßte die Staatsanwaltschaft Ihre Schuld erst beweisen. Obwohl eine Verteidigung zugegebenermaßen schwieriger sein wird, nachdem Sie bereits gestanden haben. Es sei denn, Sie hatten einen guten Grund dafür.« Er formulierte es bewußt nicht als Frage. Er glaubte nicht, daß ihre Resignation dem Gefühl entsprang, durch das Geständnis auf ewig verdammt zu sein. Er hatte eher den Eindruck, daß etwas anderes dahintersteckte, etwas, das er noch nicht ganz verstand. Aber dies war zumindest ein Ansatzpunkt.
    Sie lächelte traurig. »Den besten, Mr. Monk. Ich bin schuldig. Ich habe meinen Mann getötet.« Sie hatte eine auffallend angenehme, dunkle und etwas rauhe Stimme, ihre Aussprache war außerordentlich deutlich.
    Aus heiterem Himmel hatte er plötzlich das Gefühl, genau das gleiche schon einmal getan zu haben. Gewaltige Empfindungen stürmten auf ihn ein: Furcht, Liebe, Wut. Und genauso schnell war es wieder vorbei; atemlos und verwirrt blieb er zurück. Er starrte Alexandra Carlyon an, als hätte er soeben erst die Zelle betreten und die Eigentümlichkeiten ihres Gesichts registriert.
    »Wie bitte?« Was immer sie gesagt hatte, es war ihm entgangen.
    »Ich habe meinen Mann getötet, Mr. Monk«, wiederholte sie.
    »Jaja, das habe ich gehört. Und weiter?« Er schüttelte den Kopf, um wieder zu sich zu kommen.
    »Nichts weiter.« Sie runzelte verwundert die Stirn.
    Nur unter allergrößter Anstrengung konzentrierte er sich wieder auf die Ermordung des Generals.
    »Ich habe mit Mr. und Mrs. Furnival gesprochen.«
    Diesmal fiel ihr Lächeln anders aus. Es war voll Bitterkeit und Selbstironie.
    »Ich wünschte, Sie könnten Louisa Furnival die Tat nachweisen, aber das ist unmöglich.« Ihre Stimme geriet eigenartig ins Stocken, was Monk unter anderen Umständen vielleicht als Lachen interpretiert hätte. »Wenn Thaddeus sie verschmäht hätte, wäre sie wahrscheinlich wütend gewesen, vielleicht sogar außer sich, aber ich bezweifle, daß sie irgendeinen Menschen schon einmal genügend geliebt hat, um etwas darauf zu geben, ob er sie wiederliebt oder nicht. Die einzige Person, die sie meiner Meinung nach umbringen könnte, wäre eine andere Frau – eine wirklich schöne Frau, die sie als Rivalin oder Bedrohung empfindet.« Ihre Augen weiteten sich, während die Phantasie mit ihr durchging. »Ja, wenn Maxim sich so sehr in eine andere Frau verlieben würde, daß er es nicht mehr verbergen könnte, wenn jeder wüßte, daß Louisa aus dem Rennen ist – dann könnte sie zur Mörderin werden.«
    »Hat Maxim Sie denn nicht ausgesprochen verehrt?« Nur weil sie dem kleinen Fensterviereck zugewandt saß und das Tageslicht voll auf sie fiel, konnte er die schwache Röte in ihren Wangen erkennen.
    »Doch – ja, das hat er, früher einmal – aber nie in dem Ausmaß, daß er Louisa verlassen hätte. Maxim ist ein sehr moralischer Mensch. Außerdem lebe ich noch. Thaddeus ist derjenige, der umgebracht wurde.« Ihre letzten Worte klangen völlig unbeteiligt, waren bar jeglichen Bedauerns. Wenigstens spielte sie ihm nichts vor, heuchelte nicht und versuchte auch nicht, sein Mitgefühl zu wecken. Er rechnete es ihr hoch an.
    »Ich habe mir die Galerie und das Geländer angesehen, über das er gestürzt ist.«
    Sie zuckte zusammen.
    »Ich nehme an, er fiel rückwärts?«
    »Ja.« Ihre Stimme schwankte, war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Auf die Ritterrüstung?«
    »Ja.«
    »Das muß einen Heidenlärm verursacht haben.«
    »Allerdings. Ich rechnete eigentlich jeden Moment damit, daß jemand kommen und nachsehen würde – aber es kam keiner.«
    »Der Salon liegt im rückwärtigen Teil des Gebäudes. Das war Ihnen doch bekannt.«
    »Selbstverständlich. Ich dachte, einer der Dienstboten könnte es gehört haben.«
    »Und wie ging es weiter? Sie liefen nach unten, fanden ihn besinnungslos auf dem Boden vor, und da weit und breit keine Menschenseele zu sehen war, packten Sie die Hellebarde und stießen damit zu?«
    Ihre Augen waren zwei dunkle Löcher im abgrundtiefen Weiß ihres Gesichts. Jetzt drohte ihre Stimme ihr wirklich den Dienst zu versagen.
    »Ja.«
    »In seine Brust? Er lag doch auf dem Rücken. Haben Sie nicht gesagt, er wäre rückwärts hinuntergestürzt?«
    »Ja.« Sie

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