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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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daß nichts, was sie sagt, für Mrs. Carlyon oder sonst jemanden von Nutzen sein könnte.« Seine Miene war verschlossen und unnachgiebig. »Ich muß Sie bitten, nicht mehr herzukommen. Man wird Ihnen keinen Einlaß gewähren, auch wenn sie Gegenteiliges behauptet hat. Ich bedaure, Ihnen nicht helfen zu können, aber es müßte eigentlich jedem verständlich sein, daß wir nicht dazu in der Lage sind. Guten Tag. Das Mädchen wird Sie zur Tür begleiten.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt, marschierte demonstrativ hinaus und ließ Monk allein.
    Monk blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls zu gehen. In seinem Kopf herrschte ein einziges Chaos. Wie Edith Sobell bereits angedeutet hatte, war Sabella Pole sicherlich temperamentvoll und labil genug, um ihren Vater von der Galerie gestoßen und anschließend mit der Hellebarde durchbohrt haben zu können. Darüber hinaus schien sie kein Verhältnis zu Sitte und Anstand, zu den mit ihrer gesellschaftlichen Stellung verbundenen Ansprüchen und vielleicht sogar zu geistiger Gesundheit zu haben.
    Am kommenden Tag hatte Monk eine Verabredung mit Hester Latterly. Nicht, daß er schrecklich versessen daraufgewesen wäre, sie zu sehen – seine Gefühle ihr gegenüber waren außerordentlich gemischt –, aber sie war eine ausgezeichnete Verbündete. Sie verfügte über eine scharfe Beobachtungsgabe und konnte Frauen schlicht und einfach deshalb wesentlich besser beurteilen, weil sie eine Frau war. Außerdem hatte sie in einer anderen Gesellschaftsschicht das Licht der Welt erblickt, so daß sie gewisse Feinheiten wahrnehmen und interpretieren konnte, die er womöglich leicht mißverstand. Dieser Herkunft hatte sie auch ihre Bekanntschaft mit Edith Sobell und somit den Zugang zur Familie Carlyon zu verdanken. Das konnte von unschätzbarem Wert sein, falls sich der Kampf für Alexandras Sache als lohnenswert erwies.
    Er kannte Hester seit den Ermittlungen im Mordfall Grey, die nun fast ein Jahr zurücklagen. Sie war zu Besuch auf Shelbourne Hall gewesen, dem Landsitz der Familie Grey, während er dort Nachforschungen anstellen mußte. Bei einem Spaziergang auf dem Anwesen war sie ihm zufällig über den Weg gelaufen. Er hatte sie zunächst eingebildet, überheblich, rechthaberisch, unangenehm direkt und für seinen Geschmack in keiner Weise attraktiv gefunden doch dann hatte sie sich als überaus erfinderisch, beherzt und entschlossen erwiesen, und ihre Offenheit war zuweilen ein regelrechter Segen gewesen. Mit ihren verbalen Unverschämtheiten und der blinden Weigerung, seinen Defätismus zu akzeptieren, hatte sie ihn aus einem Zustand tiefster Resignation gerissen.
    Es hatte sogar Momente gegeben, in denen er für sie derart aufrichtige freundschaftliche Gefühle empfand wie für sonst niemanden, nicht einmal für John Evan. Sie sah ihn nicht durch die rosarote Brille der Bewunderung, war unbeeinflußt von Eigeninteresse oder der Angst um ihre Position. Einen Freund zu haben, der einen so akzeptierte wie man war – der einen völlig am Ende gesehen und von der häßlichsten Seite kennengelernt hatte, der weder davor zurückschreckte noch die Augen verschloß, der die Dinge dennoch beim Namen nannte und nicht bereit war, einen im Stich zu lassen –, das war ein außerordentlich tröstlicher Gedanke.
    So machte er sich also am frühen Nachmittag auf den Weg, um Hester von Major Tipladys Wohnung in der Great Titchfield Street abzuholen. Er hatte vor, mit ihr zu Oxford Street zu laufen, wo sie in einem gemütlichen Kaffeehaus Tee oder heiße Schokolade trinken konnten. Wer weiß, vielleicht wurde es sogar ganz nett.
    Kaum hatte er Tipladys Haus erreicht, kam sie auch schon hoch erhobenen Hauptes und mit kerzengeradem Rücken, als befände sie sich auf einer Parade, die Treppe hinuntermarschiert. Es erinnerte ihn stark an ihre erste Begegnung; sie hatte eine ganz individuelle Art, sich durch die Welt zu bewegen. Einerseits irritierte ihn das Forsche und Zielstrebige daran, beides Eigenschaften, die er eher einem Soldaten als einer Frau zuordnete – andererseits übte es eine eigenartig beruhigende Wirkung auf ihn aus, weil es so vertraut war. Es führte ihm wieder deutlich vor Augen, daß sie die einzige gewesen war, die im Mordfall Grey weitergekämpft hatte, die sich nicht entsetzt und enttäuscht von ihm zurückgezogen hatte, als er selbst plötzlich nicht nur hoffnungslos, sondern geradezu fatal in den Fall verstrickt gewesen war.
    »Guten Tag, Mr. Monk«, begrüßte sie

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