Eine Squaw wie Dynamit
dieser Mrs. Dexter? Was hat sie ausgefressen, dass Sie nicht so gut auf sie zu sprechen sind?«
Betsy winkte ab. »Ach, so wichtig ist das auch wieder nicht. Nachher sehen Sie sie ja selbst. Dann können Sie sich eine eigene Meinung bilden. Das ist das Beste.«
»Wo Sie recht haben, haben Sie recht.« Lassiter wechselte das Thema. »Jetzt, wo Sie wissen, dass Ihre Freundin nicht mehr in der Stadt ist, müssen Sie sich umorientieren. Wollen Sie in Kayenta bleiben oder wieder zurück nach Mexican Hat?«
Das Mädchen brachte das Frühstück. »Guten Appetit, die Herrschaften.«
Lassiter langte herzhaft zu, während Betsy tief in Gedanken auf die am Querbalken baumelnde Petroleumlampe starrte.
»Lassen Sie ihre Eier nicht kalt werden«, mahnte er.
Sie nahm das Brot, biss ab und begann zu kauen. »Bei Lichte besehen, sind beide Varianten nicht so richtig nach meiner Fasson«, sagte sie mit vollem Mund. »In Kayenta kenne ich niemanden, und in Mexican Hat möchte ich im Moment nicht mal tot über dem Zaun hängen.«
Lassiter schmunzelte über die bildhafte Metapher. Das Wortspiel erinnerte ihn irgendwie an seine Bekannte Calamity Jane Cannary, die ebenfalls zu solchen kessen Sprüchen neigte.
»Wäre ich Sie, dann würde ich einstweilen im Reservat bei Will Paisley bleiben, jedenfalls so lange, bis die Sache mit Magena über die Bühne gegangen ist. Wenn Gras über alles gewachsen ist, können Sie ja wieder nach Mexican Hat zurückgehen.«
Betsy blieb ihm die Antwort schuldig.
Unbeirrt spann Lassiter den Faden weiter. »In Kayenta wollen Sie nicht bleiben, nach Mexican Hat zieht es Sie auch nicht.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Ihnen bleibt gar nichts weiter übrig, als sich bei Will Paisley einzuquartieren.«
Sie zog eine Grimasse.
»Mein Gott, was haben Sie gegen ihn?«
»Nichts.«
»Nichts?« Er biss von seinem Brot ab. »Dann verstehe ich nicht, warum Sie sich so störrisch geben.«
»Das liegt doch auf der Hand«, sagte sie leise.
»Nicht auf meiner.«
»Sie verstehen nicht?« Betsy legte ihre Gabel auf den Teller. »Sehen Sie mich an, Lassiter! Ich bin eine Prostituierte, ein lockeres Vögelchen – eine Hure, die mit jedem Mann, der zahlt, in die Kiste springt …«
»Betsy, was …?«
Sie schnitt ihm das Wort ab. »Lassen Sie mich ausreden! – Also, bei aller Liebe, ich will und kann Will Paisley nicht zumuten, dass er in seinem Haus eine Hure einquartiert. Sie wissen selbst, was für ein pingeliger Geselle er ist.«
Daher wehte der Wind also! Lassiter begriff. Betsy wollte den Indianeragenten nicht kompromittieren. Sie schämte sich ihrer Profession.
»Sie sind eine feinfühlige Frau«, erklärte er. »Ich kenne eine Menge Ladys aus dem horizontalen Gewerbe, denen das völlig egal wäre. Aber ich finde, Sie übertreiben, Betsy.« Er sah sie groß an. »Will Paisley würde das nichts ausmachen. Ganz im Gegenteil. Er ist ein verdammt netter Kerl.«
»Eben darum.« Sie trank von ihrer Milch.
Lassiter grinste verschmitzt. »Sie haben sich in ihn verguckt, oder?«
Betsy lief rot an. »Unsinn.«
»Mir können Sie’s ja sagen.« Er zwinkerte ihr zu.
»Ich sage jetzt gar nichts mehr«, erwiderte sie und widmete sich ihren Brateiern.
Nach dem Frühstück verließen sie das Temple Butte und marschierten in die Second Street. Das Haus, das Mrs. Dexter gehörte, war mit Abstand das größte Bauwerk in der Straße. Es hatte zwei Stockwerke und war teils aus Adobeziegeln, teils aus Hartholz errichtet. Die Fenster in der Frontfassade waren mit schmucken Läden ausgestattet. Die Vordertür war äußerst massiv und besaß eine Löwenkopf-Klinke.
Lassiter klopfte an.
Es dauerte nicht lange, und eine wohlbeleibte Frau in dunklem Rock und heller Bluse öffnete. Ungnädig glitt ihr Blick zwischen Lassiter und Betsy hin und her.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie.
Der Mann von der Brigade Sieben zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. »Mein Name ist Lassiter, und ich würde sehr gern mit Mr. O’Grady reden.«
Mrs. Dexter musterte Betsy von Kopf bis Fuß. Dabei zog sie ein Gesicht, als hätte sie gerade mit Seifenlauge gegurgelt.
»Ich hoffe, er ist zu Hause«, sagte Lassiter.
Statt die Frage zu beantworten, wollte sie wissen, was Lassiter von O’Grady wollte.
»Ich habe wichtige Neuigkeiten für ihn, die ich ihm gern unter die vier Augen mitteilen würde«, sagte er charmant.
Mrs. Dexter nickte. »Und was wollen Sie?«, knurrte sie Betsy an.
»Im Grunde nichts. Ich bin Mr.
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