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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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auf Estrella, die in einer Ecke kauerte, und flüsterte: „Sie muß rein sein.“ Wieder schwang er die Axt und ließ sie niedersausen.
    Sauber spaltete die Axt Estrellas Schädel längs des Nasenrückens. Breitbeinig über ihrer Körpermitte stehend, hackte er weiter, trennte Arme und Beine an den großen Gelenken ab.
    Er hob den gliederlosen Torso hoch und legte ihn auf den Tisch. Dann begann er, sich auszuziehen.
    „Ich habe dich geliebt“, sagte er.
     
     
    Leah verließ die Schnellstraße am ersten Abgang nach dem Serenum. Ein paar ältliche Einwohner, die sich auf Bänken sonnten, blickten ihr neugierig nach. Sie rannte die gewundenen Pfade entlang, an den Häuschen vorbei. Sie umrundete das obere Ufer des Teiches und nahm dabei immer zwei Stufen des ansteigenden Treppenpfades auf einmal. Sie trat ins Haus und blieb stehen. Ihr Vater saß im Wohnzimmer. Langsam trat sie an die Couch und setzte sich neben ihn. Sie legte seinen Kopf in ihren Schoß und wiegte sich sanft.

 
Die Haifisch-Downs
     
     
     
    Die Touristen, die sich aus Cinnibar hinaus wagen, um einen Blick aufs Meer zu werfen, haben allen Respekt vor der rauhen, rötlich oxydierten Felsenküste. Gewöhnlich halten sie sich in sicherer Entfernung vor der langen Geröllböschung, unterhalb derer die Wogen donnern. In dem rhythmischen Anbranden ist eine Ahnung von Ewigkeit, das die meisten Touristen in Ehrfurcht versetzt oder sogar erschreckt; so daß nur wenige jemals den Abstieg wagen.
    Einige klettern aber doch bis zum Strand hinunter. Sie steigen aus ihren Stiefeln und schurren barfuß im warmen Sand, rennen mit den kalten glitzernden Streifen der auflaufenden Wellen um die Wette, ihr entzücktes Lachen mischt sich mit dem rauhen Gekreisch der Seevögel. Manchmal spähen sie weit in die See hinaus und erhaschen einen Blick auf die breiten, glänzenden Rücken der Sharks.
    Stundenlang, einen halben Tag lang kann man die Klippen entlanggehen, bis die Höhen verschwinden und die Nordspitze in Sicht kommt. Jenseits der Spitze lauert die allgegenwärtige Wüste.
    Mit einer kleinen Ausnahme. Hartnäckige Forscher, die unbedingt alles sehen wollen, was es an diesem Ende des Strandes zu sehen gibt, können, wenn ihnen der Sinn danach steht, das turmartige Kliff der Nordspitze umrunden. Dann entdecken sie eine einzelne flache Anhöhe mit Blick auf die See, deren Landseite vom gröberen Sand der Wüste überweht ist. Die Anhöhe ist undramatisch, sanft gerundet, mit spärlichen Büschen bleichen Grases umwachsen. Auf dem nächstgelegenen Grat dieses Hügels ist ein Gedenkstein. Neugierige knien sich hin und fegen den Sand ab, der sich gern auf dem flachen niedrigen Stein sammelt. Wer sensitive Finger hat, kann die Inschrift entziffern. Sie lautet schlicht HAIFISCH-DOWNS. Niemand weiß mehr, was das zu bedeuten hat.
    Beim ersten Anlauf biß ihm das Tier ein Bein ab. Grimdahl, dem das abgetrennte Glied gehörte, war verwirrt. Doch als er sich herumwarf, um zu sehen, was ihn da gebissen hatte, bewirkte der Verlust eines seiner Extensipoden, daß er aus dem Gleichgewicht kam und in ein taumelndes Sinken geriet, dem Meeresgrunde zu. Langsam glitt Grimdahls Körper in schräger Linie abwärts, einem Seestern gleich. Aufgewirbelter Sand verschleierte ihm die Sicht. Für den Augenblick vergaß er, wo er war, öffnete seinen Hakenschnabel und fluchte. „Verdammt, verdammt – bubbel-bubbel – verflucht bubbelburbel arfft …“ Und Meereswasser rauschte seine Kehle hinab. Salzwasser in seinem Innern würde ihn vermutlich nicht umbringen, aber der Korrosionseffekt würde sehr unangenehm sein … nie konnte sich das Tancarae-Institut dazu aufschwingen, einen ausreichenden Erhaltungs- und Reparaturetat zu bewilligen. Der Ozeanologe trudelte weiter, bis er am Fuße des Schelfs, unbequem mit dem Kopf nach unten, Halt fand. Vorsichtig prüfte er seine fünf restlichen Glieder: alle funktionsfähig. Mittels seiner Extensipoden drehte er sich um, stellte sich aufrecht und hielt sich fest – da schlug es aus dem schwebenden Nebel aufs neue zu. Es kam von links unten, und er konnte die Form gerade noch im peripheren Bildschirm wahrnehmen: eine Spindel wie aus schwarzem Onyx, so kam es ihm vor, und es bewegte sich schneller, als er jemals einen Fisch von dieser Größe hatte schwimmen sehen.
    Fisch?
    Jawohl! versicherte ein objektiver Gehirnlappen Grimdahls, während die Bestie ihm ein weiteres Bein abbiß. Die Kreatur war mindestens fünfzehn Meter lang und hatte einen

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